Kapitel 15 - Juna

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Ich schlug meine Augen auf. Irgendetwas war anders als sonst. Ich wollte mich bewegen, aber etwas schweres war auf meinem Arm. Dann kam mir blitzschnell die Erinnerung von dieser Nacht zurück. Alenia war bei mir. In meinem Bauch kribbelte es. Ich blinzelte. Die Sonne fiel durch das Fenster in den Raum und beleuchtete ihn ein bisschen. Dann schlug ich die Augen auf und sah Alenia schlafend an mich gekuschelt vor mir. Ihre Hand hatte sie auf meinen Bauch gelegt und sie war mit dem Oberkörper zu mir gedreht. Sie sah hübsch aus. Und so friedlich. Eine Strähne war ihr ins Gesicht gefallen. Und sie hatte immer noch die Kleidung an, die ich ihr ausgeliehen hatte. Wir hatten gestern doch noch tatsächlich alle 13 Folgen des Animes bis in die Nacht geschaut. Wir hatten beide nicht aufhören wollen. Es hatte mich gefreut, dass Alenia der Anime so gut gefallen hat. Wir hatten zwar nach dem Ende der letzten Folge nicht mehr miteinander darüber gesprochen, weil wir beide zu müde waren, aber dass sie alle 13 Folgen mit mir auf einmal angesehen hatte, sprach wohl für sich?

Ich versuchte mich ein wenig zu bewegen, ohne Alenia dabei aufzuwecken. Mein Arm war eingeschlafen. Trotzdem war es die schönste Art, wie ich seit langer Zeit aufgewacht war. Ich dachte daran, wie Alenia plötzlich vor meiner Tür stand und mich total durcheinander gebracht hatte. Irgendwie war es schön, dass sie nach der Sache im Schwimmbad zu mir wollte.

Alenia neben mir bewegte sich. Meine Aufmerksamkeit lag sofort wieder auf ihr. Sie schlug ihre Augen auf. Mein Herz schlug schneller. Als sie meinen Blick fand, setzte mein Herz für einen Moment aus. Sie sah so wunderschön aus.

»Guten Morgen«, flüsterte ich.

»Guten Morgen, Juna«, flüsterte sie mit solch einer Intensität zurück, dass ich Gänsehaut bekam, obwohl mir am ganzen Körper warm war. »Wir haben gestern tatsächlich ganze 13 Folgen geschaut. Ich kann es immer noch nicht glauben. Das ist mir noch nie passiert.«

»Hat es sich denn gelohnt?«

»Definitiv. Das war ein wirklich schöner Anime. Und ihn mit dir zu sehen, war nur umso schöner.«

Ich lächelte Alenia an. »Das Gleiche kann ich guten Gewissens auch zu dir sagen.«

Nun lächelte Alenia und sie setzte sich auf. Ich tat es ihr gleich. »Tut mir leid, dass ich dich jetzt so lange belagert habe«, sagte sie aber trotzdem.

»Ach nein, ich fand es schön.« Mein Magen knurrte. Ich lachte. »Wollen wir was essen? Wir haben gestern nicht einmal mehr etwas zum Abend gegessen. So langsam macht sich mein Hunger wirklich bemerkbar.«

»Klar, wenn du mich nicht schon so langsam loshaben willst.«

»Wieso sollte ich? Also komm.« Ich stand auf. »Ich ziehe mich nur schnell um.«

Also ging ich in meinen Kleiderschrank. Was sollte ich nur anziehen? Auf jeden Fall etwas hübsches. Aber es sollte nicht zu hübsch sein. Ich wollte schließlich nicht übertreiben. Ich brauchte länger als sonst, bis ich etwas fand, mit dem ich zufrieden war. Ich zog mich um und ging wieder zurück zu Alenia, die sich mittlerweile auch wieder das angezogen hatte, mit dem sie gestern vor meiner Türe stand. Wir gingen zusammen runter in die Küche. Meine Eltern saßen am Tisch. Überrascht sah ich sie an. Ich hatte gar nicht daran gedacht, dass sie heute zu Hause waren und nicht arbeiteten. War aber dumm. Schließlich war Sonntag und ich musste auch nicht zur Schule. Ich fasste mich schnell wieder.

»Guten Morgen. Das ist Alenia, die Freundin in meiner neuen Klasse, von der ich euch schon erzählt habe und die mir Nachhilfe in Mathe gegeben hat. Alenia, das sind meine Eltern«, stellte ich die drei sich gegenseitig vor. Alenia richtete nervös ihre Haare und strich ihren Rock glatt.

»Hallo«, sagte sie so schüchtern, wie ich sie noch nie erlebt hatte.

»Hallo, Alenia. Schön, dich kennen zu lernen. Ich bin Karin.« Meine Mutter lächelte Alenia freundlich und aufgeschlossen an.

»Und ich heiße Peter«, stellte sich nun auch mein Vater vor.

»Wollt ihr mit uns essen? Wir sind gerade vom Bäcker heim gekommen. Wir haben genug, so dass auch für Alenia was da ist.«

Alenia sah erst meine Mutter, dann mich unsicher an. »Wenn es keine Umstände macht«, sagte sie zögernd.

»Macht es nicht! Setzt euch. Ich hole noch einen Teller«, meinte meine Mutter, stand auf und ging an den Schrank. Alenia und ich setzten uns hin. Meine Mutter brachte den Teller und wir fingen zu viert an, zu essen. Wie lange es her war, seitdem wir das letzte Mal zu viert an diesem Tisch gesessen hatten zum Frühstücken. Ich schluckte und versuchte, meine Gedanken an Luke keinen Raum zu geben.

»Hat Alenia hier übernachtet? Davon haben wir ja gar nichts mitbekommen«, meinte meine Mutter und sah uns interessiert an. Auch mein Vater richtete nun seine volle Aufmerksamkeit auf uns.

»Ja, wir haben gestern einen Anime angefangen, zusammen zu schauen und der war so gut, dass wir uns davon nicht losreißen konnten und irgendwie haben wir dann mitten in der Nacht die letzte Folge beendet. Also ist Alenia spontan einfach hier über die Nacht geblieben.«

»Ach wie schön!«, meinte meine Mutter begeistert und bestrich ihren Semmel mit Butter.

Nach dem Essen, gingen wir zusammen ins Bad. Alenia machte ihre Haare. Ich putzte mir die Zähne.

»Ich würde dann jetzt auch so langsam gehen. Ich war sowieso schon viel länger als geplant unterwegs«, meinte Alenia schließlich.

»Klaa, wa schön mid dir.« Ich spuckte die Zahncreme aus und spülte meinen Mund mit Wasser aus.

Wir gingen zusammen in mein Zimmer. Dort holte Alenia ihre Tasche. Dann verabschiedete sie sich noch von meinen Eltern. Schließlich standen wir vor der offenen Haustür. Alenia ging auf die Zehenspitzen, schlang ihre Arme um meinen Hals und drückte sich an mich. Ich legte meine Arme an ihren Rücken und drückte sie zu mir. Die Umarmung ging lang. Trotzdem lösten wir uns für meinen Geschmack wieder viel zu schnell voneinander.

»Also dann bis bald mal wieder.« Alenia nahm ihre Tasche, winkte, lief die Treppen herunter und drehte sich noch einmal zu mir um. Ich winkte zurück. Sie lächelte mich an und ging dann ganz.

Wenn wir uns sehen könnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt