Die Wölfe vom Silmertal - Die Gefährtin des Alphas.

* 5 *

Alex saß entspannt in seinem Chefsessel. Vor ihm hatten seine beiden Betas und einige Berater an dem halbrunden Tisch vor seinem Schreibtisch Platz genommen. Mehrere Zeichnungen, Kalkulationslisten und Notizen lagen verstreut auf dem Tisch. Aufmerksam lauschte er den Ausführungen der Berater über die weitere Nutzung des Sägewerks und des angrenzenden Waldes. Keiner der Anwesenden erwartete eine Antwort, nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Alex hörte sich immer zunächst alles an, gestattete nicht nur, sondern wünschte sich auch, dass jeder seine eigene Ideen, Meinungen und Anregungen zu seinen Vorschlägen und darüber hinaus äußerte.

Anschließend pflegte er aufzustehen und aus dem Fenster in den Park zu starren. Niemand sprach ihn in an und störte seine eigenen Überlegungen. Manchmal ging es schnell, manchmal aber dauerte es lange, bis er für sich selbst das gehörte eingeordnet hatte. Dann erst setzte er sich wieder und war bereit für eine Diskussion.

Gerade hatte der letzte der Berater seine Ausführungen beendet, als sein Handy klingelte. Normalerweise würde niemand es wagen, ihn während einer Besprechung zu stören, doch er hatte seine Leute angewiesen, ihn stets über Ria's Aktivitäten auf dem Laufenden zu halten. Mit dem Handy am Ohr stand er auf und ging zum Fenster. Er schmunzelte leicht, als er auflegte.

‚Sie kommt', teilte er seinen beiden Betas in Gedanken mit, drehte sich aber nicht um.

‚Hierher?', fragte Tom erstaunt und warf Chris einen schnellen Blick zu.

‚Ja. Sie ist auf dem Weg. Und sie scheint richtig wütend zu sein. Mal sehen, was sie tut. Wenn ich euch rausschicke, geht mit den Beratern in das Konferenzzimmer im anderen Flügel und fangt schon mal an, alles auf einen Nenner zu bringen. Ich komme dann nach.'

‚Geht klar', bestätigte Chris und erwiderte grinsend Tom's Blick.

Keiner der Berater hatte etwas mitbekommen. Sie befanden sich zwar im Rudelhaus, doch das wussten sie nicht. Für sie war es das Firmengebäude von Alex Thanners Unternehmen. Sie hatten zwar schon häufiger für ihn gearbeitet und kannten seinen Vorgehensweise, doch noch nie hatten sie so lange auf eine Reaktion von ihrem Auftraggeber warten müssen. Langsam wurden sie nervös. War ihre Arbeit nicht gut gewesen? Sie wussten schließlich nicht, worauf Alex wartete.

Nur Tom und Chris wussten Bescheid und warteten gespannt auf das was gleich geschehen würde. Sie grinsten sich an, als Alex sich endlich umdrehte und sich auf seinen Stuhl setzte.

‚Sie ist da.'

——

Normalerweise erfreute sich Ria stets an schönen Blumenbeete und Gartenanlagen, für die gepflegte Parkanlage und die imposante Auffahrt vor dem Rudelhaus aber hatte sie keinen Blick. Mit jedem Meter, den sie sich dem Rudelhaus näherte, hatte sich ihre Wut gesteigert. Nun drückte sie mit blitzenden Augen dem überrascht dreinblickenden Türstehen ihr Mountainbike in die Hände.

„Schön aufpassen", befahl sie ihm mit barschem Ton, der ihr im selben Moment schon leid tat. Aber sie war viel zu wütend, um sich mit Entschuldigungen aufzuhalten.

„Wo ist er?", fragte sie den Wachmann im Eingangsbereich.

„Wenn sie Herr Thanner meinen", antwortete der Wachmann höflich und stellte sich ihr in den Weg. „Herr Thanner ist in einer Besprechung und möchte nicht gestört werden."

„Das interessiert mich nicht", fauchte Ria und stieß den Wachmann zur Seite.

Zwei Stufen auf einmal nehmend stürmte sie die breite Treppe hinauf und wäre oben fast mit einer Frau zusammengestoßen. Das musste eine Sekretärin sein, dachte sie und wollte schon fragen, da zeigte das Mädchen auf die hintere rechte Tür im linken Flügel. Sie hatte also gehört, wenn sie suchte. Auch recht. Mit eiligen Schritten durchquerte sie den Flur und ohne anzuklopfen riss sie die Tür auf. Für den Bruchteil einer Sekunde stutzte sie, er war nicht allein. Egal.