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Es dauerte keine weitere Sekunde, bis ich hörte, dass wir nicht mehr allein waren. Das Zischen der Dämonen echote im Raum und ich spürte eine neue Art von Kälte, die mich streifte. Instinktiv klammerte ich mich an Nathan, in Erwartung von einsetzenden Schmerzen, die jedoch nicht kamen. Ich stutzte.

Es fühlte sich an, würde ich fliegen. Meine Haare wirbelten mir ins Gesicht. Dann stand ich mit dem Rücken an einer Wand und hatte keinen Kontakt mehr zu Nathan. Kurz flackerte blinde Panik in mir auf, dass er mich doch zurücklassen würde, doch dann griff ich nach vorn und fühlte wieder Stoff. Um uns herum krachte es, Steine fielen und kleine Splitter und Staub flogen mir um die Ohren.

Auf dem gesamten Boden breiteten sich blaue Flammen aus wie ein Waldbrand. Jetzt konnte ich den Raum zum ersten Mal komplett sehen. Er war groß, aber kleiner als erwartet. Aber darauf konnte ich mich jetzt nicht konzentrieren, denn das Feuer wuchs und wuchs, bis es den gesamten Raum einnahm.

Nathan stand in meine Richtung, die Arme links und rechts neben mir an die Wand gestützt, und schirmte mich davon ab. Hinter ihm verbrannten die Dämonen bei lebendigem Leib. Ihr Fauchen war zu einem kläglichen Winseln geworden. Ich sah die Schatten, die sich voller Schmerz auf dem Boden hin und her warfen, und obwohl ich kein Mitleid für diese Kreaturen hegen konnte, war es ein grausamer Anblick.

Ich wandte den Blick ab und begegnete Nathans, der ihn erwiderte. Dasselbe blaue Feuer, das um uns herum wütete, loderte in seinen Augen. Dieses alles verschlingende Feuer stammte von ihm. Diese Tatsache erreichte viel zu spät meinen Verstand.

Ich schluckte. Die pure Zerstörungskraft, die sich nun vor mir entfaltet hatte, passte zu Nathan. Ebenso die Tatsache, dass das Feuer keine Hitze ausstrahlte, sondern sich anfühlte, als tauche ich meine Hände in tiefkaltes Flüssiggas.

 Ich wollte mir gar nicht vorstellen, welche Schmerzen diese Geschöpfe in den letzten Momenten ihres Lebens ertragen mussten. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ihre Schmerzensschreie verstummten. Nathan hatte gerade zahllose Dämonen ausgelöscht, ohne sie auch nur anzusehen. Denn sein Blick fixierte immer noch mich.

Mir stockte der Atem. Er war tatsächlich unbegreiflich mächtig. Was könnte selbst eine ganze Armee gegen ihn ausrichten, wenn er ohne jede Mühe das ganze Schlachtfeld in Brand setzen konnte? Die Tagwandler würden den Krieg an dem Tag verlieren, an dem Nathan sich gegen sie stellte. Da war ich mir sicher.

Das Feuer erlosch. Nur die Leichen glommen noch leicht und hinterließen ein eisblaues Flackern im Raum. Nathan ließ die Arme sinken. Noch immer wie erstarrt schaute ich ihm nach, wie er in den Raum mit der Wanne zurückging und kurz darauf mit einem kleinen, runden Spiegel in den Händen wieder herauskam. Das Tagebuch.

Zögerlich ging ich auf ihn zu und wollte danach greifen, aber sein grimmiger Blick ließ mich innehalten. „Ich werde ihn an meinen Hof bringen. Versuch es gar nicht erst."

Der Groschen fiel. Er wollte ihn selbstverständlich nicht für mich holen. Er hatte das Tagebuch für sich selbst gewollt. „Das geht nicht!", protestierte ich kläglich.

„Du schuldest mir etwas, Kleine. Du wirst niemandem verraten, dass wir nochmal hier waren", sagte er mit hochgezogener Augenbraue. „Und das Tagebuch gehört mir."

Tränen stiegen mir in die Augen. Ohne das Tagebuch konnte ich meinen Vater nicht finden. Für mehr brauchte ich es nicht. „Bitte...", flüsterte ich, „ich brauche es."

Er wandte sich von mir ab und bewegte sich Richtung Ausgang. Verzweifelt lief ich ihm nach und packte ihn am Ärmel. „Nathan, verdammt!"

Er erstarrte. All meine Alarmglocken schrillten, als er sich langsam umdrehte und mich eindeutig mordlustig anfunkelte. Eine Gänsehaut überzog meinen ganzen Körper, aber ich festigte meinen Griff um seinen Arm. „Ich muss meinen Vater finden. Nimm das Scheißding mit, ist mir egal. Aber ich muss wissen, was mit meinem Vater ist", rief ich. Ich konnte ihn nicht damit weggehen lassen, egal, wie groß meine Angst war.

Chained AshesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt