„Es sind Werwölfe", dröhnte die Stimme einer seiner Männer in Marius Kopf. „Ich kann sie riechen. Es sind mehrere. Sie haben im südlichen Waldgebiet ihre Spuren hinterlassen."
Marius fluchte. Alex? Das konnte nicht sein. Alex wusste doch noch gar nicht, dass sein menschliches Püppchen hier war. Oder doch? Aber nein. Er hatte die Kleine doch erst gestern Abend eingefangen. Und selbst wenn er es mittlerweile wusste, würde er von Norden herkommen, um sie so schnell wie möglich zu befreien. Das unten im Süden konnte also nur ein fremdes Rudel sein. Doch woher kamen sie?
Ken hatte die Mitteilung ebenfalls mitbekommen und war unaufgefordert in Marius Büro gekommen.
„Werwölfe?", fragte er misstrauisch. „Im Süden? Wo kommen die denn her?"
„Woher soll ich das wissen?", fragte Marius mürrisch zurück. Die Wunde an seinem Oberarm war mittlerweile verschorft, doch sein Geschlechtsteil schmerzte noch immer höllisch. Er traute sich nicht sich hinzusetzen, geschweige denn sich groß zu bewegen. Dafür würde er sich rächen. Dieses kleine Biest würde sich wünschen, niemals geboren worden zu sein.
„Kümmere dich darum", sagte er zu Ken gewandt. „Nimm genügend Männer mit und finde heraus, wo dieses Rudel herkommt. Verjage es. Es hat hier in unserem Wald nichts zu suchen."
„Vielleicht ist es eine Falle?", bemerkte Ken skeptisch.
„Falle?", fragte Marius und blickte Ken erstaunt an. „Wer sollte mir eine Falle stellen? Und warum?"
„Ich wüsste da jemand", knurrte Ken.
„Das glaube ich nicht", Marius schüttelte entschieden den Kopf. „Ich bin mir ziemlich sicher, das die Kleine weggelaufen ist. Aber ich glaube nicht, dass Alex weiß, wohin sie gegangen ist. Schätze, er wird sie suchen, doch sie könnte wer weiß wohin gegangen sein. Außerdem würde er nur dann auf unser Gebiet kommen, wenn er ganz sicher wäre, dass sie hier ist. Doch woher sollte er das wissen. Er wäre doch dann schon längst hier, meinst du nicht auch? Also lass uns erst das mit dem fremden Rudel erledigen, dann werden wir uns mit dem Püppchen vergnügen und anschließend überlegen wir uns, wie wir Alex mitteilen, wo sie ist."
„Vielleicht schickst du ihm eine Einladung zu einer Party zu Ehren deiner gerade gefundenen Seelengefährtin. Wir könnten ein nettes Bildchen von euch machen und ihm per Post zukommen lassen", grinste Ken.
„Sehr gute Idee", grinste Marius böse. „Das wird ihn zerreißen. Aber zuerst das fremde Rudel. Melde dich, sobald du näheres weißt."
Ken nickte und verließ das Büro. Endlich allein öffnete Marius schnell seinen Hosenstall und holte vorsichtig sein bestes Stück heraus. Erleichtert atmete er auf. Ohne den Druck durch die enge Hose, ließ der Schmerz langsam nach. Sein kleiner Freund hatte einen Knick, war geschwollen und verfärbte sich langsam bunt. Er würde dieses Biest dafür büßen lassen.
——
Die Kiste lag zerschlagen auf dem Boden. Der Eimer mit etwas Streu unten drin und einem Deckel stand in der Ecke. Ria begutachtete die einzelnen Holzbretter. Dann verteilte sie sie in ihrem Gefängnis. Ein Brett behielt sie in der Hand und schwang es wie ein Schwert durch die Luft während sie ihre Gedanken auf eine Reise schickte.
An ihrem sechszehnten Geburtstag hatte ihr Vater ein ernsthaftes Wort mit ihr gesprochen. ‚Du bist jetzt in einem Alter, in dem man von einer gewissen Vernunft ausgehen kann', hatte er gesagt. ‚Ich werde dir nicht mehr verbieten bis mitten in der Nacht in eine Disco zu gehen, aber ich erwarte, dass du pflichtbewußt morgens aufstehst und in die Schule gehst. Wer abends saufen gehen kann, kann auch am nächsten Tag wieder arbeiten gehen. Ich werde dir auch nicht verbieten, dir Filme anzusehen, die eigentlich noch nicht für dich freigegeben sind. Ich werde dich behandeln wie eine Erwachsene und dir auch die entsprechende Freiheit lassen. Doch nur unter der Bedingung, dass du mir im Vorfeld sagst, was du vorhast und, dass du immer absolut ehrlich zu mir bist.'
Sie hatte es ihm versprochen und er ist mir ihr ins Kino gegangen und hatte mit ihr zusammen einen Horrorfilm angesehen. In der Pause sind sie zusammen raus und nicht wieder reingegangen. Statt dessen hatten sie sich in eine Kneipe gesetzt und Ria hatte zum ersten Mal Bier und Schnaps getrunken und ist an den Armen ihres Papas sehr beschwipst nach Hause gewankt. Am nächsten Tag hatte sie den ersten Kater ihres Lebens und den miesesten Tag in der Schule. Ria musste grinsen.
Den zweiten Film, den sie sich dann zuhause zusammen angesehen hatten, war ein Porno gewesen. Igitt. Sie hatte angewidert das Gesicht verzogen. Vergeblich hatte sie nach einer brauchbaren Handlung gesucht und keine entdeckt. Stattdessen Minute für Minute ächzen und stöhnen und eine unmögliche Wortwahl. ‚Ist das immer so?', hatte sie ihren Papa entsetzt gefragt und er hatte schallend gelacht und den DVD-Player ausgeschaltet. ‚Das ist ein Porno, meine Kleine', hatte er gesagt. ‚Da geht es nur um Sex.' ‚Du lieber Himmel', hatte sie gestöhnt. ‚Für diese Stellungen müssen Mann und Frau ja Hochleistungssportler sein.' ‚Diese Darsteller sind jedenfalls gut trainiert. Aber keine Angst, meine Kleine, diese Form von Sex hat mit Liebe nichts zu tun. Doch zur Liebe gehört auch Sex, aber das wirst du schon noch merken.'
Beim dritten Mal sind sie zusammen wieder in ein Kino gegangen und hatten sich ein Kampffilm angesehen. Ihre Finger hatten sich in den Unterarm ihres Papas gekrallt, während sie mit großen Augen mit ihrem Helden mitfieberte und hoffte, dass er es schaffte, die bösen Buben zu besiegen. Erleichtert hatte sie aufgeatmet, als ihr Held zwar blutüberströmt und am Ende seiner Kraft dann doch noch seine Liebste retten und in die Arme schießen konnte.
Solche Filme gefielen ihr – irgendwie. Am Ende siegten immer die Guten. Sie würde auch kämpfen. Jetzt hatte sie ja Waffen, auch wenn es nur Holzlatten waren. Sie hatte immer noch Angst und wusste auch, dass sie gegen Werwölfe keine Chance haben wird, aber sie fühlte sich nicht mehr komplett wehrlos. Schwungvoll schwang sie die Holzlatte über ihrem Kopf und an ihrem Körper vorbei. Sie schwang das Stückchen Holz wie ein Schwert und versuchte sich dabei an die Kampfszenen in den Filmen zu erinnern.
Plötzlich hielt sie inne, denn sie hörte Schritte, die langsam näher kamen und seltsam schleifend klangen. Gleich darauf öffnete sich auch die große Holztür. Mit dem Brett in ihrer Hand stand Ria inmitten ihres Gefängnisses und blickte Marius scheinbar furchtlos an. Marius dagegen musterte Ria mit Wut und Hass in seinem Blick. Er war in den Kerker gegangen ohne zuvor daran zu denken, seinen Hosenstall zuzumachen. Und nun stand er da mit entblößtem Geschlecht.
Spöttisch verzog Ria ihren Mund. „Schön bunt", sagte sie sarkastisch und blickte ungeniert auf sein Geschlecht.
„Du bist tot", fauchte Marius.
„Komm doch", forderte Ria ihn auf und hielt das Holzbrett kampfbereit.
„Ich werde dich hier unten verrotten lassen", knurrte Marius zornbebend.
Ria ratschte mit dem Brett einmal über die Gitterstäbe und Marius wich erschrocken einen Schritt zurück.
„Wir werden sehen", knurrte sie.
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Die Wölfe vom Silmertal - Die Gefährtin des Alphas.
Manusia SerigalaAusgerechnet unter den Menschen hatte Alex, der Alpha des Silmertal-Rudels, seine Seelengefährtin gefunden. Seine Auserwählte kannte zwar seine Identität, wollte aber nie etwas mit den Wölfen zu tun haben. Ria war ein freier Mensch, und genau das s...