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Wir gingen wieder rein. „Kannst du Rhoter verstehen?", fragte ich, als mir das Buch meines Vaters in den Sinn kam. Hier würde ich sicher Möglichkeiten finden, um die Suche meiner Tante vorantreiben zu können.

„Nein, aber Kira. Rhoter wird immer noch von einigen Nymphenfamilien gesprochen. Sie sind sehr stolz auf ihre traditionelle Lebensweise in der anderen Welt."

Das würde erklären, warum sie ihre Notizen in dieser Sprache verfasst hatte. „Meine Tante hat eine Spur zu meinem Vater gefunden. Zumindest glaubt sie das. Aber wir kommen nicht weiter, weil die Sprache uns im Weg steht."

Sylas runzelte die Stirn. „Rhoter wird kaum noch gesprochen, selbst in den anderen Welten. Wenn dein Vater diese Sprache konnte, steckt da sicher mehr dahinter. Vielleicht ist er ja mit einer Nymphe verwandt?"

„Ich muss mit Kira sprechen", sagte ich also und holte mein Telefon heraus. Im Gehen schickte ich meiner Tante eine Nachricht, dass sie mir ihre Notizen abfotografieren musste. Noch bevor wir wieder bei der Gruppe angekommen waren, vibrierte mein Telefon mehrmals und ich nahm an, dass sie meiner Bitte direkt nachkam.

Als ich Kira bat, dass sie mir bei etwas helfen musste, stand sie sofort auf und kam mit mir ins Zimmer. Senna und Sylas waren neugierig, weswegen sie uns folgten. Ich erzählte Kira bereits auf dem Weg grob, was ich bisher von meiner Tante erfahren hatte, und zeigte ihr im Zimmer die Bilder, die sie mir geschickt hatte, und das Buch meines Vaters. Sie schaute sich alles genau an. Ihr Interesse war geweckt.

"Das wurde in der alten Form von Rhoter verfasst. Die Sprache hat sich in den letzten Jahrhunderten ziemlich gewandelt, aber ich verstehe trotzdem das meiste davon. Der Name deines echten Großvaters bedeutet übersetzt Rohan. Und das hier", sie deutete auf eine Notiz meiner Tante auf dem Handy, "ist eine Skizze des Rates in Italien, ich erkenne ihn wieder. Meine Mutter hat mich als Kind mal dorthin mitgenommen."

Konzentriert versuchte sie aus ihren Notizen schlau zu werden. "Das ist sehr durcheinander. Ich bin mir nicht sicher, inwiefern das alles nützlich ist. Es erscheint mir wie eine Mischung aus Namen, willkürlichen Worten und Skizzen von verschiedenen Orten, aber keine Erklärung, was an diesen Dingen besonders sein soll."

Ich scrollte die vielen Bilder durch. Tante Betty hatte so viel Mühe hineingesteckt, sich alles zu notieren, was ihr im entferntesten als wichtig erschien. Ich wollte nicht glauben, dass das umsonst gewesen war. Es musste etwas geben.

"Was ist damit?" fragte ich und deutete auf Papas Buch.

Sie blätterte darin und runzelte mehrmals die Stirn. Schließlich blieb sie auf der letzten Seite hängen, wo ich anhand der aufgelisteten Seitenzahlen eine Inhaltsangabe vermutete. "'Entstehung der Unterwelt' wurde farbig markiert", sagte sie und tippte auf die Stelle mit dem verblichenen, gelben Marker.

Sie blätterte zu der Seite und überflog die Seite. "Hier wurden einige Wörter benutzt, die auch ich nicht kenne. Uralte Sprachform. Aber ich kann es sinngemäß übersetzen. Die alten Götter erschufen vor etlichen Millennien eine fünfte Welt, um ihre blutrünstigsten Schöpfungen einzusperren. Sie wollten sie nicht auslöschen, denn jede einzelne war aus ihrem Fleisch geformt und wie ein Kind für sie, aber mussten sie ebenso die friedlichen Wesen schützen. Und so schufen sie die Unterwelt als Gefängnis. Sie trieben all ihre bösartigen Kinder hinein und versiegelten sie, auf dass sie nie wieder Schaden in den anderen Welten anrichten konnten."

"Aber die Unterwelt ist nicht mehr versiegelt", warf Senna ein.

Kira nickte. "Hier stand noch mehr. Aber schau", sie bog das Buch weiter auseinander, um den Blick auf eine Seite freizugeben, die beinahe millimetergenau aus dem Bund getrennt wurde. Nur einzelne Fetzen verrieten, dass dort mal eine Seite gewesen war.

Chained AshesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt