Ein paar Tage nachdem die Temperaturen sich wieder normalisiert hatten, fanden Jace und Simon die alkoholischen Vorräte im Lagerhaus. Mit einem missmutigen Seufzen hatte Luke das kommentiert, da er eskalierende Ausschweifungen befürchtete. Die beiden jungen Männer interessierte das jedoch herzlich wenig und so steckten sie mit ihrer Begeisterung auch die Mädels und Magnus an. Gemeinsam beschlossen sie dass es Zeit für eine kleine Party wäre.
Noch immer nicht wirklich glücklich mit der Entwicklung machte Luke sich daran Holz für ein späteres Lagerfeuer vorzubereiten, während seine Frau die Planung für das Abendessen über den Haufen warf und änderte. Unterdessen hatten die anderen beschlossen sich „Party tauglich" zu machen.
Einen Moment stand Alec verwirrt auf der Lichtung und sah den anderen hinterher. Party tauglich... Das einzige was er damit in Verbindung brachte, war ein perfekt sitzender Anzug mit passender Krawatte und Anstecktuch, gegeltes Haar, Lackschuhe... Doch er bezweifelte stark, dass diese Aufmachung gemeint war. Immerhin war dies hier keine der gesellschaftlichen Veranstaltungen auf die sein Vater oder seine Frau ihn mitschleiften. Außerdem war er sich ziemlich sicher, dass er ein solches Ensemble nicht in seinem Gepäck finden würde.
Doch was dann? Was würde Izzy wohl für eine solche Begebenheit empfehlen?
„Zieh einfach an worin du dich wohl fühlst." flüsterte ihm eine weibliche Stimme zu, nicht seine Schwester aber Jocelyn. Erstaunt schaute Alec auf. Worin er sich wohl fühlte? In den vergangenen Tagen hatte er dem Komfort dünner und leichter Kleidung schätzen gelernt. Aber auf einer Festlichkeit, egal wie locker sie sein würde, wollte er nicht in einer kurzen Hose und Shirt auftauchen. Er erinnerte sich eine dünne, aber elegant wirkende Stoffhose in seinem Gepäck gesehen zu haben und ein passendes Oberteil würde sich bestimmt auch finden lassen. Dankbar schenkte er der älteren Frau ein schüchternes Lächeln und verschwand in seiner Hütte, um sich umzuziehen.
Als Magnus endlich seine Hütte verließ, liefen die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren. Kurz blieb er am Rand der Lichtung stehen und betrachtete die kleine Gruppe. Simon, herausgeputzt mit einer knielangen Jeans und einem Star Wars T-Shirt - natürlich, hantierte mit einer kleinen Lautsprecheranlage und versuchte eine annehmbare musikalische Untermalung herzustellen, während er sich angeregt mit Maia unterhielt - vermutlich über irgendwelche Filme. Jace hingegen stand bekleidet mit einer kurzen Cargohose und einem kurzärmligen, offenen Hemd bei Luke am Feuer - er konnte ja so ein Angeber sein. Die anderen Mädels hatten sich unterdessen kichernd und schnatternd am Tisch eingefunden und halfen beim zurechtschneiden der Häppchen für die Fingerfood-Snackbar.
Doch jemand fehlte. Mit leicht zusammen gezogenen Augenbrauen sah er sich um. Alec... ihn konnte er nirgends sehen. War er noch dabei sich fertig zu machen?
Wohl eher nicht. Bis auf seine pomadisierten Haare - auf die er glücklicherweise in letzter Zeit verzichtete - wirkte er eigentlich nicht als würde er sich irgendwelche besonderen Gedanken um sein Aussehen machen. Nicht das er schlecht aussah, ganz im Gegenteil. Aber selbst wenn er für den heutigen Abend in alte Muster zurück fallen sollte, würde er wohl kaum länger brauchen als Magnus selbst. Dieser hatte zwar nicht sein volles Repertoire ausgeschöpft, aber wenn es schon eine Party gab, dann wollte er es richtig machen. In Anbetracht eines fehlenden Badezimmers hatte er seine Haare einfach nur wild mit den Händen nach oben gegelt und nur die vordersten Strähnen mit etwas dunkelroten Farbglitzer versehen. Ein leichtes, beinahe dezent wirkendes Make-Up zierte seine Augen und betonte seine asiatische Herkunft. Doch die wirkliche Herausforderung war die Wahl der Kleidung gewesen. Er hatte zwar auch eines seiner Partyoutfits im Gepäck, aber dafür war es eindeutig noch immer zu warm. Aber er wollte auch nicht in normaler Kleidung auftauchen. Schließlich hatte er sich für ein dünnes Leinenhemd in Bordeaux entschieden, dass er nur über dem Bauch zugeknöpft hatte. Seine Brust zierte unterdessen eine kleine Sammlung aus Ketten und Anhängern. Ergänzt wurde sein Erscheinungsbild von einer blauen Stoffhose.
Aber wo war der große Dunkelhaarige nun?
Hatte er sich davon geschlichen? Oder sich in seine Hütte verkrochen? Magnus konnte sich durchaus vorstellen, dass er sich nicht unbedingt wohl fühlen würde bei dem Gedanken an eine Party unter Leuten, die erst ein paar Tage kannte.
Noch ehe er seine Gedanken weiter ausführen konnte, erstarrte er und hielt einen Moment die Luft an. Beladen mit einer schwer aussehenden Kiste trat der Gesuchte aus der Vorratsbaracke. Schwarze Stoffhose, ein elegantes, hellblaues Hemd, von dem die Ärmel hochgekrempelt und die obersten Knöpfe geöffnet waren, die Haare verwuschelt und frei von Pomade. Der dünne Stoff der Oberbekleidung konnte kaum die angespannten Muskeln der Oberarme und der Brust verbergen.
Er starrte... Er wusste dass er starrte, aber er konnte seinen Blick nicht abwenden. Und Atmen? Sauerstoff wurde definitiv überbewertet...
Glücklicherweise rettete ihn Simon vor dem Erstickungstod, als dieser auf ihn zugeeilt kam.
„Mags, wir brauchen deinen MP3-Player."
Abwesend nickte der Angesprochene, ehe er leicht den Kopf schüttelte und sich von dem Anblick losriss.
„Klar, liegt in meiner Hütte. Kann ich noch irgendwas helfen?"
„Alec hat eine Kiste mit Kerzen und Deko-Artikeln ausgegraben. Wir dachten, da du das Händchen dafür hast, überlassen wir das dir. Aber denk dran, dass wir das auch wieder aufräumen müssen."
„Jaja, schon klar."
Damit klopfte der Asiat seinem Freund auf die Schulter und machte sich auf den Weg - schnell Ablenken, eher er sich wieder in seinen Gedanken verlor.
Wenig später saßen sie unter dem Sonnensegel, das mit Lampen und einer bunten Lichterkette ausgeleuchtet war. Sie hatten sogar eine kleine Discokugel gefunden, die im Zentrum der Lichter aufgehängt worden war. Im Hintergrund spielte leise Musik und Bier und Wein trugen zu der heiteren Stimmung bei.
Alec allerdings blickte etwas skeptisch auf sein Glas. Er trank selten, eigentlich nur wenn er sich eine seiner kleinen „Auszeiten" gönnte. Abgesehen davon, dass ihm Alkohol nicht wirklich schmeckte, hatte Camille ihm nach der Hochzeit zu verstehen gegeben, dass sie den Genuss nicht sonderlich schätzte. Aus diesem Grund beschränkte sich der Vorrat in ihrem Haus auf eine halbvolle Flasche Whiskey, die seit der Eheschließung in seinem Arbeitszimmer stand.
So nippte er nun auch nur an der blutroten Flüssigkeit und verfolgte mit großen Augen, wie die anderen immer heiterer wurden. Aline und Helen, die in Gegenwart der anderen normalerweise eine gewisse Distanz zueinander warten, lagen sich beinahe schon in den Armen und tauschten kleine Zärtlichkeiten aus. Unterdessen versuchten Simon, Maia, Jace und Clary sich gegenseitig mit den ulkigsten Tanzmoves zu übertrumpfen. Ein leises Kichern aus der Richtung der Baracke zeigte an, dass sich dort wohl der Rest der Gruppe aufhalten musste.
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Mit ein bisschen Hilfe
FanficSein ganzes Leben lang hat er getan, was man von ihm erwartet hat. Job, Karriere, Ehe - immer der gehorsame Sohn und der treusorgende Ehemann. Doch als seine Schwester ihn auf eine unverhoffte Urlaubsreise schickt, stellt das sein gesamtes Leben auf...