Lucy war traumatisiert. Sie weinte nicht mehr, ihre Tränen trockneten. Sie war wie erstarrt.
Nun schallte wieder Voldemorts Stimme über das gesamte Gelände:
„Ihr habt tapfer gekämpft. Ich gebe euch eine Stunde, um eure Opfer zu bergen und die Verwundeten zu versorgen. Harry Potter jedoch gebe ich in dieser einen Stunde Zeit, sich im Verbotenen Wald mir zu stellen. Wenn er sich mir freiwillig ausliefert, wird der Kampf eingestellt werden. Wenn nicht, würden alle, die sich im Kampf für ihn einsetzen, ihr Leben lassen. Ich gebe euch eine Stunde."
Hermine und Ron sahen Harry schockiert an. Lucy war gerade noch dabei Snapes Tod zu verarbeiten, dass sie vergaß, dass der Krieg noch nicht vorbei war. Harry war immer noch in Gefahr. Schockierend genug, dass sie Snape verlor, sie musste damit rechnen, auch noch Harry zu verlieren.
Sie wirkte immer noch erstarrt und konnte die Worte, die Voldemort sagte, nicht richtig in ihrem Kopf aufnehmen.
Hätte Harry sie nicht an die Hand genommen, um ins Schloss zurückzukehren, hätte sie noch Stunden neben Snape verbracht. Sie starrte vor sich her und lief stillschweigend mit zum Schloss.
Wieder, wie nach Sirius' Tod damals, hatte sie einen Tunnelblick. Sie war gefangen in ihrer Trauer, gefangen in dem Moment, als Snape blutend und voller Schlangengift zu Boden fiel. Sie war machtlos und konnte nichts tun.
Lucy hörte Stimmen. Sie fand sich in der großen Halle wieder. Der Tunnelblick verschwand ein wenig und sie konnte ihre Umgebung wieder wahrnehmen.
Überall in der großen Halle waren Gefallene und trauernde Zauberer und Hexen. Ihnen ging es genauso wie Lucy. Dass Snape allein in der heulenden Hütte lag, mit Lucys Schulumhang bedeckt, machte es nicht leichter für sie. Niemand wusste, was er in Wahrheit für ein mutiger und kluger Zauberer war. Doch sie würde dafür sorgen, dass er anständig bestattet und nie vergessen werden würde. Jeder sollte die Wahrheit über Severus Snape erfahren.
Plötzlich sah Lucy Tonks und Remus Lupin unter den Gefallenen. Harry war bestürzt darüber. Lucy wusste, dass es nie seine Absicht war, das Leben seiner Freunde zu riskieren. Doch sie haben sich freiwillig zur Verfügung gestellt und freiwillig im Namen von Harry Potter gekämpft.
Lucy bekam Angst. Sie sah sich nach Draco um, doch sie konnte ihn nicht entdecken. Was eigentlich ein gutes Zeichen sein musste.
„Komm." sagte er bestürzt zu Lucy und nahm sie an die Hand. Die beiden verließen die große Halle und gingen auf direktem Weg zum Schulleiterbüro, wo sich das Denkarium befand.
Es wirkte verlassen. Genau wie der Rest des Gebäudes. Dieses vertraute Gefühl, dass sie einst hatte, als sie durch Hogwarts Gänge lief, war verloren. Das Schloss wirkte kühl und einsam.
Harry entleerte das Fläschchen mit Snapes Erinnerung in dem Denkarium. Er und Lucy tauchten ihre Köpfe hinein.
Sie sahen, dass Snape und ihre Mutter Lily sich bereits als Kinder vor der Zeit in Hogwarts kannten. Sie wohnten in der gleichen Nachbarschaft. Lucy sah aus wie Lily, nur die Haarfarbe war anders. Snapes Schmerz Lucy jeden Tag anzusehen und seine große Liebe vor sich zu sehen, konnte und wollte sie sich nicht vorstellen.
Severus und Lily verbrachten viel Zeit zusammen. Er erklärte ihr viel über ihre Magie und erzählte von Hogwarts und der restlichen Magischen Welt.
Sie sahen ihre Tante, Petunia, als Kind. Sie war damals schon so giftig wie heute. Man erkannte Neid in ihrem Verhalten. Sie beleidigte Lily als „Missgeburt", während Severus sie als „Muggel" beleidigte. Petunia schrieb sogar einen Brief an Albus Dumbledore, ob sie nicht ebenso die Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberer besuchen könne. Albus Dumbledore lehnte jedoch freundlich ab, da Muggel keineswegs Hogwarts besuchen konnten. Petunias Hass auf die magische Welt wurde immer größer. Das erklärte ihr Verhalten Harry all die Jahre gegenüber.
Die Szene veränderte sich. Mittlerweile waren Severus und Lily in Hogwarts eingetroffen. Während Lily dem Haus Gryffindor zugeteilt wurde, wurde Severus dem Haus Slytherin zugeteilt. Dies änderte jedoch die nächste Zeit nichts an ihrer Freundschaft. Severus glitt jedoch nach einigen Jahren ab. Lily kritisierte die schwarz-magischen „Scherze" von Severus' Freunden und warnte ihn, solch eine Magie anzuwenden. Als Severus Freunde sich offiziell als Todesser offenbarten, wurde der Konflikt zwischen Lily und Severus immer größer. Als Severus Lily als „Schlammblut" bezeichnete, war die Freundschaft endgültig vorbei. Trotz unzähliger Entschuldigungen, wollte Lily mit ihm nichts mehr zu tun haben. Severus rutschte immer mehr in die schwarz-magische Welt ab. Dort wurde er akzeptiert.
Severus belauschte Professor Trewlaney, als sie die Prophezeiung über Harry aussprach, was ihm damals jedoch noch nicht bewusst war. Er ging damit zu Voldemort, doch als dieser somit Lily und ihre Familie ermorden wollte, vertraute er sich Dumbledore an.
Er versprach Dumbledore alles, wenn er nur Lilys oder, wenn es sein müsste würde, auch das ihrer gesamten Familie schützen würde.
Als Lily und James starben, brach Severus zusammen. Er war von Schuldgefühlen geplagt worden.
In der Nacht als Harrys und Lucys Eltern starben, sprachen später Dumbledore, McGonnagall, Hagrid und Severus Snape miteinander.
„Nun, der kleine Harry kann in die Muggelwelt. Doch seine Zwillingsschwester Lucy in die Welt der Muggel zu stecken, wäre fahrlässig. Sie zeigt bereits jetzt Anzeichen alter Magie und wenn sie diese in der Muggelwelt offenbaren würde, ob beabsichtigt oder nicht, wäre das Geheimnis unserer Welt in Gefahr. Wir müssen einen anderen Platz zum Leben suchen."
„Ich nehme das Mädchen." sagte Severus zu Dumbledore ohne zu zögern.
Dumbledore sah ihn erstaunt an.
„Trauen Sie sich das zu, Severus? Ein Kind aufzuziehen ist wahrlich eine unfassbar schwierige Aufgabe."
„Ich konnte Lily nicht schützen. Ich werde aber ihre Tochter vor allem beschützen. Ich verspreche, dass ich nie wieder solch einen Fehler begehen werde. Bitte geben Sie mir diese zweite Chance."
„Es wäre eine Option. Wir sehen in den ersten Jahren oft vorbei und unterstützen Sie. Es ist kein Leichtes ein Kind großzuziehen." äußerte sich Professor McGonnagall.
„So sei es dann." sagte Dumbledore.
Dumbledore übergab Hagrid Harry und Severus Lucy.
Severus hielt die kleine Lucy in den Armen und sah in ihre grünen Augen.
„Es tut mir so leid, ich mache es besser. Ich werde alles tun, um dich und deinen Bruder zu schützen." sagte er und weinte.
Lucy und Harry sahen einige Erinnerungen aus Lucys früherer Kindheit.
Dumbledore und McGonnagall waren beinahe jeden Tag da und sahen nach ihr, doch irgendwann war Snape in die Vaterrolle hineingewachsen und sie kamen immer seltener vorbei.
„Was ist das, Severus?" fragte Lucy zu ihrem fünften Geburtstag.
„Das ist ein Zauberkessel. Ich denke, du bist alt genug, um jetzt das Tränkebrauen zu lernen." sagte er und übergab Lucy einen kleinen Kinder-Zauberkessel.
Lucy freute sich. Sie war schon immer fasziniert von Severus' Zaubertränken und sah ihm gerne dabei zu. Sie fand es spannend, wie viele verschiedene Tränke es gab, wie unterschiedlich sie aussahen und rochen.
In der nächsten Erinnerungen sahen sie, wie Severus und Lucy ihren neuen Kessel einweihten.
„Jetzt mischt du noch davon etwas rein und dann war's das." sagte Severus und gab ihr eine kleine Schale mit grünem Glibber darauf. Lucy gab etwas davon in den Kessel und er fing an zu brodeln.
„Ihhh, das stinkt." sagte Lucy und rümpfte sich die Nase.
„Weißt du, was wir jetzt gebraut haben?" fragte Severus sie.
Lucy dachte nach. Sie konnte sich mittlerweile merken, wie bestimmte Tränke rochen und aussahen.
„Ein Aufpäppelungstrank?" fragte die kleine Lucy.
„In der Tat. Das ist der Aufpäppelungstrank. Weißt du auch, was er kann?"
„Er macht gesund." sagte sie.
Severus nickte stolz.
Man sah nun Lucy und Severus einige Jahre später.
Lucy schien ungefähr acht Jahre zu sein.
„Darf ich Harry besuchen?" fragte Lucy.
„Du kennst die Bedingungen, nicht wahr? Du darfst ihm nichts sagen." erklärte Severus ihr.
Lucy nickte.
„Ich schweige wie ein Grab." sagte Lucy und rannte nach oben in ihr Zimmer, um Spielzeug zu Harry mitzunehmen.
„Nimm nicht so viel mit! Und denk daran: nichts, was auf die Muggel abschreckend wirken könnte!" rief Severus zu ihr rauf.
„Aber so viel langweiliges Spielzeug habe ich doch gar nicht!" rief Lucy hinunter.
Schlussendlich nahm sie einen kleinen Zauberer auf einem Besen mit. Er machte weder Laute, noch flog er alleine los. Eigentlich perfekt für die Muggelwelt.
Nun sahen Harry und Lucy, wie Severus sie zu Bett brachte.
Er las ihr eine Geschichte vor. Als die Geschichte vorbei war, stand er auf und legte das Buch weg. Offensichtlich dachte er, dass Lucy bereits schlief.
„Severus?" fragte die kleine müde Lucy.
„Du schläfst ja noch gar nicht." sagte er.
„Bist du eigentlich mein Dad?" fragte Lucy ihn.
Severus wirkte überrascht über die Frage.
„Du bist wie meine Tochter. Das ist alles, was zählt. Oder?"
„Du bist jedenfalls ein toller Dad. Ich hoffe wir bleiben für immer zusammen." sagte Lucy und dann fielen ihr die Augen zu.
Severus ging zur Tür und flüsterte „Das werden wir."
Er lächelte und dann schloss er die Tür.
Als Harry und Lucy in Hogwarts waren, konnte er Harry aufgrund der Ähnlichkeit zu James nicht ausstehen. Doch er blieb trotzdem seinem Versprechen, auf beide Kinder aufzupassen, treu.
Im nächsten Moment sah man Severus die ganze Bibliothek durchsuchen. Er suchte etwas und fand es schließlich. Er fand ein Rezept von einem Trank und zerriss die obere Hälfte. Niemand durfte dieses Rezept finden und nachbrauen. Falls es eine Möglichkeit gab, die alte Magie doch zu übertragen und Voldemort würde diese Möglichkeit nutzen, kann dieser Trank auch für falsche Zwecke eingesetzt werden. Das Buch befand sich noch eine Weile in seinem Besitz, wo er in Ruhe den Trank nachbraute, ehe er das Buch wieder in der Bibliothek zurückstellte. Er dachte, dass es niemand finden würde.
Doch Lucy fand es damals und übergab es ihm. Er veränderte die Rezeptur in dem Buch, um Voldemort, falls er in Besitz dieses Buches kommen würde, um die Nase herumzuführen und ihn hinzuhalten, damit er Lucy weiter verschonte.
Als Lucy zum Yule Ball ging und danach bei Snape war, sah er Lily in ihr. Man konnte den Stich in seinem Herzen spüren. Doch er blieb mutig wie er war und stellte sich jeden Tag aufs Neue dem Verlust seiner Liebe.
Die nächste Szene fand im Harrys und Lucys sechstem Schuljahr statt. Severus bekämpfte den Fluch von Dumbledores Hand, welches durch den Horkrux im Ring verursacht wurde. Doch es schien nicht lange zu helfen. Severus konnte Dumbledores Leben um gerade ein Jahr verlängern, ihn aber nicht retten. Dumbledore befahl Severus ihn zu töten, wenn die Zeit gekommen war, damit Voldemort ihm weiter Vertrauen schenkte.
Severus fragte Dumbledore, was er die ganzen Abende mit Harry Potter mache. Er antwortete jedoch nicht direkt darauf, sondern erklärte, dass Voldemorts zurückgeprallter Fluch einen Teil von seiner Seele auf Harry übertragen habe. Deshalb war Harry ein Parselmund. Deshalb bestand diese bestimmte Verbindung zwischen Harry und Voldemort und deshalb müsse Harry von Voldemort selbst getötet werden, damit Voldemort endgültig sterben könne. Severus war außer sich. Er schützte das Leben von Lilys Jungen, damit er am Ende sterben würde.
„Sag mir nicht, dass du anfängst dich um den Jungen zu sorgen?" fragte Dumbledore ihn.
Severus sah ihn an.
Dann sagte er „Expecto Patronum." Eine Hirschkuh kam zum Vorschein.
Dumbledore sah geschockt zu Severus' Patronus und fragte: „Lily? Nach all den Jahren?"
„Immer." antwortete Severus.
„Ich verstehe." sagte Dumbledore.
„Du wirst Lily jedoch nicht für immer verlieren. Sie lebt in Lucy weiter." ergänzte Dumbledore.
„Ich werde Lucy nicht in Gefahr begeben!" sagte Severus.
„Sie ist die Trägerin der alten Magie. Sie ist in der Lage die dunkle Magie zu bekämpfen, ohne von dieser Schaden zu nehmen. Voldemort fürchtet sie und wird versuchen sie auf seine Seite zu zerren. Um Informationen herauszubekommen, wäre es allerdings in erster Linie keine schlechte Idee. Du hast den Trank bereits. Es ist an der Zeit ihn Lucy im richtigen Moment zu übergeben. Sie ist damit in der Lage Voldemort endgültig zu töten." sagte Dumbledore zu ihm.
In der nächsten Erinnerung sah man Severus aus Sirius Zimmer Lilys Bild von einem Brief mitnehmen, er übergab es anschließend Lucy in einem Amulett, nachdem er es für sich selbst eine Weile aufbewahrte. Doch er fand, dass sie das Bild von Lily anstatt er bekommen sollte.
In der letzten Erinnerung sah man Severus Snapes Patronus in Gestalt der Hirschkuh, welcher Harry im Wald zum Schwert Gryffindors führte.
Die Erinnerungen waren vorbei.
Lucy und Harry tauchten wieder auf und sahen sich an.
Wieder fing Lucy an zu weinen. Sie verstand jetzt noch viel mehr, als vorher.
Harry nahm sie in den Arm.
„Du weißt, was das bedeutet?" fragte er sie und streichelte ihr über den Rücken.
„Es muss eine andere Lösung geben.. du darfst nicht sterben! Wen hab ich denn dann noch?!" weinte Lucy.
„Ich muss. Du wirst leben. Du wirst ihn endgültig töten. Versprich es mir, Lucy. Hörst du? Du musst es mir versprechen!" sagte er und rüttelte sie leicht.
Sie sah ihn mit Tränen in den Augen an.
„Ich verspreche es."
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Und doch liebt sie ihn
FanfictionHarry Potter hat eine Zwillingsschwester namens Lucy Potter. Sie könnten in ihrem Wesen und Entscheidungen unterschiedlicher nicht sein. Sie ist es Leid, dass ihr Zwillingsbruder all die Aufmerksamkeit bekommt. Diese Geschichte erzählt von ihr und i...