Teil 39 Die nächsten Jahre - Luca und Anna II

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Anna flog durch ihre Arbeitstage. Sie strahlte trotz des harten Jobs eine unheimliche Lebensfreude aus.

Dr. Holger Bentwitz, ihr Chef wunderte sich. Seine beste Mitarbeiterin nahm plötzlich Urlaub, feierte Überstunden ab, war nur lächelnd und lachend zu sehen.

„Eine neue Liebe?" neckte er sie, als sie wieder einmal am Imbissstand ein paar Burger verspachtelten.
„Ja!" sagte sie leise.
Holger sah in die Ferne, sah an ihr vorbei. „Und was hat er, was ich nicht hatte?" fragte er, obwohl er diese Frage niemals hatte stellen wollen.

Sie zuckte mit den Schultern. „Meinst du, Liebe lässt sich so erklären? Der eine hat das, den liebt man. Der andere hat das nicht, deshalb möchte man mit ihm befreundet sein?"

Dr. Bentwitz schämte sich. Seit langem bot sie ihm ihre Freundschaft als Geschenk, und sie tat das nicht bei vielen.
„Entschuldige bitte, Anna!" sagte er geknickt.
„Passt schon!" Sie schlugen sich ab.

Lucas Doktorarbeit sorgte für eine Menge an Aufmerksamkeit. Sie wurde als Buch veröffentlicht, seine Thesen wurden allerorts diskutiert.
Sogar in eine wichtige Talkshow wurde er eingeladen. Anna saß im Publikum.

Der Moderator stellte ihn kurz vor als Erben eines gigantischen Vermögens, als Nachfolger seines Vaters.
„Ihr Buch, ihre Doktorarbeit trägt den provokanten Titel „Verdient?". Erklären Sie uns doch mit ein paar Sätzen, worum es Ihnen geht!" bat er.

Luca lächelte versonnen. „Mit ein paar Sätzen? Also gut, ich versuche es. Ich war 24 Jahre lang ein schwerreicher Sohn eines noch reicheren Vaters. Ich fuhr schnelle Autos, feierte Partys, flog in die Paradiese der Welt. Doch womit hatte ich das verdient? Womit hatte mein Vater seine Kohle verdient?

Mit Glück! Geschaffen haben es die Arbeiter und Angestellten in unseren Betrieben. Sie hatten es verdient, für uns. Aber es hätte wenig Sinn, unser Vermögen an die Arbeiter zu verteilen. Es sind zu viele, für den Einzelnen würde nicht viel bleiben. Außerdem verdienen die Leute bei uns ganz ordentlich.

Aber es gibt viele in der Mitte unserer Gesellschaft, die haben ein Schicksal, das sie auch nicht verdient haben. Sie leben auf der Straße oder in verschimmelten oder zu kleinen Wohnungen, wissen nicht, wie sie am nächsten Tag satt werden sollen. Die Kommunen tun, was sie können, aber das Geld reicht hinten und vorne nicht.

Wenn nun die Superreichen und vielleicht auch die Reichen, etwas von dem Geld, das sie nicht verdient haben, abgeben würden an die, die diese Schicksale nicht verdient haben, hätten die Kommunen Geld übrig, das sie investieren könnten, was wiederum der Wirtschaft zu Gute käme. Eine ganz logische Win-Win-Situation, eigentlich reine Algebra."

Luca setzte sich zurück, versuchte die langen Beine unterzubringen.
Im Publikum war es eine Weile still, dann brandete Applaus auf, der nicht von den Anheizern ausgelöst worden war.

Anna schmolz vor Stolz und Liebe fast dahin.
Der Moderator suchte nach Worten. Der junge Mann hatte ihn ziemlich geflasht. Sein Markenzeichen war eigentlich, dass er seine Gäste verunsicherte, aufs Glatteis führte, mit subtilen Fragen nervös machte.

Aber bei dem jungen Dr. Luca Wissmann verspürte er nicht die geringste Lust dazu.
Er räusperte sich. „Sie haben Ihre Arbeit und Ihr Buch einer Anna gewidmet, der Liebe ihres Lebens. Ist die Geschichte noch aktuell?"

Luca lachte. „Aktueller denn je! Wir werden in einem Monat heiraten. Vor ein paar Tagen hat sie meinen Heiratsantrag angenommen."

Er warf einen Luftkuss in die Richtung, in der er sie vermutete. Wegen der starken Scheinwerfer konnte er sie nicht wirklich sehen. Sie wischte sich ein paar Tränen aus den Augen.
Der Moderator fand Spaß an der Liebesgeschichte. „Sie schreiben, sie hätte Sie aufgeweckt?"

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