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Wie sich herausstellte, hatte Sylas einen ganzen Vorrat an verschiedensten Snacks in seinem Zimmer angelegt. Von Proteinriegeln über Dosensuppe bis hin zu Chips und Schokolade war alles da, und es nahm die gesamte untere Hälfte seines Kleiderschranks ein.

Nachdem ich bestimmt zwei Minuten lang mit offenem Mund auf dieses Snackparadies gestarrt hatte und mich entschieden hatte, was davon mir gerade zusagte, ließen wir uns mit einer Packung Chips auf seinem Bett nieder. Er hatte ein Zweierzimmer mit seinem Bruder, was man an der Einrichtung gut erahnen konnte. Hier war nichts so unterteilt wie bei uns, alles wurde gemeinsam genutzt. Sie hatten sogar einen Fernseher auf einer der Kommoden.

Er schaltete ihn ein und wir saßen eine gute Stunde gemütlich beisammen, schauten Fern, unterhielten uns über alles Mögliche und aßen unsere Snacks.

Er erzählte mir, dass er in Florida geboren wurde und der Umschwung hierher in die Kälte für ihn am Anfang hart war. Außerdem hatte er auch einen Hund zu Hause, einen weißen Schäferhund, auf den er sich in jeder Akademiepause am meisten freute.

Ich erzählte ihm von Chestnut, und weil er sich traute, nachzufragen, und ich das Gefühl hatte, es ihm erzählen zu können, auch von der Situation zu Hause und weshalb ich hier war. Er sah mich mitfühlend an und beschloss offenbar, dass ein Themenwechsel angebracht war.

„Nächstes Wochenende ist die nächste Party. Willst du mich dorthin begleiten?"

„Du meinst... mit der Gruppe?", fragte ich vorsichtig nach.

Er lächelte. „Die Gruppe wird auch da sein."

Das beantwortete nicht meine unausgesprochene Frage, ob er damit ein Date meinte. An seinem Blick sah ich, dass er sehr wohl verstanden hatte, was ich meinte, aber ein Teil von mir war dankbar, dass er einer direkten Antwort auswich. Für diese Art von Interaktion war ich wirklich noch nicht bereit. Trotzdem war ich ihm noch eine Antwort schuldig, also nickte ich und gab ihm eine ebenso ausweichende Antwort. „Die Party wäre sicher eine gute Ablenkung. Nach dem, was Colton so erzählt hat gestern, klingen sie legendär."

Ihm schien das zu reichen, denn er grinste.

Als Colton wie aufs Stichwort ins Zimmer kam, sah ich das als Zeichen für den Aufbruch. Ich warf die leere Chipstüte in den Mülleimer und lächelte Sylas an. „Danke für das Essen."

Er erwiderte mein Lächeln. „Jederzeit."

Ich hatte nicht nur das Essen gemeint, aber wieder hatte ich das Gefühl, dass er meine unausgesprochenen Worte genau herausgehört hatte. Ich warf Colton ebenfalls ein Lächeln zu, verabschiedete mich und machte mich auf den Weg zurück in mein Zimmer.

Zum Abendessen saß ich wieder bei Senna, Kira und Maxine. Sylas und Colton saßen diesmal an einem anderen Tisch bei der Gruppe, mit der sie auch am Vormittag schon unterwegs gewesen waren. Es wurde diesmal nicht viel geredet, da Senna und Kira wohl im Unterricht auf den Deckel bekommen hatten und nun neben dem Essen an einer Strafarbeit saßen.

Maxine und ich wollten sie nicht ablenken, also aßen wir in angenehmer Stille. Erst, als die schwere Tür zum Saal aufschwang und dieselbe Gruppe Männer wie am vorigen Tag eine Eiseskälte in den Raum trugen, entfuhr mir ein erstickter Laut.

Ich erkannte den Mann, der ganz vorne lief, sofort. Es war der Mann aus dem Wald, der plötzlich hinter mir aufgetaucht war. Und während er den Rest der Studenten ebenso wie gestern gar nicht wahrzunehmen schien, fand er mich sofort.

Nur für eine Sekunde erwiderte er meinen Blick. Diese Sekunde reichte, dass mir jedes einzelne Haar am Körper zu Berge stand und ich das Gefühl hatte, innerlich zu erfrieren. Das Gefühl blieb, auch als er sich schon lange weggedreht und am erneut völlig freien Tisch hinten an der anderen Wand niedergelassen hatte. Er schaute mich nicht nochmal an.

Chained AshesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt