K05 - Besuch

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„Ich gehe schon!"

David war noch in der Küche beschäftigt und konnte Sophie nicht rechtzeitig aufhalten.

„Warte, Sophie, das ist gefährlich!"

„Papa! Papa! Mama ist zurück."

„Knall."

Der Topf, den David hielt, fiel auf den Boden.

„Hallo Schatz, darf ich hereinkommen?"

In der Tür stand niemand anderes, als seine tote Frau Theresa. Sie hatte keinerlei Anzeichen eines Toten. Im Gegenteil, sie wirkte, als wäre sie erfrischt von etwas heimgekehrt und nie gestorben. Selbst die Krankheit, die sie geplagt hatte, hatte keine Spuren an ihr hinterlassen.

„Natürlich, warum hast du nicht vorher Bescheid gegeben, dass du kommen wirst? Dann hätten wir auf dich gewartet."

<Wie kann das sein? Sie ist tot!>

„Ich hatte eine solche Sehnsucht nach euch, ich konnte mich einfach nicht zügeln."

„Mama! Mama! Ich habe auch sehnsüchtig auf dich gewartet."

„Oh, das ist lieb von dir. Dafür bekommst du eine extra Umarmung."

Theresa nahm Sophie in die Arme und sie verweilten eine Weile so. Nach außen sah es aus, als hätte die Welt eine neue Stufe des Glücklichseins erreicht.

<Wer ist sie?>

„Sophie, es ist schon spät. Du solltest ins Bett gehen."

„Aber Mama ist endlich zurück! Kann ich nicht noch etwas wach bleiben? Bittö."

„Tut mir leid, Liebes, dass ich nicht eher gekommen bin. Sei ein Liebes und hör auf Papa, ja? Wir können morgen alles besprechen."

„Aber ich will nicht!"

„Wenn du nicht hörst, werde ich nicht mehr mit dir reden und wieder gehen!"

„Was? Bitte geh nicht, Mama! Ich gehe auch brav ins Bett."

„Dann mach dich auf den Weg und wir können morgen reden."

„Versprochen?"

„Versprochen."

„Ich werde es dir nie verzeihen, wenn du es brichst. Gute Nacht, Mama."

„Gute Nacht, Liebes. Schlaf gut."

„Gute Nacht, Papa."

„Gute Nacht, Kleines."

Sophie verließ den Raum und ging in ihr Bett. David spitzte die Ohren, ob sie wirklich ins Bett ging oder sich wieder zur Treppe schleichen würde. Sie durfte auf keinen Fall hören oder sehen, was nun folgen sollte. Als er das Bett knarren hörte, war er sich sicher, dass sie sich wirklich an die Anweisung hielt.

<Zeit für die Wahrheit.>

Eine Klinge erschien aus dem Nichts und wurde an den Hals von Theresa gelegt.

„Genug gespielt. Wer bist du?"

„Ist das die Art, mit der du mich begrüßen willst?"

„Solltest du mir nicht dankbar sein, dass dein Kopf nicht bereits über den Boden rollt?"

Theresas Augen wurden schmal.

„Du würdest mich wirklich sofort töten? Auch wenn die Chance besteht, dass ich es wirklich bin?"

„Wie oft soll ich mich wiederholen? Stell meine Geduld nicht auf die Probe. Wer bist du?"

Ein Seufzer entwich Theresa.

„Ich wusste, dass du gefallen bist. Aber ich habe wohl die Schwere unterschätzt. Reden wird nicht helfen. Es ist einfacher, wenn ich es dir zeige."

Plötzlich wurde es heller im Raum. Weiße, leuchtende Flügel machten sich links und rechts von Theresa breit. Sie waren groß genug, um einen Menschen tragen zu können. Daher waren sie selbst jetzt, wo sie nicht ausgestreckt waren, etwas höher als Theresa selbst.

Geblendet stolperte David zurück und fiel rückwärts auf den Boden. Sein Schwert fiel auf den Boden, doch sein jahrelanges Training ließ nicht zu, dass er es loslassen würde, auch wenn er so geschockt wurde.

„Ein E-Engel?"

„Ja. Gott war barmherzig und hat mir den Aufstieg in den Himmel erlaubt. Ich bin ein Engel, Schatz."

David sprang vom Boden auf und zeigte mit dem Finger auf Theresa.

„Du lügst! Du bist nur ein Dämon, der sich als Engel ausgibt."

„Ein Engel darf nicht lügen. Kennst du nicht die zehn Gebote?"

„Beweis mir, dass du echt bist! Ein Dämon könnte gut das Gleiche sagen, ohne mit der Wimper zu zucken."

„Sind die Flügel nicht Beweis genug?"

„Nein, sie sind nur eine Illusion. Etwas Licht, mehr nicht."

„Da sind auch Federn. Du kannst sie gerne anfassen, wenn du willst. Aber sei vorsichtig, ich bin sehr sensibel."

Theresa streckte einen der Flügel in Davids Richtung.

„Hah, als ob ein Dämon sich keine Federn besorgen könnte. Die Flügel sind kein Beweis. Punkt."

„Hmm, wie wäre es, wenn wir morgen die Kirche betreten. Heiliger Boden hält Dämonen fern. Reicht dir das?"

„Nein, wir gehen sofort. Ich schlafe nicht mit einem Dämon unter einem Dach und ich werde dich auch nicht davonziehen lassen. Sich als meine tote Frau auszugeben, muss mit dem Tod bestraft werden. Da kenne ich keinen Spaß."

„Als ob du einen Dämon töten könntest."

„Unterschätze mich nicht."

„Nun gut, wollen wir zu unserem Abenddate aufbrechen?"

Theresa stand auf, ein Lächeln auf ihrem Gesicht.

<Was ist mit ihr falsch? Worüber freut sie sich so?>

David schüttelte den Kopf und steckte sein Schwert weg. An der Tür schaute er nachdenklich zur Treppe hoch.

<Was, wenn es eine Ablenkung ist? Ich habe sie zwar oft in der Nacht allein zurückgelassen, aber nie hat mich jemand in der Zeit weggelockt. Sollte ich dieser angeblichen Theresa wirklich folgen und Sophie ohne Schutz zurücklassen? Mir bleibt keine Wahl. Ich sollte mich besser beeilen.>

David nahm die Klinke in die Hand.

<Warte! Sie wird vor Aufregung nicht schlafen können. Was ist, wenn sie herunterkommt und niemand ist da. Ich sollte ihr Bescheid geben.>

„Warte hier draußen."

„Was ..."

David konnte nicht hören, was Theresa sagen wollte, er hatte die Tür bereits geschlossen und war auf dem Weg zu Sophie.

„Schläfst du schon, Kleines?"

„Nein. Darf ich zu Mama?"

„Nein, Kleines. Mama und Papa müssen noch etwas erledigen, also sei unbesorgt, wenn wir für eine Weile nicht zugegen sind."

„Kann ich nicht mitkommen?"

„Das geht nicht. Versuch zu schlafen, ja?"

„Wenn es sein muss."

David ging wieder nach draußen.

„Ich dachte schon, du wolltest mich so loswerden."

„Hatte ich dir nicht gesagt, dass du mir nicht davonkommst?"

„Was sollte das dann?"

„Und du willst eine Mutter sein? Wie würde ein Kind reagieren, dass nach langer Zeit seine Mama wiedersieht, nur um später in der Nacht beide Eltern nicht mehr vorzufinden? Sie würde uns sicher suchen gehen, aus Angst, dass du mich mit dir genommen hast und wir nie wieder kommen."

„Verstehe. Zumindest deine Rolle als Vater erfüllst du einigermaßen. Dann mal los."

Das schwarze Schaf - German / DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt