Teil 2 Etwas beginnt - Robin und Kira II

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„Komm!" sagte er nur zu Kira und zog sie hoch. „Die scheinen eh alles über uns zu wissen! Haun wir ab!"
Sie schnappte sich ihre Jacke.

Natürlich! Eine sexy Bikerjacke! dachte er. Ein weiter Flanellmantel hätte es auch getan!

Er schlüpfte in ein ähnliches Modell, bemerkte in sich hineingrinsend ein leichtes Blitzen in ihren Augen. Was du kannst, kann ich auch, Lady! dachte er. Gut, dass ich mich heute für die knallenge Jeans entschieden habe und das knappe Shirt.

Kira wurde sich schon bewusst, dass sie mit dem Feuer spielte, als sie neben ihm nach draußen lief. Er sah wirklich ultraheiß aus!

Sie wusste nicht, was genau sie so fasziniert hatte an ihm in den letzten Jahren. Aber sie hatte auf jedes seiner Konzerte gemusst, das für sie erreichbar war, ob sie nun gerade in einer Beziehung steckte oder nicht.

Einer ihrer Freunde hatte sogar Schluss gemacht, weil sie nicht nachgegeben hatte. Aber das war eh ein ziemlich verknöcherter Typ gewesen.

„Gibt es noch irgendwo etwas zu essen?" fragte er vor der Halle.
Sie lachte. „In Regensburg? Um 11 Uhr nachts? Schwerlich! Höchstens an einem Imbiss! Döner oder so!"

„Okay! Passt! Also Döner! Hast du ein Auto hier?" fragte er.
„Ja, klar!" Sie führte ihn zu ihrem Wagen, der mittlerweile einsam und allein auf dem riesigen Parkplatz stand.

Er pfiff durch die Zähne. „Heiße Kiste!" sagte er bewundernd. Er musste sich zwar etwas zusammenfalten, um in dem Flitzer Platz zu finden, aber er schaffte es. „Für Liebesspiele jetzt nur bedingt geeignet, aber flott!"

Sie grinste wieder. „Für Liebesspiele benutze ich lieber mein Bett!" konterte sie und erschrak ein bisschen. Das war sogar für ihre freche Klappe ein wenig too much!

„Gut zu wissen!" zog er sie auf. Er versuchte, nicht auf das Stück Haut zu starren, das zwischen ihren sexy Strümpfen und dem Rock sichtbar war. Er versuchte, seinen Blick auf ihrem perfekten Profil zu lassen oder höchstinteressiert in die dunkle Nacht zu starren.

Kira musste sich sehr konzentrieren, um sich an den Weg zur Innenstadt zu erinnern. Sein Aftershave passte hervorragend zu ihm. Sie liebte gute, teure Männerdüfte. Sie liebte auch muskulöse Oberschenkel in engen Jeans, genauso wie breite Männerschultern in schwarzen Lederjacken.

Und sie liebte Grübchen, wenn ein hübscher Kerl lächelte!

Irgendein Geist hatte sie ins Parkhaus geleitet, hatte sie einparken lassen. Sie selbst hatte nicht die geringste Erinnerung daran, wie sie hierhergekommen waren.

Schnell sprang sie aus dem Wagen, froh seiner direkten Nähe entkommen zu sein.
Ähnlich fluchtartig verließ Robin das Auto, atmete tief ein, als wäre die stinkende Parkhausluft reiner Sauerstoff.

Ihr dezentes Parfum hatte die Lüftung direkt zu seiner empfindlichen Nase geweht, und er liebte gute, dezente Düfte bei Frauen.

Locker liefen sie nebeneinander her durch die Altstadtgassen.
„Wie bist du zum Schreiben gekommen?" fragte er nach einer Weile.

„Ich habe als Zehnjährige angefangen, Agatha Christie zu lesen. Mir hat es imponiert, wie sie immer alles komplett auflöste, für jeden Handlungsstrang eine Erklärung gab. Danach war Edgar Wallace dran, der das nicht ganz so gut beherrschte.
Von den anderen Autoren wurde ich immer mehr enttäuscht. Wenn der Held in einer vollkommen aussichtslosen Lage war und auf der nächsten Seite fröhlich durch die Stadt marschiert ist, habe ich das Buch in die Ecke gedonnert! Oder wenn am Ende ein Mörder auftauchte, von dem man vorher nicht das Geringste erfahren hatte. Dann habe ich versucht, es besser zu machen. Als der Germanistik-Professor uns im zweiten Semester nach eigenen Werken gefragt hat, habe ich ihm mein erstes Baby gezeigt.
Am nächsten Tag hat er mir erzählt, dass er es einem mit ihm befreundeten Lektor geschickt habe, und einen Monat später hatte ich einen Vertrag."

Sie sah Robin ernst an, der sie nicht eine Minute aus den Augen gelassen hatte.
„Da warst du 20, 21?" fragte er ungläubig.
„19!" antwortete sie etwas peinlich berührt. „Ich hab die Schule ein wenig schneller durchgezogen!"

Er schüttelte lachend den Kopf. Die Lady war echt ein Brett!
„Ich habe alle sechs Bände gelesen!" gestand er. „Und die Filme alle im Kino gesehen. Ich bin eigentlich schwer verliebt in die Kommissarin!" Er sah sie von der Seite an. „Also, in die aus den Büchern. Für die Filme hätte ich anders besetzt."

„Ich auch!" Das war etwas, das immer noch an ihr nagte. Ihre Heldin war eine zierliche, taffe Blondine, die ihre Fälle mit Charme und Herz löste. Im Film war sie zu einer 1,80 m großen, ziemlich kräftigen Person geworden, der man nicht alles, was sie sagte, abnahm. Vor allem nicht die verliebten Männer, die ihren Weg säumten.

„Du hättest sie spielen sollen. Dir hätte man die Herzensbrecherin abgenommen!" erklärte er voll überzeugt.
Sie sah ihn überrascht an. „Dankeschön!" brachte sie nur heraus.
Na, Kira? Wo ist deine Schlagfertigkeit hin?
dachte sie.
„Das war kein Kompliment. Das war nur eine Feststellung." erklärte er.

„Na, Gott sei Dank!" antwortete sie. „Ich hab schon geglaubt, du willst mir schmeicheln."
„Weil du das auch nötig hast!" kam prompt zurück. Er sah sie mit blitzenden Augen an. „Wieder nur eine Feststellung."
Je länger er mit ihr durch die Straßen lief, je länger er sich mit ihr unterhielt, desto gelöster wurde er. Die prickelnde Erotik, die von ihr ausging, ließ ein wenig nach, er konnte sich besser auf Worte konzentrieren.

Er fühlte sich verdammt wohl neben der hübschen, intelligenten Schriftstellerin.

Dann kamen sie beim Dönerstand an, der gerade schließen wollte. Robin brach fast zusammen. Sein Magen führte sich auf wie ein böser Wolf. Vor dem Konzert aß er nie, danach hatte er nur ein paar Bissen erwischt, bevor er mir der Schönheit geflüchtet war.

Er stellte sich bittend vor den Verkäufer, hoffte, der würde ihn erkennen, würde Gnade zeigen. Doch der sah ihn nur kopfschüttelnd an.

„Komm, Yavuz! Stell dich nicht so an. Ein paar Brocken wirst du schon noch zusammenkratzen können!" Kira lachte den Imbissbetreiber an, in dessen Gesicht ein Licht aufging.

„Kira! Sonne meines Lebens!" jubelte er. „Für dich schlachte ich doch gleich einen ganzen Hammel!"
„Nö, das braucht es nicht. Gib uns einfach das, was du heute noch verspachteln wolltest. Da werden wir beide locker satt!" zog sie den korpulenten Mann auf.

„Nur wenn du mir schwörst, dass du mich heute Nacht nicht mit dem Typen neben dir betrügen wirst."
„Das schwöre ich dir, Yavuz!" erklärte sie lachend und hoffte ein ganz kleines bisschen, dass sie den ersten Meineid ihres Lebens abgegeben hatte.

Robin verfolgte das Geplänkel belustigt und hoffte mehr als ein ganz kleines bisschen, dass sie gelogen hatte.
Yavuz rollte zwei dick gefüllte Dönerfladen. „So! Bitte schön! Geht aufs Haus. Ich kann ja schlecht etwas verlangen, wenn ich mein Abendessen mit zwei Bedürftigen teile." Er stellte sich dazu, mampfte die Reste.
Er öffnete drei Bierdosen, Robin hasste Bier, aber noch nie hatte er etwas Besseres getrunken.

„Und? Wie war das Konzert?" fragte der Türke arglos.

„Sehr gut!" antwortete Kira.
„Da hast du den da aufgegabelt?" Yavuz zeigte mit dem Kinn auf Robin.
Sie prustete los. „Ja! Sozusagen! Er ist der Sänger!"

„Aha!" Yavuz musterte Robin eindringlich. „Der, auf den du so stehst?"
Jetzt wurde sie etwas verlegen, Robin spitzte die Ohren.

Na, das war ja mal ein interessantes Gespräch! Er verschränkte die Arme vor der Brust, ließ sie nicht aus den Augen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.
„Hm! Also dann, danke für die Armenspeisung!" Schnell zog sie Robin weiter.

„Was genau heißt: Hm?" fragte er an der nächsten Straßenecke.
„Such dir's aus!" antwortete sie.
„Okay! Dann nehme ich: Ja, wie verrückt!" Sein freches Grinsen gefiel ihr, sie gab es ihm in gleicher Münze zurück.

„Ja! Genau! Verrückt! Das passt gut!" Lachend liefen sie weiter. „Wo willst du eigentlich jetzt hin?" fragte sie nach einer Weile.
„Egal! Ich laufe dir halt mal nach!" gab er zurück.
„Tanzen?" schlug sie vor.
„Klar!" Ihm war alles recht, so lange sie neben ihm war. Und tanzen war ja nicht das Schlechteste dafür.



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