Prolog

68 9 0
                                    


„Du solltest die enorme Anstrengung schätzen, die ich investiert habe, um dir gegenüber Gnade zu zeigen. Ich hätte dich genauso gut töten können", raunte die düstere Gestalt und beugte sich zu seinem Opfer herab. Er betrachtete den malträtierten Körper, der wehrlos vor ihm lag und verzweifelt versuchte, bei Sinnen zu bleiben.

„Hast du keine Ehre, Bruder?", zischte sein Gegenüber. Er hatte den Angriff nicht kommen sehen, niemals solch niedere Motive von seiner eigenen Familie erwartet. Blut tropfte von seinem Kinn, als er sprach. Ihm war, als würde er Glassplitter schlucken.

„Ehre gewinnt keinen Kampf, Bruder."

Die am Boden liegende Gestalt hatte keine Chance. Er spürte die Kraft, die ihn mit jedem Herzschlag verließ. Jeder Tropfen Blut, der die Erde scharlachrot färbte, nahm ein Stück seines Verstand mit. Der Verrat jedoch schmerzte mehr als seine Wunden.

Wie oft hatte sein Bruder ihm im Spaß gesagt, dass er auf der Hut sein sollte. Bei jedem Kampf, den sie aus Spaß geführt hatten, und die er immer gewonnen hatte, hatte sein Gegenüber am Ende nur gelacht. „Eines Tages schlage ich dich", hatte er immer und immer wieder gesagt und ihm auf die Schulter geklopft.

Er hätte nie gedacht, dass sein Bruder es ernst meinte. Er hatte unablässig mit ihm trainiert und ihm jeden seiner Tricks verraten, denn der Krieg war unerbittlich. Er hätte es sich niemals verziehen, ihn fallen zu sehen.

Und nun stand er vor ihm, das Gesicht von Wahn zerfressen, wie er es nur von Dämonen kannte, und schaute auf ihn nieder. Die Magier, die hinter ihm standen und völlig im Einklang rituelle Worte murmelten, machten ihn unaufhaltbar. Der verwundete Krieger spürte, wie ihre Macht sie immer mehr an den Boden kettete.

Das letzte, was er spürte, war ein unaufhaltbarer Sog, der ihn in eine andere Welt katapultiere, und die bittere Kälte, die sich in seinem Inneren ausbreitete.

Chained AshesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt