Höllenfeuer - Teil 2

7 2 0
                                    

Kurz vor Morgengrauen machte ich mich fertig. Ich hatte schlecht geschlafen, die gesamte Situation lag mir schwer im Magen. Während Wilde und Harker die Überreste von ‚Von Gehrings' Labor und seiner Werkstatt nach irgendwelchen Indizien untersuchen würden, ging ich gemeinsam mit Wagner und von Gehring zu dem Versteck, bei welchem er seine Aufzeichnungen aufbewahrte. Es schien so weit entfernt zu sein, dass wir laut dem Doktor mindestens einen halben Tag dorthin brauchen würden. Notdürftig packte ich alles in einen kleinen Rucksack, was wir auch nur im Entferntesten brauchen könnten. Viel länger konnten wir nicht warten, denn Claw war uns bereits dicht auf der Spur, da war ich mir sicher.

Kurz nachdem sich die ersten Sonnenstrahlen hinter der Gebirgskette hervor getraut hatten, begann unsere Reise vom Marktplatz aus. Trotz der frühen Uhrzeit waren die Straßen von Scherlingen bereits recht belebt, soweit man dies eben von diesem gottverlassenen Stückchen Erde behaupten konnte.

Bereits nach wenigen hundert Metern wurde der Weg immer beschwerlicher. Das Terrain war uneben und überall lagen Äste und Steine im Weg. Nicht selten wäre ich beinahe gestürzt. Über die Zeit kam ich mit Richard Wagner ins Gespräch. Er ist vor über 10 Jahren nach Scherlingen gezogen und hat dort 'von Gehring' kennengelernt. Da er in seiner Heimatstadt Rottweil des Öfteren dem hiesigen Apotheker bei seiner Arbeit im Gegenzug für etwas Geld ausgeholfen hatte, bot er sich dem Doktor als Assistenten an. Generell war mir bereits aufgefallen, dass die beiden ziemlich gut miteinander zu harmonieren schienen. Allerdings war Werner von Gehring sehr vorsichtig im Bezug auf das Preisgeben von Informationen, was Wagner sichtlich mitnahm. Nach über zehn Jahren hielt er die geheimen Pläne für die Höllenfeuer-Bombe noch immer vor ihm geheim und ließ ihn nur kleinere Aufgaben erledigen, welche wohl keinen großen Aufschluss darüber gaben, wie die Bombe funktionieren würde. „Je weniger davon wissen, desto weniger Menschen können dieses Wissen missbrauchen", erklärte von Gehring, nach dem Wagner seiner Enttäuschung, scheinbar nicht das erste Mal, Luft machte. Dieser rümpfte daraufhin nur die Nase. Die nächste halbe Stunde schwiegen sich die beiden nur noch an. Ich konnte Richard Wagner gut verstehen- nach all der Zeit scheint ihm der Doktor immer noch nicht zu vertrauen.

Die Sonne stand bereits im Zenit über unseren Köpfen, als wir unsere erste Pause einlegten. Wir waren bereits weit auf dem Berg und konnten in der Ferne das kleine Dörfchen Scherlingen erkennen. Die Aussicht war atemberaubend, ebenso wie die niederbrennenden Strahlen der Sonne. Die Schweißperlen liefen mir nach all der Anstrengung nur übers Gesicht. Wagner und von Gehring schien es ähnlich zu gehen. Mit einer schnellen Handbewegung holte Wagner eine alte Taschenuhr aus seiner Hosentasche- es war bereits kurz nach 13 Uhr. Wir waren nunmehr über 6 Stunden unterwegs. Ich fragte mich, wie der Doktor regelmäßig diesen Weg gehen konnte, um seine Aufzeichnungen zu ergänzen. Ich war ja bereits jetzt schon sehr erschöpft, wie soll es dann einem Mann seines Alters ergehen.

Nach weiteren 3 Stunden Fußmarsch erreichten wir einen größeren Felsvorsprung am Hang des Berges. Scherlingen war nun beinahe gar nicht mehr zu erkennen. Von Gehring zeigte, von der Aussicht unbeeindruckt, auf den Eingang einer schmalen Höhle. „Vor vielen Jahren habe ich dieses kleine Versteck gefunden. Diese Höhle diente einst einer Bärenfamilie als Zuhause." Er entzündete eine Fackel und betrat die Höhle. Das Flackern der Flammen zeichnete ein beunruhigendes Schattenspiel an die dichten Wände. Während sich Wagner und meine Person orientierungslos umsahen, schien von Gehring jeden Zentimeter des feuchten, kalten Gesteins zu kennen. Es dauerte noch einige Minuten, bis er endlich stehen blieb. Der Gang, in dem wir uns befanden, endete in einer Sackgasse. Von Gehring kniete sich zu einer kleinen Holzkiste hinunter, welche auf einem kleinen Steinvorsprung platziert war. Die Paranoia dieses Mannes wurde mir erneut bewusst, als er plötzlich drei verschiedene Schlüssel aus seiner Tasche holte, um damit drei verschiedene Schlösser an der Truhe zu öffnen. Mit einem unangenehmen Quietschen öffnete er den Deckel. Langsam griff er nach dem Inhalt der Truhe. Etliche Seiten Papier und Blaupausen waren säuberlich zu einer Rolle verschnürt und mit einem roten Siegel aus Harz verschlossen. Dies mussten die geheimen Dokumente des Projekts Höllenfeuer sein. „Ich hätte nie gedacht, dass diese Pläne jemals wieder Sonnenlicht sehen würden. Niemand anderes als ich, sollte sie jemals in Händen halten.", sagte Werner von Gehring wehmütig, während er mir die Schriftrolle übergab. „Sie sollten sie vorerst nehmen. Sollte es hart auf hart kommen, werden sie sie besser beschützen können als ich." Ich nickte nur und ließ sie in meinem Rucksack verschwinden. „Es ist schon recht spät, ich denke wir sollten unseren Rückweg antreten.", meinte Wagner, der nervös hinter uns auf seine Taschenuhr schaute. „Heute werden wir es sowieso nicht mehr nach Scherlingen schaffen", meinte von Gehring ruhig, „Lasst uns noch ein paar Stunden gehen und dabei nach einem geeigneten Rastplatz für die Nacht Ausschau halten."

Three PillarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt