Kapitel 5

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Moritz


Als ich an diesem Abend nach Hause kam, waren meine Eltern, wie meistens nicht da. Meine Schwester fand ich in ihrem Zimmer und setzte mich zu ihr aufs Bett. Sie weinte und löffelte Eis aus einer Verpackung.

>>Schmeckts?<<, fragte ich sie im Scherz.

Ich wusste ja, dass es ihr gerade nicht gut ging. Sie hat am Telefon nur erzählt, dass sie sich mit ihrem Freund gestritten hat, aber sie hat nichts Genaueres erzählt.

>>Oh ja. Willst du auch?<<, antwortete sie.

>>Nein danke, ich hab schon gegessen<<, erwiderte ich.

>>Selbst Schuld<<, sagte sie.

Dann fragte ich: >>Also, erzähl mal. Was ist los?<<

Sie antwortete: >>Louis hat gesagt, dass er mich angeblich mit einem anderen geseehen hat, aber das stimmt ja gar nicht. Du weißt ja, wie viel er mir bedeutet. Und naja, er weiß ja nichts von früher, du weißt schon, was ich meine. Und er denkt halt, dass ich nicht mit ihm schlafen will, weil ich einen anderen hab.<<

Ich sah sie an und sagte: >>Ich hab dir immer gesagt, dass es besser wäre ihm alles zu sagen. Wenn du es ihm erzählst, wird er dich sicher verstehen.<<

>>Aber ich kann nicht. Ich hab solche Angst es ihm zu erzählen. Was wird er dann von mir denken? Oder wird er sich von mir trennen? Ich kann einfach nicht<<, sagte sie voller Panik.

Ich erwiderte: >>Aber du musst, wenn du ihn wirklich liebst, und ich weiß, dass du das tust. Wenn du willst, dann gehe ich mir dir.<<

Das war alles was ich ihr anbieten konnte. Es war schließlich ihre Beziehung, aber ich wollte, dass es ihr gut ging.

Sie dachte einen Augenblick über meinen Vorschlag nach, dann sagte sie: >>Also, um ehrlich zu sein, wäre ich ziemlich froh, wenn du mich begleiten könntest.<<

>>Dann mach ich das natürlich. Wir können gleich los, wenn du willst<<, sagte ich.

Besser jetzt, als erst morgen, war meine Einstellung in dieser Hinsicht. Ich war ja ohnehin der Meinung, dass sie ihm gleich die Wahrheit hätte sagen sollen. Aber es war ihre Entscheidung gewesen, ihm erstmal nichts zu sagen. Ich verstand sie ja, sie hatte Angst und schämte sich auch, aber sie liebte ihn nun mal und er konnte sie nicht verstehen, wenn er diesen Teil von ihr nicht kannte.

Maxi schrieb ihm eine Nachricht, dass sie mit ihm reden musste und sie vereinbarten, dass er herkam. Wenige Minuten später war er auch schon da. Ich öffnete ihm die Tür und bat ihn ins Wohnzimmer. Dort wartete meine Schwester schon auf ihn und schaute ihn liebevoll an.

Sie fing an zu reden und sagte: >>Louis, ich liebe dich über alles und es gibt da etwas, das du wissen solltest. Ich hatte bisland einfach nicht den Mut es dir zu sagen, aber vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich es dir gleich gesagt hätte. Also ...<<

Sie stockte und schaute mich hilfesuchend an.

Dann schaute sie wieder zu ihm und sagte: >>Vor einer ganzen Weile, wurden meine Beste Freundin und ich entführt, als wir auf dem nach Hause Weg waren. Es waren vier Jungs. Sie haben uns mehrere Tage, in einer schäbbigen Waldhütte gefangen gehalten. Aber nicht nur das, sie haben unsere Familien erpresst und uns mehrfach ... mehrfach vergewaltigt. Sie haben es gefilmt und an unsere Familien geschickt, damit sie ein Lösegeld für uns bezahlen. Seitdem ist es etwas schwierig für mich, jemandem zu vertrauen. Aber ich liebe dich so sehr und will dich unter keinen Umständen verlieren. Ich weiß, dass ich es dir schon früher hätte sagen sollen, aber ich hatte nicht den Mut und hab mich auch ziemlich dafür geschämt.<<

Louis schaute sie fassungslos und mitfühlend an. Er schaute geschockt zu mir, doch ich konnte nur kurz nicken, ich brachte kein Wort heraus. Er war anscheinend nicht in der Lage etwas zu sagen, also stand er einfach auf und setzte sich dicht neben meine Schwester.

Er schaute ihr eine Weile in die Augen und sagte dann: >>Es tut mir so leid. Hätte ich das gewusst, hätte ich dir doch niemals solche Vorwürfe gemacht.<<

Er umarmte sie und ich spürte, dass er sie wirklich liebte. Wenn er es nicht getan hätte, dann hätte ich ihn vor die Tür gesetzt. Aber er liebte sie wirklich und das war das Wichtigste.

Ich sah nun, dass Maxi die Tränen über die Wangen liefen. Sie hatte die ganze Zeit gekämpft und nun ließ sie ihnen freien Lauf.

Ich konnte gerade so noch hören, wie er ihr zuflüsterte: >>Ich liebe dich so sehr.<<

So wie es aussah, war die Sache wieder im Lot und ich ließ die beiden allein. Wenigstens musste ich mir hier keine Sorgen mehr machen. Wo ich mir allerdings nach wie vor Sorgen machte, war dieser John. Was sollte ich machen, wenn er Mel wieder auflauerte. Ich konnte nicht die ganze Zeit in ihrer Nähe sein. Dieser Umstand gefiel mir zwar überhaupt nicht, aber ich glaube nicht, dass sie sich bereiterklären würde, bei mir zu wohnen. Ihr Leben war nicht hier und so wie ich sie kannte, würde sie sagen, dass wir uns noch nciht gut genug kannten. Ich verstand sie ja, aber ich hatte einfach Angst um sie. Als ich in meinem Zimmer auf dem Bett saß, überlegte ich sie noch einmal anzurufen, aber es war schon ziemlich später und ich wollte sie nicht wecken. Ich wusste ja, dass sie morgen wieder viel zu tun hatte. Ich wusste dass sie arbeiten musste und dann noch der Hof. Irgendwann beschloss ich dann doch zu schlafen und legte mich hin. In meinen Träumen sah ich ihre wunderschönen braunen Augen und die seidigen blonden Haare.


Wie schön du bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt