Das Monstrum traf mich mit der Wucht einer Abrissbirne. Mein Rücken krachte gegen den Felsen und ich sah Sterne. Nur am Rande meines Bewusstseins registrierte ich den reißenden Schmerz in meiner rechten Schulter.
Blut spritzte mir ins Gesicht und an den Fels. Ich wusste nicht, ob es mein eigenes war. Wie paralysiert starrte ich der Bestie in die schneeweißen Augen. Es war nicht einmal eine Pupille zu sehen. Ich schnappte nach Luft.
Nur eine Sekunde erwiderte es meinen Blick, bevor es wieder zubiss und ich realisierte, woher dieser grausame Schmerz in meiner Schulter stammte.
Diese Erkenntnis war genug, um mich endlich aus der Schockstarre zu lösen. Ich schrie und schlug nach dem Vieh, versuchte es zu treten und ihm mit den Fingern in die Augen zu stechen. Doch es war hart wie Stein, und so eiskalt, dass ich das Gefühl hatte, bei jeder Berührung festzufrieren. Es tat weh, sich wieder zu lösen.
Seine Eckzähne bohrten sich sowohl in meinen Brustkorb als auch in meinen Rücken und bei jeder Bewegung meinerseits schien er fester zuzubeißen. Meine Schulter knackte laut. Ich holte tief Luft für ein letztes Ausbäumen, aber mein Schrei blieb mir im Hals stecken, als er mich plötzlich fallen ließ. Ungelenk fing ich mich rückwärts ab und schlug mit dem Hinterkopf am Felsen auf.
Sobald die tanzenden Schatten mein Sichtfeld wieder freigaben, sah ich mich wild nach der Kreatur um. Doch sie war verschwunden. Stattdessen stand dort eine menschliche Gestalt mit dem Rücken zu mir, die Kapuze des schwarzen Hoodies übergezogen. Er blieb starr stehen, die Arme locker herunterhängend, obwohl drei weitere Monster auf mein Versteck zusteuerten.
Ihr Geifern würde mich noch Monate später in meinen Albträumen verfolgen. Ich machte mich auf einen weiteren Angriff gefasst, doch zu meiner absoluten Verblüffung prallten sie vor dem Mann jaulend in der Luft ab, als wären sie gegen eine Mauer geflogen. Und da sah ich es. Eine Art Kraftfeld, das die Luft um uns herum subtil flimmern ließ.
Ich sackte in mir zusammen. Der Tinnitus übertönte alle anderen Geräusche. Meine Hand wanderte von ganz alleine zu meiner Schulter und sofort rann warme Flüssigkeit zwischen meinen Fingern hindurch. Die Schatten kehrten in meine Sicht zurück, aber diesmal hatte ich nicht genug Adrenalin übrig, um sie zu bekämpfen. Wer auch immer das war, hatte mich gerettet. Also ließ ich los.
Als ich wieder zu Sinnen kam, lag ich in einem Bett. Ruckartig wollte ich hochfahren, doch der übermächtige Schmerz, der aus meiner Schulter bis in den Brustkorb zog, hielt mich davon ab. Die dünne Bettdecke fiel zu Boden.
"Bleib liegen", ermahnte mich eine bekannte Stimme. Sylas.
Ich drehte mich in die Richtung, aus der seine Stimme kam, und sah ihn in der Ecke auf dem Boden sitzen. Geräuschvoll atmete ich aus, während ich versuchte, mich zu orientieren. Ich hatte nicht wahrgenommen, dass ich die Luft angehalten hatte.
In dem Zimmer standen vier Betten, die mit dem Fußende in den Raum hinein ausgerichtet waren. Ansonsten befanden sich nur vier hohe Bestelltische und ein Waschbecken im Zimmer. "Wo bin ich?", fragte ich.
"Im Erholungsraum. Du bist draußen umgekippt."
Ich griff mir an die Schulter. Da war nichts. Sie tat weh, aber ich konnte keine Wunde oder sonst irgendwas ertasten. Keine Verbände. Nichts. Das konnte nicht sein.
"Das stimmt nicht", murmelte ich perplex. "Ich wurde angegriffen! Die Glocken!"
Entgegen aller Schmerzen richtete ich mich gewaltsam auf.
"Mach langsam."
"Sylas, ich wurde angegriffen!", wiederholte ich lauter. Hörte er denn nicht zu?
"Von wem? Nathan?"
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Chained Ashes
FantasyAls Kaias Vater spurlos verschwindet, wird ihr Leben auf den Kopf gestellt. Seine Spuren führen sie an einen Ort, an dem sie ganz offensichtlich nicht erwünscht ist und schnell wird ihr klar, dass sie eine Zielscheibe auf dem Rücken trägt. Denn sie...