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Weit verstreut in dem südlichen Eichenwald setzten Wölfe ihre Duftmarken. Wo immer sie eine Marke des Eichenwald-Rudels fanden, setzten sie eine neue.

Zunächst waren sie in schnellem Trab weit nach Norden gezogen, hatten sich dann getrennt und in einer langen Linie aufgestellt. Langsam zogen sie nun nach Süden. Sie hatten es nicht eilig, denn das Glück war mit ihnen. Ein leises Lüftchen wehte von Norden nach Süden und trug dabei jede Menge Gerüche mit sich. Die Wölfe würden es sehr schnell riechen, wenn Mitglieder des Eichenwald- Rudels näher kamen.

Zudem kannten sie die Düfte der Rudelmitglieder des Eichenwald-Rudels. Sie konnten sie an allen möglichen Bäumen im Wald riechen. Sie selbst aber waren für ihre Gegner zunächst fremd. Es dauerte also nicht sehr lange, bis sie bemerkten, dass sie verfolgt wurden.

‚Sie haben uns entdeckt', meldete Chris.

‚War doch Absicht, oder etwa nicht?', fragte Carl und lachte.

‚Klar doch', bestätigte Chris. ‚Es sind aber nur Wenige.'

‚Mist', brummte Wotan. ‚Wo sind die andern?'

‚Abwarten', beruhigte ihn Tom. ‚Das ist doch nur die Vorhut.'

Die Silmertal-Wölfe warteten. Tom schien Recht zu haben, denn sie kamen nicht näher. Angespannt standen die Silmertal-Wölfe im Wald und lauschten und schnupperten. Es dauerte einige Zeit, dann endlich gab Chris den Startschuss.

‚Jetzt geht es los', meldete er und seiner freudigen Stimme nach konnte er es kaum erwarten. ‚Ihr wisst, was ihr zu tun habt, Jungs.'

‚Yep', jubelte Carl und setzte sich in Bewegung.

‚Mir scheint, Marius hat jetzt doch fast sein ganzes Rudel losgeschickt', kicherte Wotan, streckte seine Nase in die Luft und heulte laut. Zwar konnten seine Rudelmitglieder seine Gedanken in ihren Köpfen hören, aber er wollte, dass auch ihre Gegner wussten, dass sie da waren.

‚Sehr gut', antwortete Chris auf dieselbe Weise und heulte ebenso. ‚Wotan, wechsle ganz nach Osten. Rudi komm in die Mitte. Tom wo bist du?'

‚Noch ziemlich weit im Westen', antwortete Tom. ‚Ich laufe jetzt nach Osten. Tobi, komm mir entgegen und übernehme die westliche Flanke.'

‚Bin schon unterwegs', hörten sie Tobis fröhliche Stimme. ‚Einmal kurz Wölfchen wechsle dich. Wie verwirrend lustig', kicherte er.

'Ken ist dabei', bemerkte Chris. ‚Marius schickt seinen Beta vor.'

‚Hat wohl Angst, das Kerlchen', spottete Tobi.

‚Ja', kicherte Wotan, ‚Mut gehört wohl nicht gerade zu seinen Stärken.'

‚Sie kommen näher', freute sich Rudi. ‚Nochmal kurz ne Duftmarke setzen und dann einen kleinen Spurt gen Süden. Kommt ihr mit?'

‚Klar doch. Bin dabei', strahlte Tobi und sein Geheul klang wie Jubeln.

‚Aber vergesst nicht auch ein paar Haare von Alex zu verlieren', erinnerte sie Chris.

‚Hab nicht mehr viel davon', murrte Rudi. ‚Muss sparsamer sein.'

‚Ich habe noch welche', meldete sich Wotan. ‚Ich lege damit die Spur nach Osten.'

‚Wunderbar', lobte Chris.

Weit im Norden, auf dem Gebiet des Rieder-Rudels standen einige Männer wie Statuen nebeneinander. Sie standen im gebührenden Abstand zur Grenze, lauschten und warteten. Nur einer hatte große Mühe, Ruhe zu bewahren, obwohl er wusste, wie wichtig das war. Alex. Links neben ihm stand Andi und rechts von ihm Paul und Ben, ruhig aber angespannt.

Endlich.

‚Alex. Haltet euch bereit. Ihr könnt euch langsam auf den Weg zur Grenze machen', meldete Chris. ‚Viel Glück.'

‚Danke.'

——

‚Marius', heulte Ken auf. ‚Das sind die Silmertal-Wölfe.'

Marius erstarrte. ‚Alex?', fragte er entsetzt.

‚Auch', bestätigte Ken. ‚Chris ist da. Sie haben irgendwie versucht, Alex Duft zu verstecken. Aber ich habe doch Spuren von ihm entdeckt.'

Marius fluchte. Nun hatte er keine andere Wahl mehr. Er war der Alpha und es war seine Aufgabe nun gegen Alex Eindringen in sein Revier vorzugehen. Würde er es nicht tun, würde er seine Stellung als Alpha verlieren. Sein Rudel würde ihm den Gehorsam verweigern, sich einen neuen Alpha suchen und ihn verstoßen.

Ein Nachfolger stand bereits in den Startlöchern, Ken. Ken war stark, stärker als er und würde nicht zögern, die Macht an sich zu reißen. Marius Wut auf Alex war groß, riesengroß. Am Liebsten würde er jetzt sein Püppchen umbringen. Doch das Püppchen würde sich wehren. Sie würde letztendlich keine Chance gegen ihn haben, aber sie jetzt zu töten, würde wertvolle Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem würde ihn das nicht vor einem Kampf bewahren. Und er würde sich das Vergnügen nehmen, die Kleine für das zu bestrafen, was sie ihm angetan hatte. Nein. Zuerst musste er sich Alex stellen und ihn vernichten.

Nur wenige Minuten später verließ Marius mit weiteren Männern das Rudelhaus. Sie hatten sich bereits in Wölfe verwandelt, das Haus durch eine kleine Seitentür verlassen und waren sofort im Wald verschwunden. Trotzdem wurden sie bemerkt, denn seit bekannt war, das Ria die Grenze zum Eichenwald-Territorium überschritten hatte und Ricks Leute das Rudelhaus gefunden hatten, wurde es rund um die Uhr beobachtet.

Rick und seine Leute waren klasse, sogar Spitzenklasse. Und sie waren Menschen. Alex Leute kannten Rick, aber nur Alex, Chris und Tom kannten auch Rick's Mitarbeiter. Andersherum war es genauso. Ricks Leute kannten Alex, Chris und Tom, doch alle anderen Rudelmitglieder waren ihnen unbekannt.

Rick war Chef eines Detektivbüros und schon seit ewigen Zeiten mit Alex befreundet. Wann immer Alex Hilfe braucht von jemandem, der nach Mensch roch, konnte er auf Rick und seine Leute zählen. Er hatte ihnen aber auch schon geholfen und sich als Wolfshund an die Leine legen lassen. Rick hatte seinen Spaß und ihn mit Halsband und Leine brav bei Fuß gehen lassen. Alex hatte nicht nur einmal böse geknurrt und Rick dadurch zum Kichern gebracht, er hatte ihnen auch wie erhofft das Gewünschte erschnüffelt.

Rick's Mann meldete also Marius' Aufbruch an seinen Chef, der wiederum rief Doc an und Doc informierte Alex über seine Gedanken. Der Weg zum Rudelhaus war frei.

Die Wölfe vom Silmertal - Die Gefährtin des Alphas.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt