Kapitel 9

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Es war Freitag, als ich mit Abudi im Schlepptau in Berlin aus dem Flieger stieg. Das Wetter war schwül und heiß und ich zog mir die Kappe tiefer über die Augen, um möglichst schnell und unkompliziert in mein klimatisiertes Auto zu kommen. Dort angelangt schaute ich auf die Uhr und stellte fest, dass ich nicht mehr allzu viel Zeit hatte, wenn ich Abudi nach Hause fahren, einkaufen und mich selbst nochmal in Ordnung bringen wollte.

„Raphael nimm die Sonnenbrille ab, wenn du die Ampel nicht mehr sehen kannst, das war nicht mal mehr dunkelgelb!", fuhr mich mein Freund vom Beifahrersitz aus an.

„Sorry Bruder, aber ich habs ein wenig eilig."

„Was hast du denn heute noch vor? Du fliegst doch morgen schon weiter." Ein Fakt, den ich verdrängt und Marlene auch noch nicht mitgeteilt hatte. Der Videodreh in Ibiza sollte doch länger gehen, als gedacht und deshalb würden wir bereits morgen anreisen müssen.

„Ich bin heute Abend noch verabredet, mit Marlene."
„Die, mit der ich dich zusammengebracht habe?"

„Ehpa, Abudi.", lachte ich auf. „Was für zusammen gebracht. Erstens hast du mich sitzen gelassen und zweitens sehe ich sie heute erst zum dritten Mal."

„Ja, immerhin. Und das obwohl noch nichts lief. Schaffst du sonst nur mit deiner Managerin."

„Spars dir fratello. Du solltest sie auch mal kennenlernen, ihr würdet euch mögen, denke ich."

Eine Stunde später stand ich abgehetzt unter der Dusche. Gerade so hatte ich es noch geschafft alles einzukaufen, was ich brauchte, um nachher mit Marlene Spaghetti all'arrabbiata zu kochen. Ich hatte vergessen, dass mir der Feierabendverkehr in die Quere kommen würde und hoffte nun, dass Marlene einfach ein wenig zu spät kommen würde. Aber scheinbar war das nicht ihre Art, denn pünktlich um 18 Uhr klingelte es an meiner Tür. Schnell trat ich aus der Dusche und band mir notdürftig ein Handtuch um.

Marlene

Mit noch nassen Haaren und einem tief sitzenden, um die Hüften gebundenen weißen Handtuch öffnete Raphael mir die Tür. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber sicherlich nicht damit. Sprachlos stand ich vor ihm, als hätte ich vergessen, wie man sich anständig begrüßt. Mein Blick glitt über das Raben-Tattoo auf seiner Brust, seiner Kette mit dem Kreuz dran, seinen muskulösen Bauch runter zu seinen Hüften.

„Willst du mir oder meinem Handtuch Hallo sagen?", fragte Raphael und mein Blick schnellte hoch in sein Gesicht, wo ich auf ein schelmisches Grinsen traf.

„Bisschen dolle offensiv, findest du nicht?", gab ich zurück und langsam kam der Sauerstoff auch wieder in meinem Kopf an.

Auf einmal zog Raphael mich ruckartig zu sich heran und zwängte mich in eine Umarmung. Im Schock legte ich meine Arme um seine muskulösen Schultern und erwiderte die Umarmung, dabei roch ich bereits sein Bleu de Chanel an ihm. Ich kann nicht behaupten, dass diese Situation nichts mit mir machte.

„Tut mir leid, aber ich hab mich ein wenig verspätet und hatte gehofft du kommst nicht pünktlich. Ich zieh mich kurz an, fühl dich wie zuhause!"

Und damit verschwand er auch direkt in einen angrenzenden Raum, ich schätze sein Badezimmer. Ich zog mir die Schuhe aus, legte meine Tasche ab und schaute mich um. In seinem Flur stand eine übergroße Hundestatue und tausende Schuhe, bei denen ich nicht ganz wusste, was ich davon halten sollte. Durch einen kleinen Flur ging ich in den Wohn-/Essbereich, der auf der rechten Seite eine offene Küche und eine Couchecke hatte, links ging es scheinbar ins Schlafzimmer. Im Gegensatz zu dem, was ich auf Bildern von seiner Wiener Wohnung gesehen hatte, sah diese hier viel weniger kalt und stattdessen eigentlich ziemlich wohnlich aus. In der Küche griff ich nach einem Glas und füllte mir gerade etwas Wasser ein, als Raphael aus dem Badezimmer kam. Seine Haare hatte er scheinbar geföhnt, sie hatte er zu einem ordentlichen Zopf zusammengebunden, und trug ein schwarzes, eng anliegendes Shirt sowie eine lockere schwarze Jeans. Er sah nicht weniger gut aus als noch eben an der Tür, aber das wollte ich sein Ego nicht wissen lassen.

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