Kapitel 14

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Marlene

„Marlene!"

Vor mir stand tatsächlich Raphael. Ich hatte kurz gehofft, es wäre dem Alkohol geschuldet, dass ich den Mann, der mich in dieser Ecke vom Club angerempelt hatte, für Raphael hielt. Aber er war es wirklich.

Ich hatte gewusst, dass er in Berlin war und ich wusste auch, dass sein Studio in der Nähe war, weshalb ich schon ein ungutes Gefühl gehabt hatte, als ich meinen Mädels zusagte mit ihnen in diesen Club zu gehen. Aber ich hatte gehofft, dass Berlin groß genug sei, um hier niemanden aus Versehen zu treffen. Hat ja super funktioniert.

„Raphael, was machst du denn hier?" Durch den kleinen Flur, in dem wir standen, drängten immer wieder Menschen, sodass er ein Stück näher an mich heranrücken musste, um Platz zu machen. Mir stieg sein Bleu de Chanel in die Nase und sofort fiel mir wieder ein, weshalb ich Raphael nicht so schnell wiedertreffen wollte. Ich wusste, dass er mich noch immer anzog. Trotz des Korbs, den ich ihm bei unserem letzten Treffen gegeben hatten und obwohl mein Kopf wusste, dass ich mich lieber von ihm fern halten sollte, hatten wir uns nicht komplett voneinander lösen können. Wir hatten sporadisch miteinander geschrieben, aber verstanden uns noch immer genau so selbstverständlich wie bei unseren Dates zuvor. Und wie er jetzt vor mir stand, mit einer Aura, die den ganzen Club einzunehmen schien, und fast noch trainierter als vier Wochen zuvor, wusste ich auch wieder, warum ich Angst hatte, mich zu verbrennen.

„Bonez hat mich hierher geschleppt, ich wollte eigentlich im Studio bleiben. Aber seit wann bist du denn aus Italien zurück?"

„Seit...zwei Stunden. Ich wurde vom Flughafen direkt hierher gebracht."

„Mit den heißen Stiefeln und dem kurzen Rock sitzt du im Flieger? Vielleicht sollte ich mal nicht immer den Privat-Jet buchen."

„Ragucci! Dir steigt der Wodka im VIP-Bereich zu Kopf."

„Du hast mich also schon beobachtet? Sicher, dass du zufällig in diesem Club bist?", gab Raphael lachend zurück. Ich wusste nicht, ob ich über seine Flirtversuche lachen sollte oder sauer war.

„Hätt' ich gewusst, dass du hier bist, wär ich nicht gekommen. Oder was meinst du, warum ich dich sehe und trotzdem nicht zu dir komme?", reckte ich ihm trotzig mein Kinn entgegen.

„Du hast mir auch einen Korb gegeben und trotzdem weiter mit mir geschrieben."

„DU hast mich doch angeschrieben!", warf ich ihm vor und drückte ihm meinen Zeigefinger auf die Brust. Sofort ergriff Raphael meine Hand und hielt sie.

„Du hättest mich ignorieren können und ich hätte dich in Ruhe gelassen. Das wissen wir beide. Und du hättest dieses Gespräch auch schon tausend Mal abbrechen können. Aber du tust es nicht ma belle." Er ließ meine Hand los und griff stattdessen mit seiner nach meinem Kinn.

„Mach dir nix vor Marlene." Raphael zwinkerte mir zu, ließ mein Gesicht los und ging weiter zu den Toiletten, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ich dagegen blieb sprachlos im Gang zurück. Was war das bitte gewesen? Der Alkohol hatte meinen Kopf bereits ein wenig vernebelt, doch ich war noch immer klar genug, um alles mitzubekommen. In erster Linie bekam ich aber mit, dass die Situation mich alles andere als kalt gelassen hatte und ich meinen Puls erstmal unter Kontrolle bringen musste.

Auf dem Weg zurück an die Bar bemerkte ich schon, dass Ella, meine beste Freundin, mich mit offenem Mund anstarrte.

„Was war DAS denn!?", empfing sie mich.

„Das, war Raphael Ragucci.", gab ich zurück und bestellte mir einen weiteren Gin Tonic.

„Der, mit dem nichts mehr läuft, ja? Dem hast du ja richtig zu verstehen gegeben, dass du nicht zu haben bist für halbe Sachen." Sie sah mich prüfend über ihren Drink hinweg an.

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