Kapitel 20

113 17 1
                                    

An die Jagd verschwendete keiner von beiden auch nur einen Gedanken, zumindest vorerst noch nicht.
„Er ist verheiratet." begann Jace.
„Ich weiß das." Magnus vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen.
„Du bist auf dem besten Weg sein Leben zu zerstören."
Magnus seufzte leise und schloss kurz die Augen.
„Ich mag ihn."
„Dann lass deine Finger von ihm. Du hast einer Menge Leute das Herz gebrochen..."
„Und du nicht?" hielt Magnus entgegen.
„Verdammt!"
Jace blieb stehen und sah den Asiaten zornig an.
„Das ist nicht der Punkt. Du wirst ihm wehtun, Magnus, weil er dabei ist, sich in dich zu verlieben und du in vier Wochen wieder aus seinem Leben verschwindest... verschwinden musst."
Wieder seufzte Magnus.
„Verflucht, ich weiß das. Ich hätte das nie tun dürfen. Ich hatte es auch nicht vor, weißt du. Ich hatte vor ihm eine Lektion zu erteilen. Ich war wütend, weil ich ihn wollte... wütend auf mich selbst. Ich habe gedacht, wenn ich ihm die Wut zeige, schreckt es ihn ab..."
„Hat es nicht..." schlussfolgerte Jace
„Nein."
Magnus schüttelte den Kopf.
„Ich habe ihn geküsst und dann..."
Er schloss die Augen.
„Ich habe nicht damit gerechnet, dass er so auf mich reagiert. Ich habe die Kontrolle verloren, weil... Verdammt, ich weiß nicht warum. Er ist so unschuldig."
„Er ist verheiratet."
„Seine Frau ist eine Idiotin... eine Riesenidiotin."
Jace blieb erneut stehen und sah ihn ernst an.
„Er ist nicht wie wir. Er ist kein Mann, der sich im Urlaub mal mit jemand anderem vergnügt. Er bekommt ja kaum ein Wort heraus, wenn er mit jemanden reden soll."
„Er ist schon sehr viel mutiger geworden..."
Magnus starrte nachdenklich in die Luft.
„Und er wäre noch viel selbstbewusster, wenn er nicht an eine Frau geraten wäre, die diese Scheu und Unselbstständigkeit noch fördert."
„Du hast nicht das Recht darüber zu urteilen." entgegnete Jace leise.
„Ich weiß."
Ein missglücktes und irgendwie traurig wirkendes Lächeln huschte über Magnus' Gesicht.
„Aber ich kann ihm helfen etwas Selbstvertrauen zu finden."


„Wir sind wirklich enttäuscht von dir, Alec."
Er starrte mit großen Augen seine Eltern an, neben denen eine sehr verletzt dreinschauende Camille stand.
„Wie konntest du das Camille antun? Wie konntest du das uns antun?"
„Es war Izzy..." versuchte er sich zu verteidigen. „Sie hat..."
„Hör auf!" fuhr sein Vater ihn an. „Deine Schwester hat dich vergiftet... dich zu solchen Eskapaden verleitet."
„Das stimmt nicht." Tränen standen in seinen Augen.
„Sei still, du hast uns alle enttäuscht... Uns... Camille... Was soll sie denn von uns denken? Dass wir dich nicht ordentlich erzogen haben?"
„Ich wollte nicht..."
„Das hast du mit Absicht gemacht. Es gefällt dir wohl, wenn wir uns Sorgen machen, oder? Und Camille allein zu lassen. Wie konntest du nur, Alec?"

Mit einem erstickten Aufschrei fuhr Alec hoch und strich sich zitternd über die schweißnasse Stirn. Etwas orientierungslos schaute er sich um und schluckte, als er feststellte, dass er in seiner Hütte lag und es stockfinster war. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es erst halb drei war. Aber sein Herz raste so sehr, dass er bezweifelte wieder einschlafen zu können.
Es war ein Traum, redete er sich ein, doch er gab sich keiner Illusion hin. Dieser Traum war gar nicht so unreal...
„Alexander?" fragte eine leise Stimme vom Eingang her. „Alles in Ordnung?"
„Ja..." flüsterte Alec, obwohl er noch zitterte. „Ich... hab geräumt."
Vorsichtig wurde die Plane beiseite geschoben, die den Eingang verdeckte und Magnus' Kopf schaute herein.
„Du hast geschrien."
Alec saß auf seiner Luftmatratze und starrte ihn aus geweiteten Augen an, während seine Hände die dünne Decke umklammerten. Er sah eindeutig nicht in Ordnung aus. Magnus runzelte die Stirn.
„Willst du darüber reden?"
"JA!" , Schrie der Gedanke in seinem Kopf, dennoch schüttelte er kaum merklich den Kopf.
„N-nein..." stotterte er. „ Es... es war nichts. Ich habe... von daheim geträumt..."
Das Stirnrunzeln vertiefte sich, aber das konnte Alec nicht sehen. Alles was er erkennen konnte, war die dunkle Silhouette im Eingang vor der vom Mondlicht erhellten Nacht.
„Das kann aber kein erfreulicher Traum gewesen sein."
„Nein." wisperte Alec kaum hörbar, aber Magnus hörte ihn trotzdem. Er zuckte zusammen, als der Asiat plötzlich in die Hütte kroch und sich neben ihm auf dem provisorischen Bett ausstreckte.
„Magnus? Was tust du?"
„Was hast du geträumt?" erkundigte Magnus sich freundlich.
Alec seufzte, legte sich ebenfalls wieder hin und drehte sich zu ihm. Magnus lag auf dem Rücken, die Hände unter dem Kopf verschränkt und starrte zur Decke. Alec konnte gerade so die Umrisse erkennen... und die Augen. Und trotzdem fühle er sich sofort geborgen.
„Ich habe davon geträumt, wie sie mir Vorwürfe machen. Dass sie mir die Schuld geben, dafür, dass ich hier bin... Dass ich so egoistisch war, Camille allein zu lassen..."
„Wer ist sie?" erkundigte Magnus sich nur.
„Meine Eltern..."
„Denkst du, so eine Reaktion wäre... realistisch?"
„Hm."machte Alec nachdenklich und legte seinen Kopf auf seinen angewinkelten Arm.
„Ich weiß nicht. Ich war noch nie in so einer Situation. Schließlich bin ich acht Wochen verschwunden und Camille ist allein in dem großen Haus, geschweige die ganzen Termine und Veranstaltungen, zu denen sie alleine gehen muss..."
Seine Stimme verklang, als ihm bewusst wurde, welche Folgen seine Abwesenheit nach sich ziehen könnte.

Mit ein bisschen HilfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt