Es war weit nach Mitternacht, als Magnus sich noch immer unruhig auf seiner Luftmatratze hin und her wälzte. Er musste seinen Kopf zum Schweigen bringen, dringend... Sonst würde das Alles hier in einer Katastrophe enden.
Es hatte ihm alles abverlangt sich von Alec zu lösen und die Hütte zu verlassen. Und nun lag er hier, in seinem eigenen Bett und versuchte krampfhaft an etwas anderes zu denken. Doch seine Gedanken kreisten und ein leises Wimmern entrann seiner Kehle, als seine Erinnerungen ihn quälten.
Noch immer konnte er den Geruch des schüchternen Mannes wahrnehmen. In seinen Fingerspitzen vibrierte noch immer das Gefühl der weichen, wuscheligen Haare und sein Körper erinnerte sich noch viel zu deutlich an das Gefühl des anderen Körpers. Bei den Engeln, er durfte nicht zulassen...
„Du riechst gut." flüsterte ihm eine allzu vertraute Stimme ins Ohr. Erschrocken riss Magnus die Augen auf, als sich zwei starke Arme um seinen Hals legten.
„A-alexander? Was machst du hier?"
Er versuchte seine Stimme ruhig zu halten und drehte sich zu dem Jüngeren herum.
„Konnte nicht schlafen." antwortete dieser nuschelnd und schmiegte sich enger an den Asiaten. „Und hab dich vermisst."
Verzweifelt schloss Magnus die Augen und versuchte in sich die Kraft zu finden den wenige Zentimeter größeren Mann wieder fort zu schicken.
„Du solltest nicht hier sein, Darling."
Trotzdem strich seine Hand sanft über den muskulösen Rücken.
„Willst du mich nicht hier haben?"
Mit traurigen Rehaugen blickte Alec zu ihm hinauf.
„Magst du mich nicht?"
Wieder kostete es ihn alle Selbstbeherrschung nicht sofort über diesen Mann herzufallen.
„Alexander, Darling, bitte versteh mich nicht falsch. Natürlich mag ich dich, sehr sogar. Aber das hier... ist nicht richtig."
Leise stöhnte er auf, als Alec sich auf ihn rollte und sich noch enger an ihn drückte. Er konnte noch immer den Alkohol riechen, vermischt mit diesem herrlichen herb-männlichen Geruch. Und viel zu deutlich konnte er ihre beiden Mitten aneinander reiben spüren.
„Alexander... bitte..." keuchte Magnus und versuchte Alec von sich herunter zu schieben... um im nächsten Moment heiser aufzustöhnen und seine Zähne in der Schulter des anderen Mannes zu versenken. Reflexartig schossen seine Hände an Alec's Hüfte und zogen ihn fester gegen sich. Sein Körper reagierte nur noch... es war schon viel zu lange her. Und Alec's Bewegungen taten so gut. Er wusste, dass hier war falsch. Sie sollten aufhören...
Wieder stöhnte er auf und ließ seinen Kopf zurück in das Kissen fallen. Sein Blick heftete sich auf Alec's lustverzerrtes Gesicht, während dessen ruckende Hüfte immer fahriger und unkontrollierter wurde. Nur ein bisschen noch, dann würden sie beide den befreienden Höhepunkt ihrer Ekstase erleben.
„Alexander." keuchte Magnus, bog sich Alec entgegen auf der Suche nach noch mehr Reibung. Nichts zählte mehr, nicht dass Alec verheiratet war, nicht dass sie hier in einem Campinglager waren und in einer einfachen Holzhütte lagen. In diesem Moment gab es nur noch sie beide. Gierig presste Magnus seine Lippen auf Alec's Mund, stieß mit seiner Zunge in selbigen, erkundete ihn verlangend.
„Alexander..." stöhnte er heiser, als heiße Lust ihn durchfuhr und sich in seinen Lenden entlud...
Dann riss er geschockt und aufrecht sitzend die Augen auf. Panisch sah er sich um, doch er war allein in seinem Bett. Keine Spur von Alec... nur ein verräterischer nasser Fleck auf seiner Schlafhose. Mit einem Stöhnen, das nichts mit Lust zu tun hatte, ließ er sich wieder zurückfallen und verbarg sein Gesicht unter einem Arm. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Er war doch kein pubertierender Teenager mehr.
Einige Minuten lag er so da und versuchte sowohl den Traum, als auch dessen Nachwehen zu verarbeiten. Doch an Schlafen war nicht mehr zu denken, also entschloss er sich dazu aufzustehen und sich anzuziehen. Vielleicht würde eine Runde Morgenjogging seine Gedanken wieder etwas beruhigen.
Alec erwachte am nächsten Morgen mit stechenden Kopfschmerzen und ihm war hundeelend. Stöhnend vergrub er sein Gesicht unter der dünnen Decke, während ihm durch den Kopf ging, dass Sterben eine gut Lösung wäre.
Die vergangene Nacht erwachte in seiner Erinnerung zu neuem Leben und er beschloss, dass Sterben noch zu einfach wäre. Er würde diese Hütte nie wieder verlassen.
Warum hatte er es nicht abgelehnt zu trinken? Warum war Camille nicht hier und hatte ihn davon abgehalten, so wie sie es doch sonst auch allein mit ihrer Anwesenheit schaffte? Leise stöhnte er und überlegte ob es eine gute Idee wäre unter die Luftmatratze zu kriechen, damit niemand ihn finden würde.
Die Geräusche von draußen verrieten ihm, dass die ersten bereits wieder wach waren. Ob es ihnen auch so schlecht ging? Die anderen hatten sich schließlich nicht anders benommen als er. Ihm fiel auf, dass sie sich eigentlich kaum darum geschert hatten, wie sie sich benahmen oder wie viel sie tranken. Und das war bestimmt nicht das erste Mal, dass sie so ausflippten.
Er starrte an die Decke seiner Hütte und würde am liebsten im Erdboden verschwinden. Er hatte in der letzten Nacht das halbe Camp geküsst... Und nun hatte er keine Ahnung wie er jemals wieder einem der anderen ins Gesicht sehen sollte. Von Magnus ganz zu schweigen.
Als hätte er seine Gedanken gelesen...
„Alexander?" fragte eine vorsichtige Stimme vor seiner Hütte und er fuhr panisch hoch.
„Bist du wach?"
„Nein." krächzte Alec kläglich und schaute auf seine zitternden Hände. „Geh weg."
Als ob das wirklich helfen würde.
„Wie geht's dir?"
„Schrecklich..."
„Komm raus an die frische Luft, das wird dir gut tun."
„Nein."
„Wenn du nicht raus kommst, komme ich rein." warnte Magnus amüsiert.
Verdammt! Fast schon panisch kroch Alec zum Ausgang seiner Hütte und streckte den Kopf hinaus. Die aufgehende Sonne blendete in seinen Augen und das Dröhnen in seinem Kopf wurde stärker. Wieder stöhnte er leise auf.
„Bei den Erzengeln, ich sterbe..."
„So schnell stirbt niemand." antwortete Magnus munter und Alec fragte sich genervt, warum es ihm so gut ging. Dann viel ihm wieder ein, dass er ihn geküsst hatte... und anders herum ebenso... und noch einige andere Leute. Übergangslos kroch die Röte mit brennender Hitze in seine Wangen. Er wusste nicht wo er hinblicken sollte, weil Magnus direkt vor seiner Hütte hockte.
Dieser ahnte aber sehr wohl, was in dem anderen Mann vorging. Vor allem weil es die herrliche Farbe seines Gesichtes so deutlich sagte.
„Komm raus." sagte er jedoch nur. „Wenn du etwas gegessen hast, wird es dir besser gehen."
„Essen?" würgte Alec entsetzt hervor, ließ sich aber widerstandslos auf die Beine ziehen. Erst jetzt stellte er fest, dass er nicht wusste, wie er in seine Hütte gekommen war und dass er noch immer die Kleidung vom Abend trug.
„Ich fühle mich so elend..." jammerte er.
„Da bist du heute bestimmt nicht der einzige." antwortete Magnus vergnügt.
„Wieso geht es dir so gut?" fragte Alec missmutig.
„Weil ich nicht ganz so betrunken war wie du." grinste der Asiat ihn an und steuerte das Lagerhaus an.
„Das ist so peinlich."
Verlegen strich sich der Größere der Beiden über das Gesicht.
„Ach Quatsch." lachte Magnus auf. „Ich habe schon schlimmeres erlebt."
„Was?"
Erschrocken blieb Alec stehen.
„Ich habe das halbe Camp gekü... Oh Gott!"
Wieder wurde er feuerrot, als ihm bewusst wurde, was er gerade gesagt hatte und dass eine der Personen direkt vor ihm stand. Ein unterdrücktes Wimmern kroch aus seiner Kehle, als er an Magnus vorbei auf die Baracke zustürmte. Doch dieser war sofort wieder an seiner Seite.
„Es war ein Spiel und du warst nicht der Einzige. Worüber regst du dich auf?"
Alec stieß die Tür auf und betrat den gekühlten Raum.
„Ich vertrag keinen Alkohol." murmelte er gerade laut genug, dass Magnus ihn noch hören konnte. „Ich habe mich unmöglich benommen... und peinlich."
Kurz runzelte der Asiat nachdenklich die Stirn.
„Jeder benimmt sich auf eine andere törichte Weise, wenn er getrunken hat. Deine Familie sicherlich auch. Ich jedenfalls habe schon genug Sachen mitgemacht, die mir am nächsten Tag peinlich waren. Na und?"
„Mein Vater trinkt nicht und Camille....nur selten mal ein Glas."
Magnus verkniff sich eine ironische Erwiderung. Hatte Alec denn nur Idioten und Spaßbremsen in seinem Umfeld? Seine Schwester hatte wirklich einen Orden verdient... dafür, dass sie scheinbar nicht so spießig geworden war und noch einen weiteren für den Einfall ihren Bruder in dieses Flugzeug zu stecken.
Ohne ein Wort zu sagen griff er nach einer Flasche mit gefiltertem Wasser, mischte sich Müsli und Milch und folgte Alec wieder nach draußen. Schweigend saßen sie nebeneinander und schaufelten ihr Frühstück in sich hinein. Hin und wieder warf Alec dem Asiaten einen scheuen Blick zu, doch etwas zu sagen traute er sich nicht. Magnus ließ ihm Zeit um seine Gedanken zu sortieren.
„Hab... ich mich sehr daneben benommen?" flüsterte er schließlich.
„Nein, aber niemand dürfte etwas sagen, wenn du es hättest."
Leise kicherte Alec.
„Ich fand schon, dass ich ziemlich schräg war. Was verstehst du denn dann unter daneben benehmen?"
Kurz überlegte Magnus.
„Du hast zumindest keinen Striptease hingelegt."
„Oh..."
Alec wurde wieder rot und stocherte in seinem Müsli herum. Als er wieder aufsah begegnete er Magnus' amüsiertem Blick.
„Hast du das schon erlebt?"
Magnus nickte.
„Sie war sturzbetrunken und tanzte auf dem Tisch. Natürlich fand das der ganze Saal einfach nur klasse und hat sie immer weiter angeheizt."
Er grinste wieder.
„Allerdings weiß ich nicht, wann sie aufgehört hat. Viel hatte sie jedenfalls nicht mehr an, als ich unter den Tisch gerutscht bin."
Und Alec lachte mit.
Er lachte auch, als Clary und Maia eine Stunde später stöhnend aus ihren Hütten gekrochen kamen und sich zombiegleich zur Vorratsbaracke schleppten.
Maia blieb kurz hinter Magnus stehen, welcher den Kopf drehte und die junge Frau schelmisch angrinste.
„Siehst du Alec, jetzt bekommst du Gesellschaft."
Maia fuhr ihm spielerisch durch die ungestylten Haare.
„Morgen Magnus." hauchte sie spielerisch und beugte sich zu ihm hinunter. „Hab ich schon erwähnt, dass du fantastisch küsst?"
Alec bemerkte zum ersten Mal, dass sich auch Magnus' Wangen leicht röteten und er starrte ihn fasziniert an. Trotzdem klang die Stimme des Asiaten wie immer, als er antwortete.
„Hast du, mehrmals, wenn ich mich richtig erinnere."
Maia lachte, stieß ihm einmal gegen den Hinterkopf und folgte dann ihrer Freundin. Alec bemühte sich wirklich unbeteiligt zu schauen, scheiterte jedoch kläglich.
„Und was findest du jetzt so lustig?" fragte Magnus mit einer hochgezogenen Augenbraue.
Alec hingegen prustete los.
„Du bist rot geworden."
„Bin ich nicht."
„Bist du."
„Nein."
Alec nahm seinen leeren Teller und stand auf.
„Doch. Ich werde dauernd rot und finde das so peinlich. Es tut gut, es mal bei jemand anderem zu beobachten."
Dazu fiel Magnus nichts mehr ein. Er setze seine Wasserflasche an und trank einen Schluck.
„Es sieht süß aus." kicherte Alec.
Magnus verschluckte sich fast an dem Wasser und fing an zu husten. Hat er das jetzt wirklich gesagt? Hat sie, beantwortete er sich seine Frage selbst, als er sah wie Alec sich eine Hand vor den Mund schlug und noch sehr viel röter wurde als er.
„Stimmt." bestätigte er grinsend. „Ich finde, bei dir sieht es auch süß aus."
Alec fluchte leise, schnappte sich seine Flasche und flüchtete vor dem amüsierten Lachen.
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Mit ein bisschen Hilfe
FanfictionSein ganzes Leben lang hat er getan, was man von ihm erwartet hat. Job, Karriere, Ehe - immer der gehorsame Sohn und der treusorgende Ehemann. Doch als seine Schwester ihn auf eine unverhoffte Urlaubsreise schickt, stellt das sein gesamtes Leben auf...