K01 - Hass und Liebe

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<Ich hasse diese Welt.>

David dachte das nicht nur, sondern mittlerweile war diese Einstellung auch in sein Gesicht geschrieben. Da half es auch nicht, dass er als erfahrener Kämpfer kräftig gebaut war und immer ein Schwert mit sich führte. Gerade war er mit seiner jungen Tochter Sophie in der Stadt unterwegs. Sie war alt genug, um die Welt um sich herum wahrzunehmen, aber noch zu jung, um bereits Verantwortung zu übernehmen. Doch auch sie hatte ihre Sorgen.

„Papa, ist die Welt grausam?"

„Nein, Kleines. Sie ist alles andere als grausam."

<Was für eine Heuchelei.>

„Georg meinte aber, die Welt sei grausam."

Georg war der Spielfreund von Sophie. Er war ungefähr in Sophies Alter und sie verbrachten daher oft Zeit zusammen.

„Sophie, manchmal gehen Leute durch eine schwere Zeit. Da kann die Welt grausam erscheinen. Aber wenn sie die Zeit überwinden, können sie ihre Schönheit nicht leugnen."

„Georg hat also gerade eine schwere Zeit?"

„Sicherlich, Sophie. Du solltest ihm vielleicht dabei helfen."

„Ja, Vater. Morgen werde ich Georg zeigen, wie schön die Welt ist."

<Lebe die Illusion, solange du kannst, Kind. Die Realität wird dich schon früh genug in die Knie zwingen.>

David wusste zu gut, wie grausam die Welt war. Hatte er es doch oft genug am eigenen Leib erfahren müssen.

Sophie und David stapften an Fachwerkhäusern vorbei durch die stinkenden Straßen. Niemand scherte sich darum, sie sauber zu halten. Warum auch?

<Was für ein Gestank.>

Eine Kutsche kam die Straße heruntergefahren und David stellte sicher, dass er mit Sophie weit genug zur Seite war. Schnell konnte ein Unfall passieren, wenn man nicht aufpasste. Andere Familien gingen fröhlich an ihnen vorbei.

<Genießt die Freude, solange ihr könnt. Auch euch wird die Welt früh genug bestrafen.>

Sophie sah ihnen nach.

„Wird Mama bald wieder kommen?"

„Nein, Kleines. Sie wird noch eine Weile weg sein. Gedulde dich bitte."

<Sie wird nie wieder zurückkommen.>

Ein Mann rempelte ihn an.

„Verzeihung."

„Hmph."

<Von wegen Verzeihung. Das war Absicht. Aber glaubst du wirklich, einem Dieb wie mir kannst du so das Geld abnehmen? Du hast nun weniger, als du vorher hattest. Narr.>

Sophie und David kamen auf dem Markt an und gingen zu einem der Händler.

„Oh, wen haben wir denn da? Wenn das nicht der Sonnenschein der Stadt ist."

„Hehe, ich darf heute mit Papa einkaufen, deswegen kann ich ja nur strahlen."

Sie kauften etwas zu essen.

„Einen schönen Tag noch, der Herr."

<Schön nennt er den Tag. Sieht er nicht die Wolken? Sicherlich regnet es bald. Regen ist schlecht für das Geschäft.>

Für einen Dieb mussten die Häuser leer sein, um ein geringes Risiko der Entdeckung zu haben. Doch bei Regen würde niemand nach draußen gehen. Das heißt, er musste auf weniger ertragreiche Alternativen ausweichen, wie das Stehlen auf der Straße.

Sophie und David kamen an einem Bettler vorbei.

„Eine Münze, bitte. Habt Gnade mit einem alten Bettler."

<Das ist vergebens, Narr. Niemand sieht dich da unten. Du bist für alle nur Teil des Drecks. Glaube mir. Ich habe es selbst erfahren.>

David riskierte sein Leben mit seinen Taten. Warum sollte er jemandem aushelfen, der nur auf dem Boden saß und nichts tat?

„Papa, können wir ihm nicht etwas abgeben?"

„Kleines, wir haben leider selbst kaum genug. Wir können ihm nicht helfen."

„Auch nicht ein wenig?"

„Nein. Er wird sicherlich von anderen Hilfe bekommen, also mach dir keine Sorgen um ihn."

<Du kannst die Welt nicht retten. Früher dachte ich auch so, doch nun kenne ich die Wahrheit.>

Zu Hause angekommen, verbrachten die zwei den restlichen Tag gemeinsam. Am Abend brachte David Sophie ins Bett.

„Wirst du wieder auf die Arbeit gehen?"

„Ja, Kleines. Ich kann den Tag mit dir verbringen, da ich als Nachtwache arbeite."

„Dann schnapp dir die Bösewichte da draußen, Papa."

„Danke, das werde ich und jetzt schlaf gut."

<Wo sollte ich heute am besten einbrechen?>

David suchte sich seine Opfer genau aus. Er riskierte einiges, daher wollte er kein unnötiges Risiko eingehen. Mit der Zeit hatte er auch ein Gespür entwickelt, wo es sich mehr lohnte und kein Schloss war vor ihm mehr sicher. Sein heutiges Ziel stellte auch kein Problem dar. Da es geregnet hatte, entschied er sich für den Diebstahl in der Nacht.

<Tzz, das wird nicht reichen. Ich muss wohl noch ein weiteres Opfer finden.>

Das schwarze Schaf - German / DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt