Das Knistern eines Feuers war das erste, was mich wieder erreichte. Ich spürte die Wärme auf meinem Gesicht und den Armen. Ebenso wie die Kälte in meinem Nacken. Nathan war immer noch da. Ich blieb reglos liegen. Mein ganzer Körper fühlte sich an wie ein einziger, großer Muskelkater. Jeder Versuch, mich anzuspannen, löste wahnsinnige Schmerzen aus.
„Senna und Kira...?", flüsterte ich und blinzelte. Das Licht des Feuers, das keinen Meter von mir entfernt loderte, schmerzte, und ich schloss die Augen wieder. Eine derartige, allumfassende Erschöpfung hatte ich noch nie gespürt.
„Sie leben", antwortete Nathan ruhig.
Ich wollte heulen vor Erleichterung. Ohne Nathan und seine Crew wären wir alle drei tot, daran gab es keinen Zweifel. Ein vertrautes Brummen ließ mich für eine Sekunde die Schmerzen vergessen. Ich setzte mich ruckartig auf.
Chestnut lag neben dem Sofa auf einem Fell. Direkt dahinter saß Nathan mit verschränkten Armen an einem Tisch mit zwei Stühlen. „Du hast ihn hergeholt?", fragte ich und zog die dünne Wolldecke hoher, die er über mich gelegt hatte.
Mit aufsteigender Scham wurde mir bewusst, dass ich nur noch Unterwäsche trug und meine Wunden gesäubert waren. Mit großen Augen sah ich auf meine Arme. Sie waren über und über mit feinen Schnitten bedeckt. „Hast du mich... versorgt?"
„Nein", sagte Nathan nun kühler als zuvor. „Maxine."
Ich nickte. Zaghaft schaute ich mich um. Der Raum war länglich. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand. Es schien eine kleine Holzhütte zu sein, mit einem steinernen Karmin in der am weitesten von der Tür entfernten Ecke. Vor dem stand das Sofa, auf dem ich lag, recht mittig im Raum. Der Tisch stand neben der Eingangstür und dem gegenüber stand ein Schrank. Die zweite Tür hinter dem Sofa stand offen und ließ mich ein kleines Badezimmer erkennen. Mehr gab es nicht.
Ich fing Nathans Blick auf, der mich beobachtete. Sofort schaute ich zu Boden.
"Zieh dich an und warte hier", sagte er, deutete auf die Sofalehne und ging, ohne auf eine Antwort zu warten. Ich wollte auf die Uhr schauen, aber konnte mein Handy nicht finden.Entweder ich hatte es am See verloren, oder Nathan hatte es mir abgenommen.Aber da das gerade mein kleinstes Problem war, seufzte ich nur resigniert.
Es war eine Tortur, mich anzuziehen. Über der Lehne lag ein schlichtes, schwarzes Shirt und eine schwarze Jogginghose. Der Größe nach würde ich sie Maxine zuordnen, obwohl ich sie mir nicht in Jogginghosen vorstellen konnte. Ächzend und mit zusammengebissenen Zähnen streifte ich sie über. Dann widmete ich mich Chestnut und streichelte ihn ausgiebig. Ich konnte es nicht fassen, dass Nathan ihn geholt hatte.
Ich spürte, dass er in der Nähe blieb. Seine Kälte wurde mal präsenter, mal aushaltbarer, aber verließ mich nie ganz. Ich schob die schwarzen Vorhänge des kleinen Fensters beiseite, um einen Blick hinaus werfen zu können. Mich traf fast der Schlag.
Ich war in der Waldsiedlung. Einige andere Hütten standen in meinem Sichtfeld. Nathan stand vor der Hütte gegenüber von seiner und sprach mit dem Typen, der mich bei meinem ersten Ausflug in den Wald bedroht hatte.
Er schien meinen Blick zu spüren, denn er drehte sich sofort zu mir um und sah mir direkt in die Augen, bevor er seinem Gegenüber zunickte und wieder zu mir kam. Ich wich vom Fenster zurück. „Warum bin ich hier?", fragte ich mit dünner Stimme, sowie er die Tür hinter sich geschlossen hatte und mich ansah.
"Ich wusste, dass du Ärger machen wirst... aber hätte ich gewusst, dass du die ganze Burg zerstören würdest, hätte ich meine Drohung etwas deutlicher gemacht", sagte er trocken. Ich wollte vermutlich gar nicht wissen, auf welche Art er noch deutlicher hätte werden können, als er es schon war.
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Chained Ashes
FantasyAls Kaias Vater spurlos verschwindet, wird ihr Leben auf den Kopf gestellt. Seine Spuren führen sie an einen Ort, an dem sie ganz offensichtlich nicht erwünscht ist und schnell wird ihr klar, dass sie eine Zielscheibe auf dem Rücken trägt. Denn sie...