Teil 7 Etwas beginnt - Tim und Judith II

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Lachend zogen sie durch die Straßen ihrer Stadt, in denen das Leben pulsierte. Auf dem Alexanderplatz ergatterten sie einen Tisch in einem angesagten Straßencafé.
Sie lachten auf dem ganzen Weg dorthin.

Über den dicken Hund, über das eisverklebte Gesicht eines Kleinkindes, über den Dönerverkäufer, der Kunden anziehen wollte.
Und beide wunderten sich darüber, dass sie so aufgedreht waren.

Aber es war Sommer in der Stadt, sie waren jung und frei, und sie fühlten, dass sie auf dem besten Weg waren, sich zu verlieben.
Da klingelte sein Handy.
Sabine! Natürlich!

Er sah Judith entschuldigend an, blieb aber sitzen und nahm das Gespräch an.
„Sag mal, wo bleibst du denn? Ich hocke jetzt seit einer halben Stunde hier und warte auf dich! Sind wieder einmal deine Bücher wichtiger als ich?" keifte sie so laut, dass Judith jedes Wort verstand.

Na, das war ja klar, dass der Typ nicht solo war! dachte sie. Sie kannte ihn ja kaum! Aber warum zwickte es so, dort, wo ihr Herz lag?
„Sabine!" Seine Stimme war ziemlich scharf, als er ihre Tiraden unterbrach. „Ich wollte es dir heute lieber persönlich sagen, aber es ist etwas dazwischen gekommen! Sabine, das mit uns klappt nicht mehr! Du weißt wie ich, dass wir nicht zusammen passen!"

Sie war tatsächlich einen Moment lang sprachlos. „Was? Du machst mit mir Schluss? Du spinnst wohl, du Bastard! Und was heißt das: Dir ist etwas dazwischen gekommen?" fauchte sie. „Du bist ein gottverdammter Feigling!"

„Nein, heute nicht! Ich war zwei Jahre lang ein gottverdammter Feigling, der sich von einer verzogenen Göre hat demütigen lassen! Und wenn du es unbedingt wissen willst: Ich habe eine Frau getroffen! Buchstäblich!" Damit beendete er das Gespräch. Er hatte Visionen von einer aufgedonnerten Blondine, der vor Wut Rauch aus den Nasenlöchern kam.

Judith sah ihn an. „Deine Freundin?" fragte sie leise.
„Meine Ex! Ich war eigentlich auf dem Weg, mit ihr Schluss zu machen, als mich eine hübsche Lady in Grund und Boden gerannt hat!" Er lächelte sie an.
Ein verdammt schönes Lächeln! dachte sie. Ein wenig schief, die Zähne blitzten durch, es sah süß aus!
Sie schüttelte den Kopf, um diese komischen Gedanken zu vertreiben! Süß! Ein Kerl von ca. 1 m 90 war nicht süß!

„Nein?" Er konnte das Kopfschütteln nicht richtig deuten.
„Was?" Sie verstand seine Frage nicht.
„Du hast den Kopf geschüttelt!" half er ihr auf die Sprünge.
„Ich? Ach so! Ja! Ich habe einen Gedanken weggeschüttelt!" Sie wusste nicht, warum sie ihm das sagte.

„Einen Gedanken weggeschüttelt?" Er fand ihre Ausdrucksweise reizend. „Verrätst du mir diesen Gedanken?" Seine Augen hielten die ihren fest.
„Ich habe gedacht, dass du süß lächelst! Aber ein so großer Kerl ist ja nicht süß, oder?" Ohne nachzudenken, hatte sie die Worte ausgeplappert.

Tim fasste nach ihrer Hand. „Nein! Nicht wirklich! Aber es gibt eine Ausnahme! Eine Frau dürfte mich direkt süß finden!"
Seine Augen blitzten vor Schalk. „Könntest du dir vorstellen, welche Frau das ist?" fragte er leise und ganz nah vor ihrem Gesicht.
„Vage!" antwortete sie und genoss seine Lippen auf ihren. Blitze durchzuckten sie, sie war an Zärtlichkeiten nicht mehr gewöhnt, gar nicht mehr! Aber das Gefühl war wunderbar.

Er streifte ihren Mund nur leicht und stand in hellen Flammen.
O Gott! So erregt war er schon lange nicht mehr!
Unwillig löste er sich von ihr, fuhr die Konturen ihres Gesichtes mit dem Daumen nach.
Die Bedienung brachte den Kaffee, sah ihn frech an. „Na, Tim? Wo ist denn Sabine?"
„Ruf sie an und frag sie!" schlug er vor.

Die kleine Studentin gehörte zu Sabines äußerem Ring aus Kometen, die um die Bankierstochter kreisten, und für die ab und zu ein paar Brosamen abfielen. Mal ein paar abgelegte Klamotten, mal ein paar Joints, mal eine Party mit sehr wichtigen Leuten.

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