Teil 38

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Sanna

Schläfrig kuschele ich mich an den Kelly, lausche dem Summen meiner Mama, das aus der Küche bis zum Sofa dringt. Ich fühle mich wie 8, eingekuschelt mit meinem Opa auf dem Sofa, während meine Oma summend den Abwasch macht, eine meine liebsten Kindheitserinnerungen.

„Karin? Wo kommst du denn her?" Moritz schlurft aus seinem Zimmer, er sieht immer noch fertig aus, obwohl er mehrere Stunden geschlafen hat. Der abgestandene Geruch nach Alkohol und kalten Zigarettenrauch weht aus seinem Zimmer zu mir herüber und kurz wird mir schlecht. Bevor ich reagieren muss, hat meine Mutter sich Moritz angenommen.

„Kind, du siehst ja schrecklich aus! Und du riechst genauso, wie du aussiehst. Du gehst jetzt fluchs unter die Dusche, ich beziehe dir währenddessen dein Bett neu , lüfte durch und dann gibt es erst einmal eine gute Suppe. Sanna und Paddy hat sie auch geholfen. Mit etwas Anständigem im Magen lässt sich das alles viel besser ertragen." Karin fackelt nicht lange, sondern schiebt den verdutzten Moritz ins Badezimmer und verschwindet dann in seinem Zimmer. Ich beobachte schweigend, wie sie kurz darauf mit einem Berg voller Wäsche wieder herauskommt. „Die Waschmaschine ist unten im Keller, oder?"

„Ich mach das schon!", der Kelly rappelt sich hoch, nimmt meiner Mutter die Wäsche ab und greift sich den Schlüssel von der kleinen Kommode.

„Dankeschön!", werfe ich ihm zu und gehe dann zum Herd, um die Suppe warm zu machen.

„Danke Sanna!" Moritz weicht meinem Blick aus und fixiert einen Punkt hinter mir.

„Felix hat erzählt, was passiert ist. Es tut mir leid! Es tut mir so leid!" Ich greife nach Moritz Hand, die er mir allerdings schnell wieder entzieht. „Moritz bitte, wir müssen jetzt zusammenhalten. Wir alle!"

„Ich habe ihn umgebracht! Du hast alles Recht der Welt mich zu hassen!" Moritz Augen glitzern verdächtig, während der den Teller mit Suppe von sich schiebt.

„So etwas will ich hier nicht hören! Niemand hat an irgendetwas schuld! Und jetzt wird gegessen!" Der Tonfall meiner Mutter lässt keinen Widerspruch zu und Moritz beginnt langsam die Suppe zu löffeln. „Siehst du und danach wird es dir bestimmt besser gehen!"

„Lass mich doch den Abwasch machen.", wende ich ein, als ich sehe, wie sie nach der Spülbürste greift.

„Auf keinen Fall! Ich habe gesagt, dass ich euch unter die Arme greife und da gehört der Abwasch selbstverständlich mit dazu. Außerdem war ich es, die die Töpfe dreckig gemacht hat. Ich habe noch einen Eintopf für Petra und Hartmut gekocht, den bringe ich nachher noch vorbei. Ich hoffe es ist okay, wenn ich euch gleich alleine lasse?" Sie wirft einen kritischen Blick zwischen mir und Moritz hin und her.

„Ja, natürlich, wir werden uns schon nicht an die Gurgel springen."

„Gut, ich komme dann morgen früh wieder und kümmere mich um ein vernünftiges Frühstück. Hast du einen Schlüssel für mich, dann muss ich euch nicht wecken."

„Ich habe morgen Frühdienst." Meinen Dienstplan habe ich komplett aus den Augen verloren, eigentlich ist mir auch nicht danach arbeiten zu gehen, aber was muss, das muss. Meine Mutter scheint den gleichen Gedanken zu haben.

„So willst du arbeiten gehen? In der Notaufnahme? Auf keinen Fall! Geh zu Doktor Berger und lass dich krankschreiben, am besten für den Rest der Woche."

Ich druckse etwas herum, es widerstrebt mir mich krank zu melden, auch wenn ich es eigentlich gar nicht bin. „Ich halte das für eine großartige Idee! Ich hätte kein gutes Gefühl dabei, dich bei der Arbeit zu wissen." Gott, wo kommt denn der Kelly schon wieder her? Muss der sich so anschleichen? „Zumindest für ein paar Tage, bis zur Beerdigung."

PetrichorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt