Kapitel 6

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Ein letzter Blick in den Spiegel sagte mir, dass ich fertig war. Perfekt aufgestylet. Meine Haare hatte ich zu einem Dutt hochgesteckt, und an einer Seite verlief eine geflochtene Strähne zum Dutt. Ich trug die helle Jeans, dunkelblaue All-Star-Chucks, ein weißes Top (das ich aus Deutschland mitgebracht hatte, es war ja nicht so, dass ich selbst keine Klamotten besaß), die Eulenkette, den Mintschal, Mintfarbenen Nagellack, weiße Perlohrringe und in meinem zweiten Ohrloch ein kleines goldenes Kreuz, und ein dunkelbraunes Lederarmband.

Michelle sah wie immer wunderschön aus, mit ihren weichen kastanienbraunen Locken und den eisblauen Augen. Das Kleid passte ihr wie angegossen, und sie trug dazu braune Ballarinas mit einer großen Schleife.

Arm in Arm verließen wir die Suite und suchten den Konzertsaal auf. Ich wäre fast umgekippt vor Erleichterung, als ich sah, dass im Saal Stühle standen.

Ungeduldig wippte Michelle auf ihrem Stuhl hin und her, während ich überrascht realisierte, wie leer der Saal war. In Deutschland waren sie total berühmt, aber wie sah das hier aus? Anscheinend hier nicht...oder es wusste einfach niemand vom Konzert. Was mir ein Rätsel war.

Dann, endlich dunkelte sich der Saal auf und One Direction wurde angekündigt. Mein Herz machte einen Satz, als ein blonder Typ auf die Bühne trat. Ähh, Herz? Geht's noch?

Michelle sprang – wie plötzlich alle anderen um mich herum – auf und schrie begeistert mit den anderen Fans um die Wette. Ich hob eine Braue. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen?

Doch um nicht aufzufallen stand auch ich auf, allerdings hielt ich es für zu lächerlich, jemandem zuzujubeln, den ich nicht kannte. Um mich herum stritten Jubelschreie um die Wette:

„Louis!“, „Harry!“, „Zayn!“, „Liam!“, „Niall!“

Die Blicke glitten durch die Reihen, und die blauen Augen des blonden trafen mich. Wir sahen uns in die Augen, bis seine Augen weiterglitten.

Sie sangen und sangen und sangen und sangen... und irgendwann musste ich zugeben, sie gar nicht so schlecht zu finden. Am Ende schrie ein lockiger in das Mikrofon:

„So jetzt haben wir noch eine Überraschung für euch...“

Der blonde sprach weiter: „Ihr alle hattet mit dem Kauf der Tickets die Möglichkeit, ein Meet & Greet mit uns zu gewinnen. Auf euren Tickets... Auf vier ist ein Sternchen drauf. Denen möchte ich herzlich gratulieren. Ihr kommt bitte mit euren Tickets zu Paul“, er deutete auf einen Mann neben der Bühne, „der gibt euch die Backstage-Pässe.“

Michelle sah auf ihr Ticket – und schrie. „Oh mein Gott, Oh mein Gott!! Alina!! Ich habe ein Sternchen auf meinem Ticket!“ Damit handelte sie sich ein paar neidische Blicke ein, aber das interessierte sie nicht. Ich schaute auf mein Ticket und musste feststellen, dass ich tatsächlich enttäuscht darüber war, kein Sternchen zu sehen. Als Michelle merkte, dass ich auch noch da war.

„Oh.“ Sie sah mich enttäuscht an. „Ich meine, wenn du nicht willst, dann gehe ich nicht...“ Aber ihrer Stimme war deutlich die Trauer anzuhören.

„Ach Quatsch, geh nur“, forderte ich sie auf und lächelte sie aufmunternd an.

„Nur mit dir! Ohne dich nicht!“, sagte sie und lächelte. Sie schleppte mich zu dem Mann.

„Entschuldigung. Ich habe ein Sternchen. Aber meine Freundin hier... sie hat keins. Und ich will sie nicht alleine nach Hause schicken, sie wissen ja, wie das heutzutage ist. Sie könnte entführt oder getötet oder weiß Gott was werden.“

Der Mann sah mich an. „Tut mir leid, Kleine, da kann man nichts machen.“

Ich zuckte mit den Schultern und sagte: „Ist schon in Ordnung. Wirklich. Ist doch nichts dabei. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“

„Nein, kannst du nicht!“, meckerte Michelle.

Der Mann – Paul – zuckte mit den Schultern.

„Hören Sie mal-“, zischte Michelle, aber ich fiel ihr ins Wort. „Michelle, lass gut sein. Ich bin sowieso nicht besonders scharf drauf.“

„Ähh. Geh mal zur Seite“, fauchte ein Mädchen mit roten wilden Locken hinter uns.

Sie schob uns zur Seite und zeigte ihr Ticket, woraufhin man ihr einen Pass gab und auf eine Tür deutete, die hinter die Bühne führte. Das gleiche passierte mit dem nächsten Mädchen (es hatte wasserstoffblonde Haare und knallrote Lippen).

So langsam leerte sich der Saal, und Michelle funkelte Paul wütend an.

Da kam ein Mann mit schwarzem Anzug aus der Tür, in der die Mädchen verschwunden waren, und hielt Paul ein Ticket vor die Nase.

„Es ist nicht verkauft worden. Das heißt, wir haben ein Mädchen zu wenig.“

Paul sah uns an. „Glück gehabt. Anscheinend ist soeben ein Platz frei geworden, den du füllen kannst, Kleine.“

Michelle sprang in die Luft. „Oh mein Gott!“

Paul gab mir und Michelle die Pässe und wir gingen durch die Tür.

Wir kamen in einen geräumigen Raum, in dem eine Treppe heraufführte. Ein weiterer Mann bedeutete uns, die Treppe hoch zu gehen.

Wir öffneten die Tür am Treppenende und – Schock. Dort saßen also Harry & Co. (die anderen Namen kannte ich nicht).

Auf der anderen Seite der Scheibe ..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt