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Senna machte einen Schritt nach rechts und verdeckte nun auch Nathan. „Hey, Kaia", sagte sie eindringlich und legte mir die Hände auf die Schultern. „Atmen."

Meine Lunge schmerzte, als ich ruckartig einatmete. Ich konzentrierte mich auf das strahlende Blau ihrer Augen, die mich besorgt anfunkelten. Sie forderte mich mit einem bekräftigenden Nicken auf, weiter zu atmen. „Gut so. Einfach atmen."

Kira erschien in meinem Blickfeld. „Lass uns zu den Waschräumen gehen, ja? Du möchtest dir doch sicher die Zähne putzen und etwas trinken?"

Zähne putzen klang wundervoll. Der Geschmack von Erbrochenem lag immer noch auf meiner Zunge. Sie streckte mir die Hand entgegen und lächelte aufmunternd. Mit mechanischen Bewegungen ergriff ich sie und ließ mich von ihr mit ziehen.

Senna und Sylas blieben zurück, während Chestnut im Laufen meine Hand anstupste. Ich schaffte es nicht, mich auf ihn zu konzentrieren. Die blutroten Schatten, die auf Retina tanzten, überlagerten meine Sicht. Kira sprach mit mir. Ich bemühte mich, ihr zuzuhören, aber sie hätte genauso gut eine andere Sprache sprechen können. Ihre Worte gingen mir bedeutungslos durch den Kopf und verschwanden im Nichts.

Wie auf Autopilot folgte ich ihr zu unserem Zimmer, schnappte mir Zahnbürste und Zahnpaste und außerdem ein frisches Shirt und meine Bürste und ging mit ihr zum Waschraum. Erst der intensive Zahnpastageschmack klärte den Nebel hinter meiner Stirn etwas auf. Ich putzte mir sehr viel länger als sonst die Zähne, spuckte aus, und begann nochmal von vorn. Kira leistete mir geduldig Gesellschaft.

„Wie geht es dir?", fragte sie, nachdem ich zum zweiten Mal ausgespuckt hatte.

„Besser", antwortete ich, zog mich um und bürstete mir die Haare.

Chestnut stupste mich wieder an. Diesmal ging ich auf die Knie und streichelte ihn. „Tut mir leid, Chestnut", flüsterte ich. Er erwiderte meinen Blick aus seinen treuen, braunen Augen, in denen ich bereits so oft in meinem Leben Sicherheit gefunden hatte.

Senna steckte den Kopf durch die Tür des Waschraums. „Wir warten im Zimmer auf euch", sagte sie. „Sylas bringt Nervennahrung mit."

Wir nickten ihr zu und sie schloss die Tür wieder. Kira lächelte mich an. „Bist du soweit?", fragte sie und streichelte Chestnut über den Rücken.

Ich stand auf, sammelte mein Zeug wieder ein und nickte nochmal. Als Kira die Tür öffnen wollte, hielt ich sie doch mit einem zaghaften Zupfen an ihrem Arm noch auf und biss mir auf die Lippe, weil ich nicht wusste, wie ich meine Frage formulieren sollte. Sie sah mich abwartend an und legte fragend den Kopf leicht schief.

„Nathan ist sehr gefährlich, oder?", fragte ich schließlich geradeheraus und musste mich anstrengen, nicht wieder von dem Bild vor meinem inneren Auge gepackt zu werden. Ihn dort völlig unbeeindruckt zwischen etlichen, zerrissenen Leichen stehen zu sehen, hatte nochmal ein völlig neues Bild von ihm gezeichnet.

Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass jemand nicht auswich, wenn ich nach Nathan fragte. Kira sah mich direkt an und nickte. „Aber er wird dich nicht angreifen, du musst keine Angst haben. McLean hat ihm das Versprechen abgenommen, dich in Ruhe zu lassen. Das hat sie uns direkt vor der Party gesagt."

Das überraschte mich. Aurora hatte das gar nicht erwähnt.

„Er hört auf sie?", fragte ich.

„Ich glaube nicht, dass er auf irgendjemanden wirklich hört. Aber sie hat uns versichert, dass er dir nichts tun wird... zumindest, solange er hier Kurse besucht."

Ich atmete tief durch und konnte den Sarkasmus in meiner Stimme nicht vollständig unterdrücken. „Das sind ja tröstliche Aussichten. Wenigstens den nächsten zweieinhalb Monaten bin ich noch sicher."

Chained AshesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt