9. Farväl

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Irritiert von Moritz kühlem Ton, den ich so nicht kenne, blinzele ich zwischen den beiden hin und her.

„Michael Patrick, aber nenn mich gerne Pat oder Paddy." Der Kelly ergreift Moritz Hand und drückt sie kurz.

„Kommst du nachher mit zur Probe?" Moritz geht nicht weiter auf meinen Gast ein, sondern wendet sich direkt an mich.

„Ich habe keine Zeit, sorry. Ich würde nachher zu Anna und Thomas fahren, mein Fahrrad abholen und wie du siehst habe ich im Moment noch Besuch."

Moritz Augen verengen sich zu Schlitzen, er presst den Kiefer zusammen und kurz denke ich, dass er noch etwas sagen will, doch dann dreht er sich abrupt um und geht ohne ein weiteres Wort.

„Huch, was war das? Habe ich was falsch gemacht?"

„Keine Ahnung.", brumme ich, mich ärgert Moritz Verhalten maßlos, warum benimmt er sich in Gegenwart von meinem Besuch so unmöglich? „Noch Kaffee?" Ich springe auf, froh der Situation kurz zu entkommen.

„Ich glaube lieber nicht, sonst sterbe ich heute noch an einer Herzattacke, aber wenn du einen Tee hättest, wäre das super."

„Tee? Klar." Ich setze den alten Emaile Wasserkessel auf den Herd und stehe dann unschlüssig vor unserem Regal mit den Teesorten. „Kräuter, Früchte oder Rooibos?", rufe ich über meine Schulter hinweg und zucke dann erschrocken zusammen, als der Kelly auf einmal direkt hinter mir steht. „Sorry, ich wollte dich nicht anbrüllen.", murmele ich und versuche mich an einem falschen Lächeln.

„Kräutertee wäre super." Er mustert mich eingehend und der Blick aus seinen dunkelblauen Augen ist mir unangenehm. „Ist alles gut bei dir Sanna?"

„Klar, was soll denn sein?", meine Stimme kiekst unangenehm und ich schiebe mir eine imaginäre Haarsträhne hinter die Ohren. Ich räuspere mich und wühle mit zitternden Händen in der Teebox, beruhige dich Sanna, es ist doch wirklich nichts passiert. Moritz hat sich danebenbenommen, ja, aber das ist am Ende nicht mein Problem, ich bin nicht für ihn verantwortlich.

„Du ärgerst dich über Moritz!"

Ertappt blicke ich auf, schüttele zuerst den Kopf, zucke dann entschuldigend mit den Schultern. „Keine Ahnung, was er hat, er ist sonst nicht so, wirklich."

„Du brauchst dich nicht für ihn zu entschuldigen, du kannst doch nichts dafür. Ist er vielleicht eifersüchtig?"

Nun lache ich laut auf, Moritz eifersüchtig? Warum sollte er? „Du siehst Gespenster! Er hatte Frühdienst, wahrscheinlich ist ihm das auf die Laune geschlagen.", wiegele ich ab und greife nach dem pfeifenden Wasserkessel, um den Tee aufzugießen. „Hier, echter Hamburger Schietwettertee, ich hoffe, er schmeckt dir." Ich reiche ihm die Tasse und beginne dann, den Frühstückstisch abzuräumen. „Ich hätte da übrigens noch ein paar Fragen zu deiner Ausstellung, vielleicht kannst du mir die ja auch beantworten, von deinem Management ist bislang noch nichts gekommen."

„Klar, schieß los, wenn ich dir nicht helfen kann, dann leite ich die Fragen direkt weiter."

Ich nippe an meinem Tee und überlege, wie ich meine Bedenken formulieren kann, ohne ihm auf die Füße zu treten. „Also, ich gebe zu, dass ich dich etwas im Internet gestalkt habe und... Nun ja, bei deinen letzten Aktionen ist schon eine Menge los gewesen, um es mal vorsichtig zu formulieren. Ich habe einfach ein wenig Sorge, dass wir überrannt werden und da nachher irgendwelche Leute im Vorgarten der Nonnen campieren. Ich glaube, die würden sie dann mit der Peacebell erschlagen."

Er macht eine wegwerfende Handbewegung. „Ach Quatsch, so wild ist das nicht mehr, wir sind nicht mehr in 1995, die Leute sind erwachsen geworden, ich denke nicht, dass da irgendjemand campieren wird. Im Normalfall ist nicht so viel los, klar, an den Wochenenden kommen vielleicht ein paar mehr Fans, um sich die Ausstellung anzusehen, aber der einzige Tag, an dem es wirklich heikel werden könnte, ist meistens der Tag, an dem ich vor Ort bin. Da wird euch mein Management vorher briefen, keine Sorge."

PetrichorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt