Teil 15 Etwas beginnt - Julian und Ronja V

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Als seine Augen wieder trocken waren, wählte er ihre Nummer.

„Hast du die Nachricht ganz alleine geöffnet? Wow! Du machst dich!" begrüßte sie ihn.
„Ich habe den Informatik-Notdienst angerufen. Die haben mir einen Boten auf einem Pferd vorbeigeschickt!" konterte er.

„Das war aber ein verdammt schnelles Pferd!" parierte sie.
„Pegasus persönlich! Verdammt darfst du aber in Zukunft nicht mehr sagen, sonst gewöhnen sich meine Kinder daran!" Und mit diesem Satz hatte er etwas geschafft, was er nicht für möglich gehalten hatte! Sie war sprachlos!

„Ronja? Bist du noch dran?" fragte er nach einer Weile.
„Ja!" flüsterte sie.

„Ich hole dich ab! Bleib, wo du bist! Rühr dich nicht von der Stelle! Pack ein paar Sachen fürs Wochenende ein, ja?"

„Wie soll ich packen, ohne mich von der Stelle zu rühren?" fragte sie, und er hörte das Lächeln in ihrer Stimme.
„Gott sei Dank! Sie quatscht wieder!" sagte er, beendete das Gespräch und raste zu seinen Eltern.

„Ich hole sie! Machst du bitte das Gästezimmer fertig?" bat er seine Mutter, während er Schuhe anzog.

„Das habe ich heute Vormittag schon gemacht!" gestand sie lächelnd.
Er hielt kurz inne, sah sie verwundert an.

„Meinst du, uns ist nicht aufgefallen, wie oft du in den letzten Tagen „Ronja" gesagt hast? Ronja hat gesagt! Ronja meint auch! Ronja kann dies! Ronja kann das! Ronja war einmalig heute vor Gericht! Ronja kann vielleicht quatschen! Ronja lacht immer!"

Er grinste. Dass ihm das so deutlich anzumerken war, dass er über beide Ohren verknallt war in die süße Räubertochter, die er aber so nicht nennen durfte? Dass er sich nach ein paar Wochen mit ihr eine Zukunft ohne sie kaum noch vorstellen konnte?

Doch er hatte Panik gehabt, noch eine Frau an sich zu binden, noch ein Leben zu zerstören!

Bis sie ihm diese Nachricht geschickt hatte, mit der sie um Trost von ihm flehte! Weil sie sicher war, dass er ihn ihr geben konnte! Sonst hätte sie ihm nicht ihre Seele so geöffnet!
Sonst hätte sie nicht ihren Schutzpanzer aus Lachen, Hilfsbereitschaft, Quatschen vor ihm zerbrochen!

Er glaubte nicht, dass sie schon einmal jemandem ihr Innerstes so ausgeliefert hatte.
Bei ihm hatte sie es getan! Weil? Weil? Weil?
Weiter wagte er nicht zu denken!

Als sie aufgelegt hatte, stürzte sich Ronja auf ihren Kleiderschrank, suchte sich die schönsten Sachen heraus. Dann noch Wandersachen, ein kleines Schwarzes, ihren Morgenmantel, Wäsche, ein Nachthemd. Als sie den Berg auf dem Bett liegen sah, musste sie lachen. Er würde glauben, sie wollte bei ihm einziehen!

Sie holte ihre Reisetasche, sortierte ein paar Teile aus, presste den Rest fest zusammen, damit es nicht nach so viel aussah.
Plötzlich stockte sie. Wochenende?

Heute war Sonntag! Hatte er sich so bei den Tagen geirrt? Sie schüttelte verwundert den Kopf.
Dann klopfte sie am Zimmer ihrer Tante.
„Ich fahre ein paar Tage weg!" sagte sie. „Julian holt mich ab!"

Die Tante lächelte. Sie hatte zwar darauf geschaut, dass die Nichte nicht zu früh etwas mit Männern anfing und auch nicht mit zu vielen, aber mittlerweile war sie 22, ein sehr vernünftiges gutes Mädchen. Sie musste ja nicht enden wie sie selbst.

„Aha!" sagte sie. „Julian! Endlich!"
„Wieso endlich?" fragte Ronja.
„Julian hat das gesagt! Julian hat das getan! Julians Kinder!"

Ronja grinste. So deutlich war es ihr anzumerken gewesen?
Da hörte sie sein Auto vorfahren.

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