Kapitel 26 - Henri

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Am nächsten Morgen werde ich von einem Sonnenstrahl geweckt, der durch eine schmale Lücke im Holz meine Nase kitzelt. Es ist warm im Schlafsack und Charlie scheint noch zu schlafen. Weil ich einfach nicht wegwill, bleibe ich liegen und drehe mich zu meiner Freundin. Ich sehe sie einfach nur an. Wie sie ihre Augen geschlossen hat und ihr Atem gleichmäßig durch ihre Nase ein- und austritt. Sie sieht so süß aus, dass ich sie am liebsten in meine Arme nehmen und küssen würde. 

Ich lächele und drücke ihr einen Kuss auf die Wange. Ich kann immer noch nicht glauben, dass Charlie und ich wirklich zusammen sind. Gestern ist es wirklich passiert. Und heute ist Abreisetag. Ein guter Grund, total nervös zu sein. Ich werde mich heute bei meiner Familie outen. Ich habe echt Schiss, dass sie schlecht reagieren könnten. Aber ich werde alles dafür tun, weiter mit Charlie zusammenbleiben zu dürfen. Ich brauche sie einfach. Ohne sie ist mein Leben nicht dasselbe. Ich habe keine Ahnung, wie ich es überhaupt ohne sie geschafft habe. Und wieso hätte ich sie nicht früher kennenlernen können? Ich fürchte, es war Schicksal. Das Schicksal wollte, dass wir erst jetzt aufeinandertreffen. Und das haben wir getan. Und es ist perfekt. 

Charlie grunzt und atmet tief ein. Dann öffnet sich ihr linkes Auge und sieht direkt in meins. Sofort öffnet sich auch das zweite. Ihre dunkelbraunen Augen strahlen mir glücklich entgegen, sodass ich lächeln mich. 

»Morgen.«, flüstere ich leise. Charlie streckt sich und reibt ihre Augen, dass lässt sie sich wieder schlapp fallen. 

Ich strecke meinen Arm aus und lege meine Hand an Charlies Taille. Mit den Fingerspitzen streichele ich über ihre Haut, überzogen mit dem Shirt, das sie schon gestern Abend anhatte. 

»Wie viel Uhr ist es?«, grummelt Charlie. 

Ich zucke mit den Schultern, aber löse mich von ihr – auch wenn ich sie am liebsten für immer so gehalten hätte – und greife nach meinem Handy im Rucksack. Ich schalte es an. In weiß strahlen mir die Zahlen 09:15 entgegen. 

»Viertel nach neun.«, gebe ich an Charlie weiter und weil meine Augen sich noch nicht an die Helligkeit meines Handys gewöhnt haben, schalte ich es wieder aus und lege es zurück in die Tasche. Mir fällt auf, dass mein kompletter Bereich voller Klamotten ist, die ich rücksichtlos auf den Boden habe fallen gelassen. Höchste Zeit, aufzuräumen. 

Während Charlie also noch langsam wach wird, falte ich ordentlich meine Klamotten und packe sie zusammen mit den anderen Sachen in den Rucksack, der überraschenderweise nicht halb so gut zugeht, wie er vor dem Camp zuhause ging. Doch mit Mühe und Not schaffe ich es, ihn zu schließen. 

»Ich will noch nicht weg.«, murmelt Charlie, die sich inzwischen aufgesetzt hat. Ihre Haare sind verzottelt und stehen auf jeder Seite ab, was so süß aussieht, dass ich am liebsten durchwuscheln würde. Aber ich halte mich zurück.

Ich werfe einen Blick auf die anderen Matratzen. Natürlich sind die anderen Mädchen schon lange wach, haben perfekt gepackt und sind wahrscheinlich schon zu einem Morgenlauf aufgebrochen. Ich glaube, wenn ich Charlie nicht hätte, würde ich mich total verloren hier fühlen. 

Mein Blick schweift weiter durch den Raum. Lauter aufgeräumte Betten – auch meins sieht okay aus -, nur der Bereich von Charlie... lässt noch zu wünschen übrig. Überall fliegen Kleidungsstücke herum und ihr Kissen liegt gefühlt am anderen Ende des Raums. Wie aufs Stichwort scheint sie das Chaos auch erblickt zu haben. 

Sie stöhnt genervt. Ich würde meinen letzten Tag mit ihr auch gerne anderes verbringen, aber wir müssen nun mal packen. Um zwölf stehen unsere Eltern hier und holen uns ab. Unsere Eltern. Eine Welle der Besorgnis durchspült mich wieder. Ich kann nicht aufhören, mir vorzustellen, wie meine Eltern wohl reagieren würden. 

The Summer Of Our Lives - Henri und CharlieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt