Teil 12 Etwas beginnt - Julian und Ronja II

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Am nächsten Tag wollte er bei seinen Kindern bleiben, wollte sie auch nicht zur Schule schicken. Sie mussten sich zu dritt klar werden, wie es weiterging.

Er rief in der Kanzlei an, um Carina Bescheid zu geben.
„Sie haben aber heute einen Termin in der JVA, der Fall von Frau Steinmann! Die Kollegen sind belegt!" wandte die Sekretärin ein.

Julian überlegt kurz. „Ist Ronja schon da?" fragte er dann.
„Ja! Sie werkelt mit tausend verschiedenen Geräten im Archiv herum!" gab Carina Auskunft.
„Hol sie!" bat er.

„Karlson!" meldete sich Ronja kurz darauf.
„Hallo, Räubertochter! Du musst heute für mich in die JVA. Es ist nur ein Vorgespräch, das packst du!" wies er sie an. „Die Akte liegt auf meinem Schreibtisch!"
In ihrem Kopf tickerte es. „Warum machen wir keine Konferenzschaltung?" schlug sie vor.

„Eine was?" fragte er.
Ronja lachte. „Also, da malt ein Bote ein Bild von mir und der Klientin und schreibt in Keilschrift einen Text dazu. Dann setzt er sich auf sein Pferd, reitet zu dir, du schaust das Bild an, liest den Text, er malt ein Bild von dir, schreibt auf, was du gesagt hast und reitet zurück zu mir! Kannst du mir folgen?"

Julian lachte Tränen. „Ja, wenn ich es so erklärt bekomme, begreife sogar ich das!"
„Gut! Und bei einer Videokonferenz brauchen wir den Boten nicht, sondern zwei Endgeräte. Anstelle des Pferdes nutzen wir Bits und Bytes!" sprach sie weiter.

„Und habe ich ein Endgerät?" fragte er.
„Ein Handy?" schlug sie vor.
„Kommt mir bekannt vor!" zog er sie auf.

Sie erklärte ihm haargenau, wie das Ganze ablaufen würde. Nebenbei hörte er sie tippen.
„Gut! Verstanden! Vorerst zumindest! Aber da brauchen wir eine Sondergenehmigung vom Staatsanwalt!" gab er zu bedenken.
„Hab ich schon!"

„Wie? Hast du schon?" Er verstand nicht, was sie meinte.
„Während meiner Nachhilfestunde für einen Neandertaler habe ich von meinem iPad aus dem Staatsanwalt getextet, ihm den Notfall erklärt, und er hat postwendend den Wisch geschickt!"

„Und wer unterschreibt den?" wollte Julian wissen.
„Elektronische Unterschrift? Schon mal gehört?" Mein Gott! Der lebte ja noch weiter weg als hinter dem Mond!

Julian stöhnte. Okay! Da würde er wohl den Schritt in die Neuzeit wagen müssen! Der kleine Kobold würde ihn sonst ins kalte Wasser werfen und eiskalt absaufen lassen, wenn er sich sperrte!

„Gut! Dann machen wir das so! Du rufst mich aber noch mal an und erklärst mir alles in Kurzform! Nur zur Sicherheit!" bat er.

„Ich kann also wirklich anrufen? Ich muss nicht morsen?" fragte sie zur Sicherheit.
„Nein! Telefonieren packe ich!" versicherte er und legte auf. Er schüttelte den Kopf. Die Kleine war gut drauf!

In ihren Papieren hatte er gelesen, dass sie Jura und Informatik parallel studierte, in beiden Fächer Bestnoten hatte! Daneben sprach sie Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch fließend, hatte in allen vier Sprachen Übersetzerdiplome.

Sicherheitshalber hatte er ihr Geburtsdatum überprüft, nicht dass er sich verrechnet hatte. Aber nein! Sie war 22! Nach dem Praktikumsjahr hatte sie noch zwei Semester, um den Master zu erreichen, den Bachelor hatte sie schon!

Er stand auf, fühlte sich gut! Seltsam! Die Sorgen, die ihn vorhin noch so niedergedrückt hatten, waren viel leichter geworden. Er rief in der Schule an, meldete seine Kinder krank. Es war sowieso die letzte Woche vor den Ferien.

*

Ronja rieb sich die Hände. Das Match hatte Spaß gemacht! Sie liebte es, mit intelligenten Menschen die sprachlichen Messer zu kreuzen! Das gefiel ja auch dem Professor so an ihr, der ihr eine große Zukunft als Anwältin vor Gericht vorhergesagt hatte.

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