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Ria hatte erwartet, dass Alex sie ins Rudelhaus bringen würde, doch der Chauffeur fuhr an der langen Auffahrt zum Rudelhaus vorbei und bog erst ein ganzes Stück weiter in eine kleine Nebenstraße ein. Kurz darauf hielt er vor einem Einfamilienhaus direkt am Waldrand. Sie hatten die ganze Fahrt von der anderen Seite der Stadt bis hierher schweigend zurückgelegt. Ria hatte aus dem Fenster gestarrt, ohne wirklich etwas wahrzunehmen und Alex hatte sie die ganze Zeit aufmerksam beobachtet.

Kaum hatten sie angehalten, eilte ein Mann herbei und öffnete Alex die Autotür. Sekunden später öffnete sich auch die Tür auf ihrer Seite, doch Ria machte keine Anstalten auszusteigen. Eine große raue Hand griff nach ihrem Handgelenk und zog sie aus dem Auto. Ria wollte aufbegehren doch Alex gelbe Wolfsaugen blickten sie warnend an. Sie schwieg und folgte ihm notgedrungen ins Haus.

Überrascht blickte sie sich um. Obwohl das Haus von außen wie ein altes Steinhaus mit neuen Fenstern aussah, wirkte es von innen modern und gemütlich. Es gab keinen Flur an sich. Der Eingangsbereich ging sofort in einen geräumigen Wohnbereich über. Große Glasschiebetüren erlaubten den Blick auf eine Terrasse und auf den Wald dahinter. Das Haus selbst war u-förmig gebaut, so dass die Terrasse nur vom Wald aus einsehbar war. Rechts befand sich eine offene Küche mit Kochinsel und angrenzendem Essbereich, links ein geschlossenes Zimmer und wie es aussah eine Gästetoilette. Daneben führte eine schmale Treppe hinauf ins Obergeschoss.

Ohne auf Rias Abwehr zu achten, zog Alex sie weiter. Sie durchquerten den Wohnbereich und betraten den linken Flügel durch einen Türbogen. Ein kleiner Gang führte durch eine weitere Tür zu einem großen Schlafzimmer. Auch von hier aus führten große Glasschiebetüren auf die Terrasse. Ria konnte sehen, dass der gegenüberliegende Flügel ähnlich angelegt war.

Plötzlich bemerkte Ria eine Bewegung an der Tür. Die Hausdame brachte ein Tablett mit einer Tasse Tee. Alex nahm ihr die Tasse ab und reichte sie Ria.

"Trink", befahl er.

Wie hypnotisiert von den gelben Wolfsaugen gehorchte Ria und schlürfte das heiße Gebräu. Er schmeckte gut, dieser Tee, oder was immer es war. Er schmeckte wie der  Wald nach einem Regen. Frisch, fruchtig, würzig. Und die Wärme des Tees tat ihr gut. Er wirkte beruhigend und entspannend.

Ria nahm noch wahr, dass Alex ihr die leere Tasse aus der Hand nahm. Sie spürte auch noch seine Arme, die sich stützend um sie legten, dann war sie eingeschlafen.

——

Die Sonne durchflutete Rias Schlafgemach mit Licht und Wärme. Langsam krochen ihre Strahlen die Bettdecke hinauf, erreichten schließlich ihr Gesicht und kitzelten sie wach. Entspannt regelte sie sich, dehnte sich und genoss die Stille, die frische Luft und die wärmende Sonne. Was für ein herrlicher Traum.

"Scheiße", schrak sie plötzlich auf.

Es war kein Traum. Sie lag in einem großen Bett, ausgezogen, nackt? Nein, Gott sei Dank. Sie hatte noch einen Slip an und ein T-Shirt, in das sie fast dreimal reingepasst hätte. Und wie ein Hammer traf sie die Erinnerung. Plötzlich wusste sie wieder wo sie war, wie sie hierher gekommen war und dass sie diesen Tee getrunken hatte. Hatte er sie...? Nein, beruhigte sie sich. Sie war vollkommen unversehrt. Er hatte sie nur ausgezogen.

"Fuck", fluchte sie. "Dieser Scheißkerl."

Sie sprang aus dem Bett und blickte sich suchend um. Auf einem Tischchen entdeckte sie ein Tablett mit einem Gedeck darauf. In einem Körbchen lagen frische Brötchen, auf einem Teller Wurst, Käse, Butter. In kleinen Schälchen verschiedene Brotaufstriche. Eine Warmhaltekanne mit Kaffee, daneben Milch und Zucker, war ebenfalls dabei. Als hätte ihr Magen Augen, verlangte er knurrend nach einem Frühstück.

Die Wölfe vom Silmertal - Die Gefährtin des Alphas.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt