Kapitel 36

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Am darauffolgenden Tag wachte ich früh morgens auf. Der Arzt teilte mir mit, dass ich nach Hause gehen könne und so holten mich meine Eltern gegen Mittag ab und wir fuhren Heim. Aber ich wusste nicht, worüber ich mit ihnen reden sollte. Sie wollten natürlich wissen, warum ich ihnen nichts von der Schwangerschaft erzählt hatte, aber darüber wollte ich beim besten Willen nicht sprechen. Also ging ich hinunter ins Dorf. Ich ging zu meiner Chefin in den Salon und hatte Glück. Sie hatte gerade etwas Zeit und so konnte ich in Ruhe mit ihr reden.

Und so saßen wir schließlich in ihrem Büro und ich sagte: >>Also, es geht um Folgendes. Es fällt mir nicht leicht, aber ich ... ich kündige.<<

>>Was? Aber warum denn?<<, fragte sie schockiert.

Ich antwortete: >>Ich bin gern hier im Salon, aber ich brauche einen Neuanfang. Es ist so viel passiert und ich kann einfach nicht mehr.<<

>>Das kann ich natürlich verstehen und ich kann dich natürlich nicht zwingen hier zu bleiben. Es ist natürlich sehr schade, aber, wenn du jemals zurückkommen willst, dann kannst du das gerne jederzeit machen. Wie lange bist du denn noch hier?<<, erkundigte sie sich.

Ich antwortete: >>Vorraussichtlich noch zwei Wochen.<<

>>Okay, du bist eh noch ein paar Tage krankgeschrieben und die restliche Zeit gebe ich dir noch Urlaub, den Rest bezahle ich dir aus, wenn das für dich auch okay ist<<, schlug sie vor.

>>Ja, das hört sich gut an<<, stimmte ich zu.

Dann fragte sie: >>Und wohin verschlägt es dich?<<

>>Nach Frankfurt. Maxi und ich haben da zusammen ne Wohnung angemietet<<, erzählte ich.

>>Wow, das ist ja wirklich mal was ganz anderes. Ich hätte dich nie für jemanden gehalten, der in eine Stadt zieht<<, sagte sie.

>>Bin ich eigentlich auch nicht. Aber vielleicht tut es mir mal ganz gut<<, erwiderte ich.

>>Ja, vielleicht. Aber vielleicht macht es dich auch kaputt<<, sagte sie.

Ich sagte nichts darauf.

Dann fragte sie: >>Soll ich dir ein Empfelungsschreiben machen?<<

>>Das wäre toll<<, antwortete ich.

Sie lächelte. Wir verabschiedeten uns und ich ging wieder nach Hause. Dort angekommen, aßen wir alle gemeinsam zu Abend. Anschließend ging ich in mein Zimmer und schaute gedankenverloren aus dem Fenster. Ich schloss die Augen und vor meinem inneren Auge spielte sich eine meiner liebsten Erinnerungen ab. Moritz stand dicht hinter mir und hatte seine Arme um mich gelegt. Er küsste meinen Nacken und flüsterte mir ins Ohr, wie sehr er mich liebte. Ich drehte den Kopf zu ihm um und küsste ihn leidenschaftlich.

Ein leises Klopfen brachte mich wieder in die Realität zurück.

>>Herein<<, sagte ich.

Es waren meine Eltern.

>>Können wir kurz mit dir reden?<<, fragte meine Mutter.

>>Klar<<, antwortete ich, setzte mich aufs Bett und klopfte auf den freien Platz neben mir.

Sie setzten sich.

Dann fragte sie: >>Wir wissen, dass du nicht darüber sprechen willst, aber ... warum hast du uns nichts gesagt? Wir hätten doch eine Lösung gefunden. Wir hätten dir doch helfen können.<<

>>Ach Mama, es war ja nicht böse gemeint, aber ich konnte es euch einfach nicht sagen. Ich musste das mit mir allein ausmachen<<, versuchte ich zu erklären.

Die beiden schauten mich mit niedergeschlagenen Mienen an. Es brach mit das Herz, aber ich wollte sie nicht anlügen.

Ich wollte es hinter mich bringen und sagte: >>Ich werde ausziehen. Ich gehe mit Maxi nach Frankfurt. Sie hat heute Vormittag den Mietvertrag unterschrieben.<<

>>Was? Frankfurt? Wann?<<, fragten sie schockiert.

>>Ja, Frankfurt. In zwei Wochen können wir einziehen<<, erklärte ich.

>>In zwei Wochen schon?<<, fragte Mama und Papa fragte: >>Hast du dir das auch gut überlegt?<<

>>Ja, in zwei Wochen und ja, ich habe mir das gut überlegt. Ich brauche einen Neuanfang<<, sagte ich.

Papa sagte: >>Du musst tun, was du für richtig hältst, du bist schließlich alt genug und du kannst natürlich jederzeit zurückkommen, aber ich denke, dass du eher vor der Vergangenheit davonläufst.<<

>>Ja, vielleicht, aber mir fehlt im Moment die Kraft um Stark zu sein<<, erklärte ich.

>>Das wissen wir, Liebes. Wir können dich nicht aufhalten, aber du sollst wissen, dass wir immer für dich da sind<<, sagte Mama.

>>Danke<<, sagte ich und umarmte die beiden.

Wir unterhielten uns noch ein bisschen.

Bevor sie gingen sagte ich noch: >>Und bitte sagt Moritz nichts davon.<<

>>Was genau?<<, fragte Mama.

Ich wusste, dass sie und Manuel weiterhin mit ihm in Kontakt waren. Moritz und Manuel waren schließlich die besten Kumpels und Moritz fragte natürlich bei meinen Eltern nach, wie es mir ging, da ich ihm ja nicht mehr ranging.

Ich antwortete: >>Naja, von allem. Von der Schwangerschaft, von der Fehlgeburt, von meinem Auszug, dass ich eigentlich viel lieber bei ihm in New York wäre und, dass ich ihn immer noch liebe.<<

Meine Mutter schaute mich mit einem liebevollen Blick an.

Dann fragte sie mich: >>Aber warum gehts du nicht einfach zu ihm? Werde doch glücklich mit ihm.<<

Ich erwiderte: >>Nein, das geht nicht. Wenn ich ihm die Wahrheit über die letzten Wochen erzähle ... das wird er mir nie verzeihen können, ich könnte ihm nicht mehr unter die Augen treten.<<

>>Ganz wie du meinst<<, sagte sie resigniert.

Dann sagten die beiden: >>Wir versprechen dir, dass wir nichts zu ihm sagen, aber irgendwann musst du mit ihm reden, du kannst das alles nicht bis mit ins Grab nehmen.<<

Ich sagte nichts, sondern schaute sie nur dankbar an. Sie verließen mein Zimmer und ich legte mich aufs Bett. Ich starrte an die Decke, während mir tausend Gedanken durch den Kopf schossen. Ich war froh, als mich der Schlaf übermannte, aber ich schlief unruhig und Albträume suchten mich heim. Aber das kannte ich ja von der Zeit vor Moritz, damals war ich auch jede Nacht schreiend aufgewacht.


Wie schön du bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt