Kapitel 19 - Juna

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Sorgfältig schminkte ich Alenia auf dem Balkon vom Hotelzimmer für den zweiten Messetag. Während ich mit dem Pinsel das Make-Up auf Alenias Gesicht auftrug, sah sie mich an. Der Blick war durchdringend und intensiv. Ich versuchte, mich davon nicht ablenken zu lassen. Ich legte den Pinsel weg und umrandete nun Alenias Lippen. Ich mochte die Form von ihnen. Elegant geschwungen und leicht voll. Allgemein hatte Alenia ein echt schönes Gesicht. Und einen ebenso schönen Körper. Ich legte den Stift weg und nahm nun den Lippenstift, der Alenia so gut stand. Den könnte sie auch gut im Alltag tragen. Er war heller als die Farben, die sie normalerweise trug.

Ich beugte mich leicht vor und trug ihn ihr auf. Diese Nähe machte mich verrückt. Mein Herz schlug schneller. Ich bekam Gänsehaut, als mein Handrücken Alenias Wange strich. Ich versuchte, mir davon nichts anmerken zu lassen und machte weiter. Als ich fertig war, warf ich einen Blick auf Alenias Hände. Sie lagen auf ihren Oberschenkeln. Die Handschuhe hatte sie noch nicht an. Bei näherem Betrachten, bemerkte ich ihre Gänsehaut. Lag es an der noch frischen Morgenluft?

»Machst du dir die Wimperntusche wieder drauf? Oder sollen wir damit noch warten, bis Feline und Maila von den beiden Spiegeln weg sind? Oder soll ich dir die drauf machen?«

»Ich kann das schon probieren. Ist nicht mein erstes Mal ohne Spiegel.«

»Aber bitte runiere dann nicht das Make-Up.«

»Natürlich nicht!« Alenia grinste mit funkelnden Augen. Ich gab ihr die Wimperntusche. Während sie diese auftrug, öffnete ich Instagram auf meinem Handy. Ich ging die Benachrichtigungen durch. Nach dem ersten Messetag hatte ich erstaunlich viele neue Follower dazu bekommen. Ich öffnete die oberste Privatnachricht.

Glückwunsch zu den 10k!

Verwirrt las ich die Nachricht noch einmal. 10k? Was meinte die Person damit? Dann dämmerte es mir. 10.000 Follower. Ich überprüfte meine Vermutung. Und tatsächlich. Ich hatte doch jetzt wirklich diese Zahl voll. Ich strahlte Alenia an. Verwirrt ließ sie die Maskara sinken.

»Was ist?«

»Ich habe die 10.000 Follower voll«, hauchte ich. Alenia sah mich perplex an. Dann strahlte auch sie. Sie stand auf und umarmte mich fest, erdrückte mich schon fast. Ich schlang meine Arme um ihren Körper. Dann sah sie mir in die Augen, behielt aber ihre Hände an meinem Körper.

»Glückwunsch. Die hast du dir verdient. Und noch so viel mehr.«

Ich lächelte nur. Ein danke brachte ich nicht heraus. Wir waren uns viel zu nah. Mein Atem stockte. Unsere Lippen trennten uns nur ein paar Zentimeter. Und verdammt, es war gleichzeitig zu wenig, aber auch zu viel. Alenia wich nicht von mir. Die Luft zwischen uns hatte sich aufgeladen. Sie kam mir noch näher, wie auch immer sie das schaffte. Sie sah mir fragend in die Augen. Dann auf die Lippen. Mir wurde heiß. Was wurde das gerade? Sie sah mir wieder in die Augen. Eine unausgesprochene Frage machte sich zwischen uns breit. Ich hielt es nicht weiter aus. Entweder brauchte ich jetzt Abstand. Oder das komplette Gegenteil. Etwas dazwischen konnte ich nicht mehr standhalten. Ich überwand die letzten Millimeter und legte meine Lippen auf Alenias. Sie wich nicht zurück. Nein, ganz im Gegenteil. Sie erwiderte den Kuss. Ich schloss die Augen und zog sie näher an mich. Alenia seufzte leise, unterbrach aber nicht unseren Kontakt. Stattdessen schlang sie nun die Arme um meinen Hals. Mir war die ganze Zeit über nicht bewusst, wie sehr ich das hier wollte. Aber jetzt wusste ich es. Ich wollte verdammt nochmal diesen Kuss. Diesen Kuss von Alenia. Und es fühlte sich so richtig an.

Wir gingen wieder auseinander. Der Körperkontakt fehlte mir sofort. War das gerade wirklich passiert?

»Äh, da habe ich jetzt wohl deinen Lippenstift verschmiert. Sorry. Setz dich wieder. Ich mach den neu«, sagte ich verwirrt, um die Stille zu füllen, und errötete. Alenia nickte sichtlich überfordert und setzte sich hin. Mit zitternden Händen zog ich ein Abschminktuch aus der Box. Verunsichert hielt ich es Alenia hin. Wie würde das denn jetzt rüber kommen, wenn ich selbst das tat?

Wenn wir uns sehen könnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt