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LIAMS SICHT

Es ist 4 Uhr in der Früh als ich morgens aufwache.
Gestern Nacht waren wir wohl alle beim Filmgucken eingeschlafen.
Ich versuche meinen Rücken gerader zu machen, weil ich merke, dass dieser echt weh tut.
Ich war gestern auf dem Boden sitzend, an mein Bett angelehnt, eingeschlafen.
Als ich mich gerade aus der Decke schälen will, höre ich neben mir ein erschrechtes leises einatmen und eine Hand klemmt sich fest um meinem Arm.
Harper.
Sie liegt generell fast auf mir, aber dadurch, dass sie sich fest an meinem Arm klammert, ist sie mir noch ein Stücken näher.
Der duft ihres Shampoos steigt mir direkt in die Nase. Vanille. Das passte zu ihr.

Sie hat generell recht unruhig geschlafen, dass sehe ich daran, dass sie die Decke, die auf ihren Beinen lag wild von sich gestrampelt haben muss.
Und jetzt, wo sie erneut ihre Fingernägel in meinen Arm drückt, muss ich mir kräftig auf die Lippen beißen, um keinen Ton von mir zu geben. Sie duckt ihren Kopf ein und kommt noch ein Stück näher.

Ich habe kein Problem mit der Nähe, aber ich glaub ihr kleiner Freund aus Amerika, Mic, schon.

Ich war garnicht auf die Idee gekommen sie danach zu fragen. Dabei liegt das ja wohl auf der Hand. Sie ist wunderschön. Rein objektiv natürlich.
Deswegen schaut ihr auch hier schon jeder geiernd hinterher, was ich aber auch so gut wie jedem hier mit vielsagenden Blicken ausgetrieben habe.

Sie muss es ja nicht gleich so schwer haben hier.
Aber wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, sie merkt das auch garnicht erst.

Da es ihr beim aufwachen aber wahrscheinlich auch unangenehm sein wird, löse ich vorsichtig ihren Arm von mir. Ich drücke ihr sanft ein Kissen in die Hand, dass sie sofort annimmt und sich darauf auf dem Boden praktisch zusammkauert.
Ihre kurze Hummelhose rutscht dabei noch ein Stück höher.

Ich lege ihre Decke also wieder über sie und suche daraufhin meinen Zimmerschlüssel in meiner Schublade.
Normalerweise brauche ich den nie. Es ist eigentlich immer jemand hier und wenn nicht, dann zumindest nebenan. Und wenn nicht bin ich mit mindestens einem unterwegs.

Aber jetzt will ich joggen gehen. Ich weiß auch nicht warum, aber ich muss hier jetzt raus und den kopf frei kriegen.
Ich trage Jogginghose und tshirt. Zum joggen wirds reichen.

Als ich wiederkomme ist mein kopf nicht wirklich freier.
Ich war aber auch nur eine halbe Stunde unterwegs.
Ich schließe die Zimmertür auf und wie erwartet schlafen alle noch.

Ich schließe die Tür und lege den Schlüssel auf Regal neben der Tür.

"Wo warst du?", fragt eine verschlafene Stimme hinter mir. Harper.
Sie richtet ihren Kopf leicht hoch.

"Weg",sage ich unfreundlicher als nötig.

"Aha", nickt sie verschlafen. "Bist du verletzt?"

Ich gucke sie mit gekrauster Stirn an.
Was?

"Nein"

"Ok", sagt sie und kuschelt sich wieder ein. "Boxen ist scheiße", murmelt sie.
"Das ist es", murmel ich zurück.

Und schon höre ich wieder ihr regelmäßiges Atmen. Jetzt sieht sie wieder friedlich aus.

Das Mädchen ist mir echt ein Rätsel.
Und ich wüsste zu gern, was dahinter streckt.
Ich finds scheiße, dass wir sauer aufeinander sind, bzw sie sauer auf mich. Aber entschuldigen? Nein.
Es kann mir ja im Grunde egal sein.

"Jo, wo warst du?", fragt Alan mich flüsternd. Er löst seinen Arm, der unter Maddie eingeklemmt war, und steht auf.

"Joggen", antworte ich.
Er schnippst mir gegen die Stirn. Wtf?
"Und warum kannst du ihr das nicht wie ein normaler Mensch sagen?",er deutet auf Harper.

Ich seufze genervt und krame ein Handtuch aus meinem Schrankteil.

"Ich muss erstmal duschen", sage ich.

"Mic ist nur ihr bester Freund. Er ist mit ihrer besten Freundin zusammen. Die haben gestern jetzt das erste mal wieder geredet. Harper hatte die ganze Zeit Angst, dass die sauer auf sie sind oder so", erklärt Alan mir.

"Schön", sage ich gleichgültig.

Schön.


Nur 3 Stunden später sitze ich gelangweilt im Geschichtsunterricht bei Mr. Kellerman.

Schon die ganze Stunde über hat er ein Auge auf Harper geworfen. Ständig nimmt er sie unaufgefordert dran und kritisiert ihre Aussagen, die allerdings komplett plausibel und richtig scheinen. Wenn sie sich aber meldet ignoriert er das gekonnt. Sie sieht auch schon richtig abgefuckt aus.

"Das ist zu unvollständig", fährt er sie erneut an. "Du redest hier nur Blödsinn. Bist du überhaupt in der Lage Das hier zu verstehen? Hast du in den Staaten denn überhaupt etwas gelernt, außer unschuldige Mädchen zu verhauen? Schrecklich das so etwas wie du hier unterrichtet werden darf"

Mir fällt die Kinnlade runter. Entschuldigung?
Ein ersticktes einatmen geht durch die Runde.

Nur Emilia, die auch in diesem Kurs sitzt, lächelt zufrieden.

Ich wusste, sie ist seine Lieblingsschülerin aber wow, das war ja bodenlos.

Ohne ein Wort zu sagen steht Harper auf und packe ihre Sachen.
"Was tun sie da?", fragt er aufgebracht.

"Ich habe tatsächlich etwas in den Staaten gelernt. Manieren und Respekt. Sollte man hier auchmal einführen", sagt sie scharf auf dem Weg nach draußen. Ouhh.

"Das sieht man ja", entgegnet Mr. Kellerman schnippisch.

"Meine Eltern haben mir auch beigebracht, dass man Respekt verlieren kann. Dass es Menschen gibt, die ihn nicht verdienen.
Aber fragen sie doch Emilia. Die kennt sich mit den Prinzipien meiner Eltern ja viel besser aus", und damit war sie weg.

Nicht jeder im Raum hat das verstanden, aber die die es taten, wussten, das hatte gesessen.

"Welche Länder sind denn Teil der heutigen EU?", fragt Mr. Kellerman und versucht damit seinen Unterricht unbehindert fortzusetzen. Hurensohn.

"Ja, Madison, bitte", ruft er jene auf.

"Frankreich", sagt diese Schlicht. Nicht mehr. Nur das.

"Ja aber das ist..", beginnt Mr Kellerman.
"Unvollständig?", fragt Madison lächelnd. "Ihr gesunder Menschenverstand auch und trotzdem sind wir noch hier"

Und damit nahm auch sie ihre Sachen und verlässt den Raum.

"Wissen sie was noch unvollständig ist?", fragt Alan rhetorisch.
Er nickt mir und den anderen unserer Gruppe, die sich in diesem Kurs befinden, kurz zu.
"Ihre Klasse", antworte ich für ihn.

Und damit stehen Alan, Max, Chase, Collin und ich geschlossen auf, nehmen unsere Sachen und gehen. Mr Kellerman sieht uns nur mit geöffnetem Mund nach.
Verdient.

Ich klatsche mich vor der Tür mit Alan ab, wo Mads noch auf uns gewartet hat. "Nachsitzen!", höre ich nur aus dem Raum schallen, was uns alle zum lachen bringt. Und schon setzen wir unseren Weg den gnag hinunter fort, wo Harper steht.

THE DOOR BETWEEN USWo Geschichten leben. Entdecke jetzt