Kapitel 21 - Charlie

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Alle Blicke hängen auf mir und Henri. Gott, es war so eine bescheuerte Idee von Henri. Was tue ich hier oben? Ich gehöre hier überhaupt nicht hin. Ich bin keine Rampensau und singen kann ich auch nicht. Was zum Teufel tue ich hier? Wieso habe ich mich nicht einfach geweigert?
Henri nimmt die Mikros aus Ninas Hand und reicht mir eins. Mit zitternden Fingern nehme ich es entgegen. Auf was lasse ich mich hier nur ein? 

Hinter uns auf der Leinwand erscheint die Lyrics von Girls. Der Strich vor dem Text färbt sich langsam dunkelrot und das erste Wort beginnt. Weil ich keine Anstalten mache, loszusingen, übernimmt Henri den Job. 

»I've been hiding for so long. These feelings, they're not gone.«, setzt sie an und es klingt... himmlisch. Ich wünschte, ich könnte so gut singen, wie sie. »Can I tell anyone?«

Henri wirft mir einen auffordernden Blick zu. Ich bin dran. Gott, was tue ich hier nur für einen Mist? 

Mit zitternden Fingern hebe ich meine Hand und halte das Mikro vor den Mund. 

»Afraid of what they'll say. So I push them away. I'm acting so strange." Ich bringe den Gesangspart hinter mich. Als ich Henri einen zweifelnden Blick zuwerfe, lächelt sie mich aufmunternd an, als wolle sie sagen Du warst super, auch wenn ich weiß, dass ich alles andere war, als super

»They're so pretty, it hurts. I'm not talking about boys, I'm talking about girls. They're so pretty with their button-up shirts«, singen wir gemeinsam. Ich mag das Lied wirklich, nicht nur weil es meine Lesben-Gefühle vor dem Outing widerspiegelt, sondern auch weil ich die Melodie schön finde. Trotzdem bin ich gerade mit der gesamten Situation einfach überfordert. Was hat sich Henri nur dabei gedacht, zu sagen, dass ich mit ihr singen würde? Auch wenn das Publikum grölt, pfeift und klatscht, fühle ich mich unwohl. 

Die zweite Strophe setzt an und weil Henri mich wieder mit diesem erwartungsvollen Blick ansieht, beginne ich mit dem Singen. 

»I shouldn't be feeling this. But it's too hard to resist. Soft skin and soft lips.«, singe ich wieder. Alle grölen und weil Henri übers ganze Gesicht strahlt, bin ich auf einmal auch viel besser drauf. 

»I should be into this guy. But it's just a waste oft time. He's really not my type. I know what I like.«, führt Henri fort. 

»No, this is not a phase.«, singe ich wieder. So langsam beginnt diese Sache, mir Spaß zu machen. Es ist schön, wie glücklich Henri ist und wie alle anderen aus dem Camp toben. »Or coming of age. This will never change.«

»They're so pretty, it hurts. I'm not talking about boys, I'm talking about girls. They're so pretty with their button-up shirts«, grölen wir zusammen. Ich singe so laut, wie ich kann. Es macht richtig Spaß. »They're so pretty, it hurts. I'm not talking about boys, I'm talking about girls. They're so pretty with their button-up shirts«

»'Cause I don't know what to do.«, kommt es von Henri nach einer kurzen melodischen Pause. 

»It's not like I get to choose.«, führe ich mit dem nächsten Vers fort.

»Who I love«, singen wir beide wieder zusammen. 

»Who I love«, kommt es von Henri. 

»Who I love«, wiederhole ich. 

»Who I love« 

Wir setzen wieder zusammen zum Refrain an, der zum Schluss gleich zweimal hintereinander erklingt. Es ist, als wäre die Zeit stehengeblieben. Ich stehe einfach nur hier, neben Henri. Singe mir die Seele aus dem Leib, als würde mein Leben davon abhängen, während alle anderen aus dem Camp vor uns tanzen und grölen, als wären wir eine berühmte Band, anstatt einfach nur zwei Mädchen. Zwei Mädchen, die sich mögen. Sehr. 

The Summer Of Our Lives - Henri und CharlieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt