K26 - Aufklärung

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„Papa, ist heute Sonntag?"

„Ja, Kleines, warum fragst du?"

„Mama war es immer wichtig, dass wir sonntags in die Kirche gehen. Wenn wir sie nicht in der Stadt finden, vielleicht finden wir sie dort."

„Wenn es das ist, was du willst, können wir das machen."

David hatte gedacht, Sophie wollte nur Ausschau nach Theresa halten, wie sie es bei ihren Stadtspaziergängen machten, aber sie hatte andere Pläne.

„Hast du meine Mama gesehen?"

Sie sprach die einzelnen Besucher an, in der Hoffnung, dass jemand sie vielleicht gesehen hatte. David entschuldigte sich dafür bei den anderen und schob sie in die Bank.

„Du kannst nicht einfach die Leute in der Kirche fragen, ob sie Mama gesehen haben, Sophie."

„Aber vielleicht war sie bereits da und wir haben sie verpasst."

Ungeduldig wartete Sophie in der Bank, den Eingang stets im Blick. Als die Messe startete, drehte sie sich enttäuscht zum Altar. Als die heilige Kommunion dran war, kam ihr eine Idee, als sie an der Reihe war.

„Hast du meine Mama gesehen?"

Der Pfarrer bekam plötzlich Schweißperlen auf der Stirn.

„N-Nein?"

<Er bleibt mir ein Rätsel.>

David hatte bis jetzt nicht bemerkt, dass sein Schlafmangel ihn noch grimmiger aussehen ließ. Der Pfarrer fühlte enormen Druck, als er die Frage von der Tochter von Theresa hörte und hinter ihr ein noch viel grimmiger Partner stand. Als die beiden weggingen, machte er ein Kreuzzeichen, in der Hoffnung seine Last damit loszuwerden.

Enttäuscht ging Sophie mit David zurück nach Hause.

„Mama, war auch dort nicht zu finden. ... Was ist, wenn sie nicht mehr zurückkommen will?"

„Gib ihr etwas Zeit."

„Das hast du früher auch immer gesagt. Wird sie erst in Jahren wieder kommen?"

„Papa arbeitet an einer Lösung. Wenn alles gut geht, kommt sie vielleicht danach zurück."

„Wirklich?"

Sophie sah David mit großen Augen an.

„Es ist nur ein Versuch, ich kann nichts versprechen."

„Papa ist der Beste. Ich bin mir sicher, dass sie danach kommen wird. Kann ich dir helfen?"

„Nein, das ist etwas, was ich allein machen muss."

„Manno, was ist es denn?"

„Auch das kann ich dir leider nicht sagen."

„Vertraust du mir nicht?"

„Doch, aber es ist besser, wenn du es nicht weißt, sonst klappt es vielleicht auch nicht."

„Ihr Erwachsenen verschweigt immer alles."

„Weil wir unsere Kinder beschützen wollen."

„Ich bin stärker, als du denkst."

„Da bin ich mir sicher."

David wollte schnell die Sache für Salomon hinter sich bringen, aber seine Knochen waren zu müde und er überprüfte die Burg erst bei seiner nächsten Nachtwache.

<Die Burg ist von einem Burggraben umgeben. Keine Chance, über die Mauer komme ich nie. Die Zugbrücke ziehen sie in der Nacht auch hoch. Bleibt noch die Kanalisation, aber dazu müsste ich wissen, wo der Brunnen steht, damit ich mich in der Nacht besser orientieren kann.>

Am nächsten Tag ging er mit Sophie gezielt an der Burg vorbei. An der Zugbrücke standen Wachen. Auch wenn er ihnen erzählen würde, dass er zur Stadtwache gehörte, würden sie ihn nicht hineinlassen. Die Burg war eine eigene Abteilung mit höchster Sicherheitsstufe. Er wollte sich zurückziehen, doch wurde er von jemandem entdeckt.

„David, bist du das?"

Ein Mann kam auf ihn zu. Es war Konrad, sein alter Kommandant, als er noch Soldat war.

„Kommandant Konrad, freut mich, euch zu sehen."

David salutierte.

„Also bist du es wirklich. Ist das deine Tochter?"

„Ja, Kommandant."

„Mein Name ist Sophie, Kommandant."

Sophie versuchte David nachzuahmen, aber man sah ihr an, dass sie die Bewegung nicht gewöhnt war.

„Freut mich, dich kennenzulernen. Was macht ihr hier?"

„Sophie wollte die Burg anschauen, also haben wir einen Spaziergang vorbei gemacht."

„So so. Wie ist es dir so ergangen?"

„Es war nicht einfach, aber ich bin mittlerweile bei der Stadtwache gelandet."

„Tut mir leid, das zu hören. Ich wünschte, ich hätte damals, etwas unternehmen können, aber es war ein Befehl von oben. Aber schön, dass du dich wieder fangen konntest. Ich habe mir Sorgen, um dich gemacht."

„Ihr seid zu gütig, Kommandant."

Sophie stieß David in die Seite.

„Ah, Kommandant, ich hätte da eine Frage."

„Was willst du wissen?"

„Habt ihr eine Frau namens Theresa gesehen?"

Konrad zog die Brauen zusammen.

„Was hat es mit ihr auf sich?"

„Sie hat eine Weile bei uns gewohnt und sich um Sophie gekümmert. Vor einer Weile ist sie plötzlich verschwunden und wir halten seitdem nach ihr Ausschau."

„Nein, mir ist nichts zu Ohren gekommen. Um der alten Zeiten willen, kann ich mich umhören, wenn euch das hilft."

„Wir wären euch sehr verbunden, Kommandant."

<Auch wenn es nichts bringen sollte.>

„Wollt ihr euch die Burg mal von innen ansehen?"

„Dürfen wir das denn?"

„Solange es nur der Eingangsbereich ist und ich bei euch bleibe, geht das in Ordnung. Natürlich kann ich euch nicht alles zeigen."

<Warum bietet er uns das plötzlich an? Ich sollte vorsichtig sein.>

„Was denkst du, Sophie?"

„Ich wollte schon immer die Burg besichtigen."

„Dann nehmen wir euer Angebot dankend an, Kommandant."

Konrad führte die beiden über die Zugbrücke in den ersten Hof. Als sie an den Torwachen vorbeikamen, folgten ihnen zwei Wachen.

<Dachte ich mir schon. Das ist keine normale freundliche Führung, sondern mehr eine Eskorte.>

Heimlich sah sich David genauer um, während Konrad ihnen den Hof etwas zeigte.

<Der Brunnen ist hier in der Mitte. Das heißt, ich habe keinerlei Deckung, wenn ich ihn benutzen sollte. Es scheint auch alles gut bewacht zu sein. Die Wachen sind sowohl auf der Mauer als auch bei den Eingängen platziert. Durch die Fenster kann ich einige Patrouillen drinnen sehen. Also, wenngleich ich es über den Brunnen hineinschaffe, werde ich nur langsam vorankommen und sobald ich entdeckt werde, war es das. Eine Flucht sollte bei der Bewachung unmöglich sein. Ich werde wohl mehr Planung benötigen.>

David bedankte sich bei Konrad und machte sich mit Sophie auf den Heimweg.

„Wenn Mama wieder kommt, werde ich ihr berichten, dass ich mit Papa in der Burg war."

„Hat es dir gefallen?"

„Ja, sehr. Ich konnte mir richtig vorstellen, wie ich als Prinzessin im Hof spazieren gehe."

„Das freut mich."

Konrad schaute den beiden nachdenklich nach.

„Irgendetwas Auffälliges?"

„Nein, Kommandant."

Das schwarze Schaf - German / DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt