Keine sechs mehr

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Nach dem Abendbrot führte ich die beiden zu meinem . . . nein, unserem Zimmer. Shoto war die ganze Zeit ruhig gewesen und auch jetzt sagte er kein Wort. Seine stille, zurückhaltende Art ließ ihn sehr kühl wirken. Ich ging ein paar Schritte vor ihnen, während sie ihre Koffer schleppten. Bei den Treppen fluchte Kacchan laut. Ich war sicher, dass man ihn im ganzen Gebäude gehört hatte. Die ganze Situation war sehr unangenehm, aufgrund der Stille. Wäre es nur Shoto gewesen hätte ich ein Gespräch angefangen aber mit Kacchan im Rücken....

Ich öffnete die Tür zum Zimmer und machte das Licht an, da es mittlerweile dunkel geworden war. "Ist sie nicht abgeschlossen?", fragte Shoto. Ich war verwundert. Das war vermutlich das erste Mal, dass er ohne Nachfrage etwas gesagt hatte. "Hey der Typ kann ja doch reden", blökte Kacchan. "Klar kann ich reden aber wenn ich nichts wichtiges zu sagen habe, halte ich, im Gegensatz zu anderen, einfach die Klappe." Ich hörte sie hinter mir weiter streiten und setzte mich auf mein Bett. " Das ist meins", sagte ich laut, um ihren Streit zu unterbrechen.

Dann teilten sie einander wortlos die Betten zu und fingen an ihre Klamotten in den Schrank zu räumen. Shoto stellte eine Thermosflasche auf seinen Nachttisch. "Gibt es hier einen Kühlschrank?" er sah mich fragend an. Ich schüttelte den Kopf. Ironisch eine Thermosflasche, die er kalt halten will? So langsam denke ich, dass dieser Junge auch nicht ganz normal ist. Kacchan warf sich auf sein Bett. "Willst du nicht ins Bad", fragte Shoto. "Klar aber . . . LASS MICH DOCH ERST MAL ANKOMMEN." Still öffnete ich die Tür, um den Raum zu verlassen. "Wo willst du hin?" Hätte nicht gedacht, dass Shoto Notiz von mir nimmt.

" Ich . . . ich gehe noch kurz zu Ochako", antwortete ich. "Drecks-Deku hat eine Freundin." Kacchan sah mich schelmisch grinsend an. Das war etwas, was ich definitiv richtig stellen musste. "Wir sind nicht zusammen. Nur befreundet." Ich hörte ihn noch rufen: "NENN MICH NICHT KACCHAN!"

"Du nennst ihn doch auch Deku", wandte Shoto ein. Normalerweise bin ich niemand, der anderen ans Bein pinkelt aber ich hatte das starke Bedürfnis mich Kacchan gegenüber zu behaupten. Schließlich war ich nun nicht mehr sechs sondern sechszehn. Ich verließ den Raum und hörte wieder wie Kacchan lautstark Shoto in die Schranken wies. Ich klopfte an Ochakos Tür und Tsuyu öffnete sie. "Izuku", sie lächelte mich an, "komm rein." Ich glaube ich machte kein guten Eindruck. Ochako Uraraka saß auf ihrem Bett. Ohne etwas zu sagen, gab sie mir ein Signal mich aufs Bett neben sie zu setzen. Auch Tsuyu setzte sich neben mir auf das Bett. "Geht es um Katsuki ", fragte Tsuyu in einem warmen Tonfall. Ich nickte und spürte Ochakos Blick auf mir. Sie kannten mich einfach zu gut. Sofort hatten sie erkannt, wieso ich mich unwohl gefühlt hatte.

Kurz ratterte ich meine ganze Kindheit mit Katsuki herunter. Im nachhinein wusste ich, dass mich das Mobbing langfristig beeinflusst hatte. "Verstehe", Die beiden sahen mich mitfühlend an, "deshalb hast du kein Wort mit ihm gewechselt. Ich kann verstehen, dass man nicht gerne mit so jemandem ein Zimmer teilt." Sie warf Tsuyu einen Blick zu. Diese dachte kurz nach und meinte dann: "Ihr Seit keine sechs mehr. DU bist keine Sechs mehr. Ihr könnt das klären und wieder Freunde sein." Theoretisch hatte sie Recht aber praktisch wollte ich einfach nicht mit ihm reden. Die beiden Mädchen waren wirklich stehts gute Freundinnen gewesen und auch nun hatten sie mit ihrem Rad recht. Nun machte ich mich auf den Weg zurück ins Zimmer und putzte Zähne.


Nachdem ich im Bad gewesen war, wollte ich mich umziehen. Die anderen beiden saßen bereits in ihren Betten und nahmen mich nur beiläufig war. Ich wollte gerade mein Shirt ausziehen, als ich zögerte. Ich hatte normalerweise kein Problem damit aber in diesem Fall hatte ich wirklich Angst, dass mein ehemaliger Kindheitsfreund etwas sagen würde. Ich wusste nicht, wie er so drauf war, ob das seinem üblichen Niveau entsprach, andere wegen ihres Aussehens herunter zu machen. Es stimmt, ich war nicht so breit gebaut wie er, auch nicht so muskulös oder so groß. Aber würde er deswegen direkt einen dummen Spruch drücken? Immerhin war ich nicht übergewichtig sondern eigentlich ziemlich sportlich. "Was ist?" Shoto hatte wieder seine fragende Miene aufgesetzt. "Äh nichts." Ich zog mich dann doch schnell um, um der Situation nichts seltsames zu verleihen. Tsuyu hatte Recht, ich war nicht mehr sechs, aber dennoch hatte ich, vor Kacchans Sprüchen, Angst. Ich legte mich in mein Bett und kurz wünschte ich mir, dass das alles nur ein Traum war.

Twilight  (Todobakudeku)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt