Teil 14 Konfrontationer

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Sanna

„Ihr habt was? Wow, das ist... Großartig! Gratuliere!" Ich weiß, wie lange die Band schon auf diesen Moment gewartet hat, wie hart sie dafür gearbeitet haben und wenn ich ehrlich bin, dann habe ich nicht damit gerechnet, dass sich jemals eine Plattenfirma für sie interessiert.

„Ja, das ist Wahnsinn Sanna, wir sollen alle nach Berlin kommen, um alle Einzelheiten zu besprechen. Sie wollen ein Album mit unserer Musik aufnehmen und eine Tour wurde uns auch in Aussicht gestellt. Die Jungs kommen gleich her, um das zu feiern, du kommst du auch, oder?"

Ich werfe einen vorsichtigen Blick auf den Kelly, der möglichst unbeteiligt auf seinem eigenen Handy herumtippt. „Ähm Moritz, ich bin noch unterwegs, ich melde mich später nochmal, ja."

„Okay?" Moritz klingt hörbar irritiert, wahrscheinlich hat er damit nicht gerechnet. „Dann... Viel Spaß noch.", damit beendet er das Gespräch.

„Gute Neuigkeiten?" Irre ich mich oder ist ein triumphierender Ausdruck auf das Gesicht des Kellys getreten?

„Die Black Thornes haben einen Plattenvertrag angeboten bekommen.", stolz schwingt in meiner Stimme mit, ich weiß seit Jahren, dass die Jungs gut sind, habe hautnah miterlebt wie aus der Schülerband eine ernstzunehmende Band geworden ist, ich weiß, dass die Jungs alles dafür geopfert haben.

„Ich weiß!", mehr sagt er nicht und mir klappt der Unterkiefer herunter.

„Du... Du weißt das?", stammele ich und auf einmal macht der wissende Ausdruck Sinn.

„Ja, schließlich habe ich sie meiner Plattenfirma vorgeschlagen."

Ich habe ihm die Promo CD der Jungs gegeben, jetzt fällt er mir wieder ein, natürlich. „Das... Wow! Danke! Das musst du sofort Moritz erzählen, er wird dir auf ewig dankbar sein. Sie versuchen schon seit Jahren Kontakt zu verschiedenen Plattenfirmen zu bekommen, aber wurden immer wieder abgewimmelt, das ist jetzt eine echte Chance."

Der Kelly winkt ab und schüttelt den Kopf. „Lass mal, das war wirklich keine große Sache, ich kenne halt einfach die richtigen Leute, ich habe das Tape weitergeleitet, mehr habe ich nicht getan, überzeugt haben die Jungs ganz alleine, sie haben Talent und den nötigen Biss. Wollen wir noch einen Nachtisch essen? Gibt es hier so etwas wie Nachtisch?"

Verwirrt über den harten Themenwechsel nicke ich. „Ja... Tiramisu gibt es."

„Lass mich raten, das Beste der Stadt?" Er lächelt mich mit seinem strahlenden Zahnpastalächeln so einnehmend an, dass ich nicht anders kann, als Antonio zu uns an den Tisch zu winken.

„Wir hätten gerne noch zwei Portionen von deinem Tiramisu.", bestelle ich.

„Und noch eine Flasche Wein.", wirft der Kelly ein, doch hier schüttele ich den Kopf.

„Für mich nicht, ich würde nach dem Nachtisch gerne nach Hause, da steigt eine riesige Party." Sofort tritt ein enttäuschter Ausdruck auf das Gesicht des Kellys, was mir leidtut, er hat sich den Abend wahrscheinlich anders vorgestellt. „Komm doch mit!", lenke ich deshalb ein.

„Ach weißt du, ich will nicht stören."

Ich winke ab. „Quatsch, du störst doch nicht! Die Jungs haben auch ihre Freundinnen dabei und der Abend ist doch viel zu schön, um ihn jetzt schon enden zu lassen." Ich zwinkere ihm zu, sehe wie schwer es ihm fällt, sich ein Nicken abzuringen. „Supi, ich sag Moritz kurz Bescheid, dass wir gleich unterwegs sind und frage, ob wir noch was mitbringen sollen."


Patrick

Mit einem breiten Grinsen tippt Sanna auf ihrem Handy herum, während ich versuche, nicht allzu gefrustet auszusehen. Auch das Tiramisu, das wirklich gut ist, kann meine Laune nicht sonderlich heben. Ich muss zugeben, dass ich das Demotape nicht ohne Hintergedanken bei meiner Plattenfirma abgegeben habe, wenn Moritz mit seiner Band beschäftigt ist, hat er weniger Zeit für Sanna, hat Dinge im Kopf, die wichtiger sind. Wenn er ein wahrer Vollblutmusiker ist und die Sache mit dem Plattenvertrag wirklich ernst nimmt, dann wird er in den kommenden Monaten wenig zu Hause sein und dementsprechend keine Kapazitäten für Sanna haben. Ja, ich weiß, dass das ein eiskalter Plan ist und wahrscheinlich nicht fair, aber auf der anderen Seite bekommt Moritz das, was er immer haben wollte.

PetrichorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt