Kapitel 21

131 16 1
                                    

Ein paar Tage waren seit dem Vorfall auf dem Plateau vergangen und Alec konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal so zufrieden gefühlt hatte.
Magnus hielt sein Versprechen. Er rührte ihn nicht an... oder besser gesagt, fast nicht.
Sie verbrachten eine Menge Zeit miteinander und redeten über alles Mögliche, über alltägliche Dinge und über ihr Leben. Allerdings fragte Magnus nie nach Camille und Alec erzählte von sich aus nichts.
Sie schwatzten, sie lachten, manchmal nur zu zweit und manchmal inmitten all der anderen. Plötzlich machte es Alec kaum noch etwas aus frei zu sprechen, zu fragen, was er wissen wollte oder einfach nur etwas zu erzählen. Manchmal sah er dieses Lächeln in Magnus' Gesicht, wenn sich ihre Blicke zufällig begegneten und er lächelte zurück, weil er wusste, dass der Asiat sich für ihn freute.
Und dann passierte es wieder, dass sie abends allein am See saßen, auf der anderen Seite, wo sie niemand störte, Magnus seinen Arm um Alec's Schultern legte und sie einfach den ruhigen Ausklang des Tages genossen.
Mehr tat er nie, aber Alec gefiel diese Art der Vertrautheit, die zwischen ihnen gewachsen war. Er konnte sich in Magnus' Nähe entspannen. Ja, er erwischte sich selbst dabei, dass er ihn beobachtete, dass er sich neben ihn setzte, sich freute, wenn er ihn in dieser ganz bestimmten Art angrinste... Und es gefiel ihm, sich an Magnus lehnen zu können, wenn dieser ihn in den Arm nahm.
Natürlich fiel es auf. Alec wusste auch, dass es kein natürliches Verhalten gegenüber einem anderen Mann war. Aber es gefiel ihm in seiner Nähe und es war niemand da, der ihm einen Vorwurf daraus machte. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber in Magnus' Gegenwart fühlte er sich frei. Dieser Gedanke machte ihm mehr Angst, als er zugeben wollte , weil er wusste, dass er in vier Wochen wieder heimkehren würde und keine Ahnung hatte, wie er mit der neu erwachten Selbstständigkeit umgehen sollte.
Magnus hatte traurig gelächelt, als Alec ihm von den Bedenken erzählte. Er sagte nicht, was ihm auf der Zunge lag:
Tritt deiner Frau und deinem Vater in den Hintern, wenn sie dich einschüchtern wollen.
Stattdessen zog er ihn in seine Arme und küsste ihn sanft auf die verwuschelten Haare.
„Sei du selbst, Darling. Lass dir von niemandem einreden, er könne Entscheidungen für dich treffen, die du selbst treffen kannst."


In der Nacht darauf träumte Alec...
Er träumte davon, dass Magnus ihn nicht nur in den Armen hielt... sondern davon, wie sich die vollen Lippen angefühlt hatten und die grazilen Hände auf seiner Haut. Er träumte von der Wärme des anderen Körpers und dem Gefühl, das Magnus ihm geschenkt hatte.
Ein leichter Schweißfilm bedeckte seinen Körper, als er erwachte. Mit einem gequälten Seufzen schloss er die Augen wieder, weil eine bisher unbekannte Sehnsucht in ihm aufstieg. Er wagte nicht einmal seine Hütte zu verlassen, um einen seiner Gedanken klärenden Spaziergänge zu machen – viel zu deutlich waren die Anzeichen. Er ahnte, dass es eine Weile dauern würde, bis er wieder einschlafen könnte.
Lange starrte er mit offenen Augen in die Dunkelheit und versuchte den Druck zwischen seinen Beinen zu ignorieren. Stattdessen fragte er sich, ob er jemals auf diese Weise von Camille geträumt hatte. Hatte er jemals so von jemandem geträumt?
Tränen traten in seine Augen, als er sich selbst die Antwort gab: Nein.
Obwohl... Katzenaugen erschienen vor seinem geistigen Auge, ein roter Frack, schenkelhohe Overknees, ein Degen und ein breitkrempiger Hut mit Feder. Damals hatte er ansatzweise so gefühlt wie jetzt, das einzige Mal in seinem Leben – was die Situation nicht wirklich besser machte.
Ansonsten war sein gesamtes Leben erst auf seine Eltern ausgerichtet gewesen und dann auf seine Frau.
Nicht, dass er sich wirklich unglücklich gefühlt hätte, er kannte es eben nicht anders. Niemand hatte großartige Entscheidungen von ihm erwartet, Initiative oder eigenständige Entschlossenheit. Jetzt fragte er sich, ob er sich selbst etwas vorgemacht hatte. Er war nicht dumm. Warum also hatte er zugelassen, dass andere Menschen über sein Leben bestimmten? War er nicht mehr wert?
Aber trotzdem war das nicht der Hauptgrund für seine Grübelei. Viel schlimmer war es, die Erinnerung an das zu verarbeiten, was er in Magnus' Armen gefühlt hatte. Diese Ekstase, diese Leidenschaft und dieses wunderschöne Gefühl würde er nie wieder vergessen. Ihm graute jetzt schon vor dem Tag, an dem er Camille gegenüber treten musste und an dem sie vielleicht etwas von seinen ehelichen Pflichten faseln würde.
Die Frage, ob er sein Leben wie bisher weiterführen könnte, konnte er sich nicht beantworten. Nicht jetzt...
Aber er hoffte, dass er die Antwort in den nächsten Wochen noch finden würde.

Für Magnus dagegen war es fast noch schlimmer...
Alec immer in seiner Nähe zu haben und ihn nicht berühren zu dürfen, war mehr als er ertragen konnte.
Wenn er sich dann so vertrauensvoll an ihn lehnte, er den Duft der wuscheligen Haare einzog und genau wusste, dass er seine verfluchten Hände bei sich behalten musste, hätte er am liebsten frustriert gestöhnt.
Alec ahnte sicherlich nicht einmal, was er ihm antat, denn dieser suchte die Nähe und die Gespräche mit ihm. Alec vertraute ihm und er hatte nichts Besseres zu tun, als halbe Nächte in heißen Fantasien von ihm zu schwelgen.
Er verfluchte Jace, wegen dem er hier festsaß. Aber wenn er in Alec's leuchtende Augen schaute, sein glückliches Lachen hörte oder beobachtete, mit welcher Selbstverständlichkeit er sich jetzt mit jedem unterhielt, sagte er sich, dass es all die Qual wert war.

Jetzt fiel Alec neben ihm durch den schattigen Wald, warf ihm ab und zu einen seltsamen Blick zu, wenn er nur einsilbig antwortete oder sich ein Grinsen abquälte.
Wir hätten im Camp bleiben sollen, ging es ihm durch den Kopf. Oder ich hätte Jace mitnehmen sollen, Zur Sicherheit...
Allein mit Alec durch den Wald zu schlendern erinnerte viel zu sehr an eine der Fantasien, denen er sich nachts in seiner Hütte hingab. Es würde sicherlich wieder eine herrliche Röte in Alec's Gesicht zaubern, wenn er ihm davon erzählen würde oder wenn er erwähnte, was er dabei noch so anstellte...
Ein Grinsen musste sich in sein Gesicht geschlichen haben, denn der Jüngere lächelte ihn schüchtern an.
„Woran denkst du?"
Das Grinsen wurde breiter.
„Das willst du nicht wissen, Darling." murmelte Magnus mit einem zweideutigen Blick in seine Richtung. Allein dieser Satz reichte und Alec's Wangen sich röten zu lassen.
Doch dann versetzte dieser ihm einen Schock, indem er seine Hand in die von Magnus schob während sie weiter gingen.
„Erzähl's mir..."
Magnus sagte sich, dass er die Hand loslassen musste... schnellstens... Aber er schaffte es nicht. Seine Finger umschlossen die von Alec, als wäre es die richtigste Sache der Welt.
„Du bist ganz schön mutig geworden." murmelte er leise.
„Ist... ist das schlimm?"
Plötzlich klang er wieder unsicher.
Magnus blieb stehen und drehte sich zu Alec. Wie von selbst hob sich seine freie Hand und die Finger strichen sanft über Alec's Wange.
„Nein." flüsterte er und seine Kehle schnürte sich zu, als er dem Blick aus Alec's grün schimmernden Augen begegnete. Dieser schaute ihn nicht an, wie die Frauen und Männer, die ihn verführen wollten. Alles, was er erkennen konnte, waren Fragen und Zuneigung und das traf ihn um so härter. Seine Hand wanderte in Alec's Nacken und spielte dort gedankenverloren mit den Haaren.
„Nein Darling." sagte er wieder. „Es ist sogar toll."
Kurz atmete er durch.
„Ich habe an dich gedacht. Ich denke oft an dich, auch wenn ich allein bin..."
Seine Stimme verklang, fast so als spräche er mit sich selbst.
Alec schluckte und sein Mund öffnete sich halb, weil er plötzlich Mühe hatte gelassen zu atmen. Was war nur mit ihm los, dass Magnus' Nähe solch ein Chaos in ihm anrichtete. Plötzlich fühlte er das Kribbeln wieder, das in seinem Bauch begann und langsam tiefer wanderte.
„Ich... ich hab von dir geträumt." flüsterte er erstickt.
Scheiße, ging es Magnus durch den Kopf während sein Körper JEAH schrie. Die Röte auf Alec's Wangen vertiefte sich.
Magnus ahnte, dass dieser Traum keineswegs harmlos gewesen sein konnte und all seine guten Vorsätze verpufften in dem Maße, wie eine Region seines Körpers zum Leben erwachte.
Verschwinde, schrie sein Verstand ohne dass sein Körper reagierte. Verschwinde, ehe du bereust was du tust...
„Alexander..." begann er hilflos.
„Was ist mit mir los, Magnus?" unterbrach Alec ihn und ein Hauch von Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit.
„Ich träume von dir... und wenn ich aufwache..."
Oh Gott...
Alec seufzte und Magnus konnte sich noch immer nicht rühren.
„Ich bin verheiratet, Magnus... aber ich träume von dir und nicht von meiner Frau... und ich habe mir gewünscht, du..."
Magnus' Lippen waren auf seinem Mund, ehe er den Satz beenden konnte. Die Bilder, die seine Worte heraufbeschworen hatten, reichten um Magnus jegliche Bedenken vergessen zu lassen. Dessen Zunge strich zart über seine Lippen, bat um Einlass und Magnus stöhnte leise, als Alec den Mund öffnete. Er sank gegen den Asiaten und schlang seine Arme um ihn, als wolle er ihn nie wieder loslassen. Die Umgebung versank in eine Nebel aus Gleichgültigkeit. Nichts zählte mehr, außer ihre Lippen und ihre Zungen, die zärtlich miteinander spielten.
Trotzdem war es Magnus, der seinen Kopf zurück riss. Es kostete ihn alles, was er an Selbstbeherrschung besaß, um Alec nicht sofort weiter zu küssen, als er den benommenen Ausdruck in dessen Augen bemerkte. Alec's Lippen waren geschwollen, die Wangen herrlich gerötet und sein Schwanz drückte gegen den Stoff seiner Hose, als wolle er diese im nächsten Augenblick sprengen.
Er holte keuchend Luft und versuchte sich krampfhaft einzureden, dass er derjenige sein musste, der die Kontrolle behielt. Seine Hände umfassten Alec's Kopf, während er die Stirn an die von Alec lehnte.
„Es ist falsch..." flüsterte er erstickt.
„Es fühlt sich richtig an." wisperte Alec.
Magnus stöhnte wieder leise und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.
„Ich möchte dich lieben, Alexander." murmelte er gequält. „Ich möchte dich meinen Namen schreien hören, möchte dich alles andere vergessen lassen... aber ich darf nicht."
Alec wusste, dass er Recht hatte, ganz tief in seinem Inneren wusste er es und er wollte am liebsten weinen. Aber er brachte es fertig zu nicken.
Magnus ließ ihn los und das war bestimmt das Schwerste, was er je in seinem Leben getan hatte.
Scheu griff Alec wieder nach seiner Hand und lächelte ihn schüchtern an, als Magnus ihn mit seinen Gold funkelnden Augen ansah.
„In deiner Gegenwart fühle ich mich frei."
„Verdammt..." fluchte Magnus auf, schlang seine Arme um Alec und hatte ihn im nächsten Augenblick rückwärts gegen einen Baum gepresst.
Dieser schnappte überrascht nach Luft. Das Feuer in Magnus' Augen raubte ihm den Atem und er fragte sich verblüfft, was er schlimmes gesagt haben könnte.
„Verdammt..." murmelte Magnus erneut, ohne sein Blick von Alec's Gesicht zu lösen.
„Ich bin auch nur ein Mann, Alexander... Du kannst so etwas nicht sagen... und mich nicht so anschauen..."
„...anschauen..." echote Alec verwirrt.
„Ich träume auch von dir, Darling." stieß Magnus heiser hervor. „Ich träume von dir und denke an dich, wenn..."
Er gab ein abgehacktes Lachen von sich.
„...wenn ich mir einen runter hole."
Alec's Mund klappte auf.
„W-was?" schaffte er hilflos zu formulieren, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ihm die ganze Sache furchtbar peinlich sein sollte. Alles, woran er denken konnte, war: Er träumt von mir...
„Verdammt..." murmelte Magnus ein drittes Mal. „Es wäre äußerst hilfreich, wenn du mich von dir stoßen würdest..."
Dummerweise gab es in Alec's Kopf nicht den klitzekleinsten Gedanken in diese Richtung. Er fühlte Magnus' Körper an seinem, spürte durch den dünnen Stoff der Kleidung dessen Erregung und hatte einen bitteren Geschmack im Mund bei der Erinnerung an die vielen Male, die er mit Camille geschlafen hatte. Wenn es ein einziges Mal so gewesen wäre wie das eine Mal mit Magnus... Ein einziges Mal nur und er hätte sich einreden können, dass nicht alles in seiner Ehe schief lief... er hätte sich daran klammern können. Aber so...
Bin ich egoistisch? fragte er sich, aber das Gefühl schuldig zu sein, rückte in weite Ferne. Denn selbst wenn, hatte Camille auch nur ein Mal in den vergangenen Jahren danach gefragt, was er fühlte?
Magnus wurde steinhart, als Alec den Kopf drehte und er dem plötzlich gar nicht mehr so unsicheren Blick begegnete. Wortlos schlang Alec einen Arm um seinen Hals und zog seinen Kopf zu sich heran. Und als ihre Lippen wieder aufeinander trafen, war auch Magnus alles egal...
Sie zogen sich gegenseitig aus. Ein Kleidungsstück nach dem anderen landete auf dem Boden. Es war kein wildes Aufeinanderstürzen. Es war eher als hätten sie alle Zeit der Welt, um sich gegenseitig zu erforschen, zu berühren und zu liebkosen.
Magnus hätte ewig damit zubringen können Alec zu betrachten und unter seinen Händen zu spüren, aber dessen sanftes Stöhnen und die leisen kehligen Laute, die dessen Mund verließen, trieben ihn fast in den Wahnsinn.
Irgendwann hielt er es nicht mehr aus er presste seinen Körper fester an den von Alec. Beinahe fahrig wanderte seine Hand zwischen ihre Körper und seine Finger umschlossen ihre harten Erregungen. Sie stöhnten beide bei dem Gefühl wieder auf diese Art miteinander verbunden zu sein und lösten ihre Blicke nicht voneinander.
Und dann begann Magnus sich zu bewegen, rieb sich mit jedem Stoß seiner Hüfte fester an Alec und genoss das Gefühl der aufsteigenden Hitze. Alec schluchzte auf und klammerte seine Arme um Magnus' Hals. Diesmal kannte er dieses Gefühl und er wusste wie es endet.
„Ja Darling..." flüsterte Magnus heiser an seinem Ohr und beschleunigte die Bewegung.
„Lass es raus, Alexander... Lass dich gehen... Komm für mich..."
Erstickt stöhnte Alec auf und Magnus folgte ihm übergangslos, als er die warme Feuchtigkeit auf seiner Hand und seinem Schwanz spürte. Noch einmal stieß er seine Hüfte gegen die von Alec, während er ihn Halt suchend gegen den Stamm des Baumes presste.
Alec spürte die knorrige Rinde nicht. Er Schluchzte auf, weil das Gefühl, das durch seinen Körper jagte so schön war und umklammerte weiter Magnus' Hals, als dieser mit ihm zu Boden rutschte ohne ihn loszulassen.


Mit ein bisschen HilfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt