Es ist spät, als ich aufwache. Ein Sonnenstrahl kitzelt mich an der Nase und ich muss niesen. Ich öffne ein Auge, um es direkt wieder zu schließen, weil es mir zu hell ist. Ich strecke mich und setze mich irgendwann auf. Meine Augen öffnen sich und ich sehe mich in der Hütte um. Die Schlafsäcke der anderen Mädchen sind leer. Und auch Henri scheint schon aufgestanden zu sein.
Ich strecke meine Hände nach oben und krabbele aus dem Schlafsack. Es ist unfassbar hell, weshalb ich mich wundere, wieso ich noch nicht aufgewacht bin. Vielleicht, weil ich gestern noch über Ninas Worte nachgedacht habe? Vielleicht, weil ich einfach so gut geschlafen habe?
Ich ziehe eine Cargohose und ein Oversized Shirt mit Aufdruck aus der Tasche und weil eh keiner in der Hütte ist, ziehe ich mich schnell hier um. Dann öffne ich die Tür und laufe nach draußen.
Obwohl eigentlich alle wach sind, ist niemand von den anderen zu sehen. Ich laufe den Waldweg zum Haupthaus entlang, was mir noch vom gestrigen Abend bekannt vorkommt. Ich erinnere mich noch genau an Ninas Worte. Sie mag dich echt. Aber auf welche Art kann nur sie dir sagen, hat sie gesagt. Sie hat recht. Nur Henri weiß, wie sehr sie mich mag. Irgendwann werde ich es schon erfahren.
Beim Gedanken daran, dass dieser Tag schon der vorletzte im Camp sein wird, breitet sich ein unangenehmes Kribbeln in mir aus. Ich will nicht, dass alles vorbei ist. Denn obwohl ich am Anfang gar keine Lust auf alles hatte, gefällt es mir jetzt unglaublich gut. Ich habe nur noch zwei Tage, die ich mit Henri verbringen kann. Ich habe nur noch zwei Tage, an denen ich Henri meine Gefühlen gestehen kann. Aber wie zum Teufel kann ich eigentlich schon solche Gefühle für sie haben, wenn ich sie erst einen Tag kenne?
Ich biege am Haupthaus ein und laufe auf den Platz dahinter. Wie vermutet sind die Bänke schon gefüllt, aber Henri winkt mir von Weitem zu, als Zeichen, ich solle mich neben mich setzen. Das Problem: Auch Lou winkt mir von der anderen Seite zu. Zu wem soll ich laufen? Es ist wie die Entscheidung, die seit gestern vor mir steht, nur vereinfacht. Entscheide ich mich für Lou oder Henri? Es geht hier nicht nur ums Sitzen.
Weil ich weiß, dass mein aktueller Liebeskummer Lou bedingt ist, werfe ich ihr einen entschuldigenden Blick zu – auch wenn ich weiß, dass damit später noch ein Gespräch auf mich zukommen wird – und setze mich neben Henri. Sie scheint verwundert, als ich zu ihr komme, aber sie freut sich.
»Du kannst auch neben Lou sitzen. Alles gut.«, kommt es von ihr, als ich mich auf die Bank fallen lasse.
»Nein, ich sitze gerne hier.«, erwidere ich und lächele Henri an, um mich dann umzudrehen und einen Blick in Lous Richtung zu werfen. Sie sieht mich nicht an, aber scheint einsam, was mir auch wieder leid tut. Der Tag fängt ja super an...
»Okay...«, sagt sie. Ich schnappe mir ein Brötchen aus dem Korb und schmiere Butter darauf, um dann Marmelade drüber zu streichen. Ich will gerade reinbeißen, als ich merke, dass Henris Blick an Lou hängt. Ähm, was tut sie da? Mag sie Lou? Niemals! Lou scheint nicht zu merken, dass Henri sie anstarrt und isst einfach weiter. Als Henris Blick wieder zu mir gleitet, gucke ich sofort weg und tue so, als würde ich mich nur für mein Brötchen interessieren.
»Du magst Lou, oder?«, kommt es dann von Henri. Ich gucke sie geschockt an. Wahrscheinlich bin ich knallrot. Woher weiß sie das? Wie kann sie eigentlich alles sehen, was ich fühle? Bin ich so offensichtlich?
»Bisschen«, gebe ich zu und beiße in mein Brötchen. Henri muss ja nicht sofort die Wahrheit wissen.
»Mag sie dich auch?«, will Henri wissen. Ich schüttele sofort den Kopf. Ich weiß es ja selbst, auch wenn es noch nicht in jedem Teil von mir angekommen ist. Lou liebt mich nicht und wird es auch niemals tun. Das ist hart, aber es war schonmal schwerer für mich. Mein Liebeskummer vergeht, zumindest irgendwann. Ich bin auf einem guten Weg. Bald hat der Schmerz ein Ende. Bald.
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The Summer Of Our Lives - Henri und Charlie
Teen Fiction»Ich fühle mich gut bei ihr. Ich fühle mich richtig. Perfekt so, wie ich bin. Dieses Gefühl hatte ich noch nie bei irgendjemandem« Henri und Charlie sind so verschieden, wie zwei Mädchen nur sein können. Henri liebt es, sich zu stylen und mit ihren...