Kapitel 14

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Alina:

Als ich dann am Abend aufwachte, war Niall weg. Enttäuschung breitete sich in mir aus. Aber was hatte ich erwartet? Dass ein Star wie er nichts besseres zu tun hatte als ein ganz normales Mädchen wie mich in seinen Armen schlafen zu lassen? Wenn ja, dann war ich beachtlich naiv.

Ich beschloss, mir erneut die Haare zu kämmen und meine Zähne zu putzen.

Als ich allerdings das Wohnzimmer betrat, war ich so erschrocken, dass ich über meine eigenen Füße stolperte. Starke Arme fingen mich auf und stellten mich wieder auf die Füße. Ich blickte direkt in die Augen von niemand Geringerem als Niall Horan.

Und jetzt dazu, was mich so erschrocken hatte: Alles um uns herum war abgedunkelt, nur hier und da gaben Kerzen einen romantischen Schein von sich. Ein kleiner Tisch stand in der Mitte und war gedeckt – es war wie im Traum und ich fühlte mich wie in Edwards Suite versetzt (Pretty Woman, hehe).

Niall grinste und ich sah verlegen weg. Wieso musste ich mit so einer Tollpatschigkeit gesegnet worden sein? Niall hob mein Kinn, sodass ich nicht anders konnte, als in seine blauen Augen zu sehen und tief in ihnen zu versinken, wie die Titanic im Ozean.

Dann nahm er vorsichtig meine Hand und führte mich zum Tisch, zog mir den Stuhl heran und ging um den Tisch herum zu seinem Stuhl. Er nahm die Speisekarte – Speisekarte?! - in die Hand und grinste mich darüber hinweg verschmitzt an.

„Was darf es sein, Püppschenne?“, ahmte er den französischen Akzent nach.

Einmal Niall Horan bitte!, dachte ich mir und lachte in mich hinein.

„Darf isch mitlachenne?“

„Hör auf damit“, sagte ich und schlug ihn mit der Serviette. Er lächelte goldig und weiße Zähne kamen zum Vorschein. Erst jetzt erwischte ich mich, dass ich ihn anstarrte. Schnell sah ich weg.

„Bitte nicht sabbern“, zog er mich auf.

Schüchtern sah ich zu Boden.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet. Was willst du haben?“

„Ist ja nicht irgendwie komisch, eine Speisekarte in der eigenen Suite stehen zu haben als wär sie ein Restaurant.“ Doch er zuckte nur mit den Schultern.

„Such dir was aus“, lud er mich ein.

Ich strahlte ihn an. „Such du für mich aus.“

„Gut, also einen Hackfleischteller mit Schokolade und Honig?“

„Was?!“ Ich schnappte ihm die Karte weg, um zu sehen, was da wirklich stand. Tatsächlich.

'Hackfleischteller mit Schokolade und Honig' stand in verschnörkelter Schrift darauf. Ich starrte ihn an.

„Jetzt mach ernst“, forderte ich ihn auf. Er nickte, winkte den Kellner heran – Oh mein Gott, wie lange stand der da schon? - und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dieser nickte und verschwand in der Tür.

Nach einer Weile, in der Niall mich angestarrt und ich immer wieder verunsichert weggeguckt hatte, kam der Kellner einem Korb voll Baguette wieder. „Die Vorspeise“, erklärte er und stellte es auf den Tisch. Daneben stellte er alle möglichen Dips auf.

Als der Kellner sich ein wenig entfernt hatte, raunte ich Niall zu: „Willst du mich verarschen? Wenn das die Vorspeise ist, wie soll ich dann danach noch weiter essen können?“

Niall zuckte nur die Schultern und nahm sich ein Baguette, tauchte es in die vielen verschiedenen Dips und schob es sich in den Mund. Meine Kinnlade klappt herunter.

Mit vollem Mund musste er lachen und konnte gerade noch schlucken, bevor er prustend sagte:

„Gut, dass ihr hier keine Fliegen habt, sonst wär dein Mund ein gemütlicher Rastplatz gewesen.“

Erschrocken hielt ich mir eine Hand vor den schnell geschlossenen Mund und brach ein Stück von einem Baguette ab, tauchte es in den ersten Dip – und aß das himmlischste, was ich je gegessen hatte. Mit leuchtenden Augen probierte ich die Dips nach und nach aus und der Korb leerte sich ungewöhnlich schnell.

Der Kellner brachte die Vorspeise und ich war hin - und hergerissen. Dann dachte ich mir: Was soll's und probierte eine Gabel voll. Okay, jetzt war das hier das Leckerste was ich je gegessen hatte.

„Mhh... Was ist das?“, wollte ich von Niall wissen. Der grinste belustigt und fing laut an zu lachen.

„Was?“ Verwirrt sah ich ihn an.

„Das, meine Liebe, ist ein Hackfleischteller mit Schokolade und Honig.“

Mitten im Kauen hielt ich inne und schluckte angestrengt.

Dann schob ich angewidert meinen Teller zu Niall herüber. „Danke, ich verzichte.“

Schulterzuckend aß er eine Gabel davon. Ihn schien das nicht zu stören. Sogar beim Essen sah er göttlich aus. Baah, Hackfleischteller mit Schokolade und Honig! Angewidert rümpfte ich die Nase.

„Gerade fandest du es noch lecker“, sagte er.

„Ja, gerade wusste ich auch noch nicht was es ist!“

Nachdem er also seinen eigenen Hauptgang und dieses eklige Zeug herunter stopfte, und mich tausendmal fragte, ob ich etwas anderes will, führte er mich an der Hand aus der Suite (vorher erinnerte er mich an den Schlüssel und ermahnte mich, eine Jacke anzuziehen), eine Treppe hinauf und auf einmal standen wir über den Dächern Londons.

„Wow!“ Ich bewegte mich nicht vom Fleck. Kein guter Augenblick, zu erwähnen, dass ich Höhenangst hatte.

Es war eine Dach-Terrasse und er breitete eine karierte Picknickdecke darauf aus.

„Heute ist Nacht der Sterne“, sagte er, „wenn man den Nachrichten trauen kann.“

Ich lachte und wäre fast in Ohnmacht gefallen, so süß war er.

Der Kellner brachte einen kleinen Picknickkorb und verzog sich daraufhin wieder.

„Augen zu“, forderte Niall mich auf, „und Mund auf.“

Ich weigerte mich. „Ich vertraue deinem Geschmack nicht so wirklich..“

Er lachte und sagte: „Es ist nichts schlimmes.“

Widerwillig gehorchte ich. Etwas schob sich in meinen Mund.

„Und jetzt kauen“, befahl Niall. Es schmeckte süß. Und lecker. Und nach Erdbeeren mit Schokolade überzogen. Geil.

Ich riss die Augen auf. „Lecker!“, schrie ich, während er Champagner in zwei Gläser schüttete und ich mir Gedanken machte, wie kostspielig das alles hier war.

Dann dachte ich an die Strickjacke mit den goldenen Knöpfen und musste grinsen. Klar. Michelle hatte ja auch so viel Geld mehr als Niall.

Niall hielt mir mein Glas hin. Toll. Irgendwann musste der Augenblick kommen, wenn ich zum ersten Mal Alkohol trank. Aber nicht jetzt. Nicht hier. Nicht mit Niall.

So lehnte ich dankbar nickend ab.

Wir guckten uns also auf dem Dach eines Luxus-Hotels die Sterne an und schoben uns gegenseitig schokoladenüberzogene Erdbeeren in den Mund. Es war einer der schönsten Abende meines Lebens. Das war die Untertreibung des Jahrhunderts! Es war der schönste Abend meines Lebens.

Auf der anderen Seite der Scheibe ..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt