Kapitel 24 - Henri

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Ich nehme einen tiefen Zug vom angenehmen Natur-Duft, vermischt mit Charlies Geruch. Sie riecht gut. Nach Blumenwiese und Wald. Auch wenn ich keine Ahnung habe, ob der Waldgeruch vielleicht doch eher der Kulisse bedingt ist. 

»Oh, you make me complete. You make me complete. You make me a complete mess.«, dröhnt die Musik durch die Wände. Ich spüre das Vibrieren des Basses unter meinen Füßen. 

Charlie und ich laufen langsam zu unserer Hütte, über uns der tiefschwarze Himmel, über den sich tausende Sterne strecken. 

»Wusstest du, dass die Sterne, die wir hier gerade sehen, vielleicht seit hunderttausend Jahren nicht mehr existieren?«, kommt es leise von Charlie. 

»Echt?«, frage ich leise. Mein Blick schweift nach oben. Unzählige Sterne leuchten da um die Wette. Manche heller, manche dunkler. Hin und wieder wird die Romantik der Sterne von einem Flugzeug unterbrochen. 

»Ja. Die sind ja teilweise tausende Galaxien entfernt und das Licht muss erstmal zu uns kommen.« 

Wow. Das ist echt beeindruckend! Es ist komisch sich vorzustellen, dass der Stern, den man gerade am Himmel sieht, vielleicht schon lange nicht mehr existiert. 

»Aber Licht ist doch total schnell?« Wenn ich richtig in Physik aufgepasst habe, ist Licht schneller als alles andere. Wie kann es dann sein, dass es teilweise zehntausend Jahre braucht, bis es hier ist? Zehntausend Jahre! Das muss man sich erstmal vorstellen. 

»Ist es auch, aber die Sterne, beziehungsweise Sonnen, sind unfassbar weit weg.«

»Sonnen?« Ich fühle mich gerade irgendwie dumm neben Charlie. Sie scheint sich wirklich auszukennen. Ich wusste gar nicht, dass sie sich so für Astronomie interessiert. 

»Ja. Sterne, die selbst leuchten, sind Sonnen.«, erklärt Charlie. Irgendwie ist das total interessant. Keine Ahnung, ob das nur daran liegt, dass es von Charlie erklärt wird, aber im Unterricht war ich nie so interessiert. Ich sollte Unterricht bei Charlie nehmen. 

Stille breitet sich zwischen uns aus, immer wieder unterbrochen von Piepsen von Vögeln oder dem Rascheln der Bäume im Wind. Es ist angenehm warm, aber nicht so warm, dass man schwitzt. 

Ich werfe wieder einen Blick auf den Himmel. 

»Da! Eine Sternschnuppe!« Ich zeige nach oben. Charlie verrenkt sich den Kopf, um sie zu sehen, aber sie ist bereits verschwunden. 

»Mist!«, flucht sie, während ich im Kopf durchgehe, was ich mir jetzt wünsche. Dass es noch ganz lange dauert, bis das Camp vorbei ist? Dass ich einen schönen Abend mit Charlie und den Jungs habe? Nein. Ich habe eine viel bessere Idee. 

Ich schließe die Augen, sodass der Sternenhimmel vor meinem Gesicht verschwindet. Ich wünsche mir, dass ich lange mit Charlie zusammenbleibe. Am Besten für immer. Denn zumindest gerade habe ich das Gefühl, dass Charlie das perfekte Mädchen für mich ist. 

Viel zu schnell kommen wir an der Hütte an, ohne noch eine weitere Sternschnuppe gesehen zu haben. Wir öffnen die Holztür, die ein lautes Knarzen von sich gibt, und schalten das Licht in der Hütte an. Die Tür fällt hinter uns zu und wir lassen uns auf unsere Matratzen fallen. Nebeneinander liegend starren wir an die Decke, wo eine fette Spinne in ihrem Netz sitzt.

Normalerweise würde ich kreischend aufstehen und meine Eltern bitten, sie zu entfernen, aber gerade ist es mir komischerweise einfach egal. Weil es nicht das ist, was zählt. Was wirklich zählt, ist, dass Charlie hier liegt. Direkt neben mir. Und das ist das wichtigste für diesen Moment. 

Ich genieße jede Sekunde, bis mir einfällt, dass wir in weniger als einer Viertelstunde unsere Verabredung mit Max und Marlon haben. 

Schwungvoll setze ich mich auf und tippe Charlie mit dem Zeigefinger auf dem Unterarm, weil sie bereits die Augen geschlossen hat. Sie sieht so unglaublich süß aus, wie sie dort liegt. Ich würde meinen Kopf am liebsten auf ihre Schulter fallen lassen und neben ihr einschlafen. Aber wir haben eine Verabredung! Und es wird höchste Zeit, sich dafür fertig zu machen. 

The Summer Of Our Lives - Henri und CharlieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt