Ice 2

Cosima Russo

Mitten in der Nacht schicke ich meinen Antrag zur Aufsicht damit die meine Versuchsreihe genehmigen. Ich klappe den Rechner zu und stehe auf. Alles fühlt sich steif an. Ich laufe ein paar Schritte um mich zu lockern. Die Gänge sind dunkler und es ist ruhiger als am Tag. Das bedeutet aber nicht dass es wirklich ruhiger ist. Irgendwo piept immer ein Monitor und die Nachtschicht hat die Hände voll zu tun. Auch in der Nacht müssen die Geräte eingestellt und Medikamente gegeben werden, die Intensivstation schläft eben nie. Ich bleibe an der Tür zu Marieannes Zimmer stehen und sehe rein. Sie schläft. Ihre Werte lassen zu wünschen übrig.

"Was machst du denn noch hier?", kommt es hinter mir. Ich drehe mich um. Lauren.

"Meine Patientin im Auge behalten.", murmle ich.

"Du solltest lieber schlafen gehen." Ich schüttle den Kopf. Wenn ihr durch mein Fehler was passiert werde ich mir dass nie vergeben und Ash auch nicht. Ich lehne meinen Kopf gegen die Glasscheibe und sehe Lauren in die Augen.

"Deswegen darf man Angehörige nicht behandeln. Was bringt es wenn du nicht schläfst und sie morgen eher deine Hilfe braucht. Außerdem bin ich jetzt auch da. Wenn was ist lasse ich dich wecken.", erklärt sie ruhig.

"Hattest du schon mal so eine Situation?", frage ich leise. Sie nickt.

"Meine geliebte Freundin hat sich damals in der Zeit wo wir uns kennenlernten eine zerbrochene Bierflasche in den Bauch rammen lassen. Mein Gott war sie eine anstrengende Patientin. Sie ist sogar ein paar Mal abgehauen. Ich war nur am Anfang die zuständige Ärztin, Max hat sie nachher übernommen."

"Warum hat sie eine Bierflasche im Bauch bekommen?"

"Sie war etwas trinken und hat dann sich vor eine Frau gestellt die sonst von ihrem Freund erwischt worden wäre. Durch und durch Soldatin." Lauren sieht mich ernst an.

"Du solltest den Fall abgeben.", rät sie mir. Wenn dass mal so leicht wäre. Ich weiß wir haben gute Kollegen aber erstens niemand kann besser sein als ich und zweitens niemand ist da. Personalmangel ist eben überall. Ich seufze auf und stoße mich von der Wand ab.

"Melde dich wenn sie was hat, ich gehe ins Bett.", sage ich ihr und packe meine Sachen schnell ein. Ich verlasse die Station und begebe mich in die Schlafräume. Gerade ins Bett gelegt schlafe ich auch schon ein. Was wie ein Tag.

Das Piepen meines Melders weckt mich. In einer Sekunde stehe ich auf den Beinen und lese die Nachricht. Intensivstation. Ich renne los. Schlitternd bleibe ich an der Zimmertür stehen. Lauren steht am Kopf des Bettes und intubiert Marieanne. Ich atme durch und trete ins Chaos ein.

"Was ist passiert?", verlange ich zu wissen. Lauren sieht auf und macht mit ihren Händen einfach weiter.

"Blutdruckabfall, ich musste sie Intubieren. Wir müssen jetzt operieren sonst stirbt sie in den nächsten Stunden." Ich nicke nur und greife nach meinem Telefon.

"Ich lasse ein OP vorbereiten." Es musste ja soweit kommen.

"Ich habe den Chef anrufen lassen."

"Was?!"

"Er ist auf den Weg." Ich sehe sie geschockt an.

"Schluck dein Stolz runter oder willst du Ash anrufen und sagen dass ihre Mutter uns verblutet ist?!" Ich knirsche mit den Zähnen und helfe den Schwestern so gut ich kann. Bis es Richtung Saal geht.