Nein oder Ja? Nein oder Ja? Das ist die einzige Frage, die gerade in meinem Kopf herumschwirrt. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, während ich erwartungsvoll in Henris wunderschöne Augen starre und ihre Antwort abwarte. Ich weiß, dass diese Situation von Lou echt nicht cool ist und das werde ich ihr auch später sagen, aber trotzdem will ich jetzt irgendwie wissen, wo ich mit Henri dran bin. Ich weiß dass sie bi ist und ich weiß, dass sie gerade auf ein Mädchen steht, aber ich weiß nicht, ob ich dieses Mädchen bin.
»Ich, ähm...«, setzt sie an, während Lous Blick immer wieder von ihr zu mir und zurück gleitet. Okay, ich wüsste gerne, was Henri für mich empfindet, aber was Lou hier tut, ist echt nicht cool. Sie setzt Henri total unter Druck. Selbst wenn sie auf mich stehen würde, könnte sie doch selbst entscheiden, wann und wie sie mir das sagen will. Wenn sie das überhaupt will.
»Lou, lass sie doch.«, gehe ich dann dazwischen. Henri sieht wirklich gequält aus und ich will nicht, dass es ihr schlecht geht. Vielleicht ist das mein Beschützer-Instinkt, der sich bei ihr immer mehr durchsetzt.
»Wieso denn? Ist doch lustig!«, erwidert sie und erntet dafür einen bösen Blick von mir.
»Nein, ist es nicht!«, erwidere ich. »Lass uns bitte, okay?«
»Okay, chill!« Sie erhebt ironisch die Hände, als hätte ich ihr eine Waffe vorgehalten. Sie rennt an uns vorbei und läuft davon, aber nicht, ohne uns noch ein Viel Spaß beim Turteln zuzuwerfen. Eigentlich mag ich Lou ja, aber diese Aktion geht echt gar nicht. Ich verstehe nicht, was das soll.
»Sorry, sie kann echt nervig sein...«, entschuldige ich mich, auch wenn ich weiß, dass es eigentlich nicht meine Schuld ist. Henris Kopf ist hochrot gefärbt und ich glaube, meiner sieht auch nicht besser aus.
»Kannst du doch nichts für.«, erwidert sie wie erwartet. Ich bin echt böse auf Lou. Das, was sie hier abgezogen hat, ist echt nicht okay. Je länger ich darüber nachdenke, desto weniger verstehe ich, wieso ich überhaupt so verknallt in sie war. Sie hat mich nur verletzt, auch wenn sie natürlich nichts dafür kann, dass sie heterosexuell ist. Sie ist vielleicht heiß und mit ihr ist es oft echt lustig, aber was sie gerade mit Henri gemacht hat, war echt nicht okay.
Eine Weile laufen wir schweigend nebeneinanderher. Keine von uns weiß wirklich, was sie sagen soll, zumindest geht es mir so. Während ich mir gerade überlege, wie ich Lou diese bescheuerte Aktion heimzahlen kann, beginnt Henri wieder mit einem Gespräch.
»Was ziehst du eigentlich heute Abend auf der Party an?«, fragt sie mich.
»Ich weiß nicht. Mom hat darauf bestanden, dass ich für die Party was Schickes mitnehme, aber ich hatte keinen Bock, deswegen haben wir uns glaub ich auf ein Hemd und eine Jeans geeinigt.«, sage ich.
Ich habe meine Mutter wirklich lieb, aber manchmal nervt sie etwas. Sie besteht darauf, dass ich bei jedem Familientreffen ein Kleid trage, obwohl ich Kleider einfach hasse. Genauso wie sie darauf besteht, dass ich bei homophoben Äußerungen innerhalb meiner Familie nicht eingreife. Ja, das habe ich einmal getan. Was soll man denn tun, wenn die Tante eine Aussage wie „Lesben sind echt ekelhaft, die müssen ihre Sexualität doch nicht immer überall zeigen!" abgibt. Ich kann doch nicht den Mund halten, wenn sie damit letztendlich mich beleidigt!
Ich habe in der Situation natürlich nicht den Mut gehabt, mich vor ihr zu outen, aber ich habe ihr gesagt, dass sie ihre Heterosexualität doch auch zeigt und es bescheuert ist, andere Leute für andere Lebensweisen zu verurteilen. Daraufhin hat sie mich nur angestarrt und das Thema gewechselt. Solchen Sprüchen begegne ich aber glücklicherweise nur selten in meinem Alltag. Ich gehe zwar so offen mit meiner Homosexualität um, dass meine Freunde davon wissen, aber weil ich noch keine Freundin gehabt habe, begegne ich sicherlich weniger Homophobie als andere.
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The Summer Of Our Lives - Henri und Charlie
Teen Fiction»Ich fühle mich gut bei ihr. Ich fühle mich richtig. Perfekt so, wie ich bin. Dieses Gefühl hatte ich noch nie bei irgendjemandem« Henri und Charlie sind so verschieden, wie zwei Mädchen nur sein können. Henri liebt es, sich zu stylen und mit ihren...