Wut- oder...?

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Er hatte gelesen, hatte mit dem Buch auf den Knien am Fenster gesessen und sie in die Geschichte versenkt. Sie war spannend, gespickt mit vielen Kämpfen und Grausamkeiten. Er sah auf, irgendeitwas hatte ihn gestört, aber er hatte nicht wahrgenommen worum es sich handelte. Dann hörte er einen Schrei:

"Nein, bitte, Nein!",ein Mädchen, verzweifelt, ängstlich, und vielleicht wütend.

Ein hämisches Lachen ertönte und Rufe die er nicht verstand. Männer, eindeutig. Neugierig sah er aus dem Fenster. Unten in der Gasse zwischen den Häusern, standen zwei Soldaten. Einer groß der andere klein, er kannte sie beide, sie kamen häufig, wenn er bei seinem Vater war. Der größere der beiden, drückte ein Mädchen an die Wand. Sie schlug und trat um sich und versuchte sich zu befreien, aber natürlich hatte sie keine Chance gegen zwei Männer. Letztere amüsierten sich offentsichtlich prächig, sie schlugen und betasteten das Mädchen, rissen an ihrem Kleid und freuten sich wenn sie aufschrie.

Er zog die Häuser seines Vaters unten in der Stadt vor. Hier konnte er für sich sein und wurde nicht ständig von irgendwelchen Dienern gestört. Er war der Sohn des Stadthalters und damit in ein Ruhmreiches leben hineingeboren, er hatte niemals Unrecht, Leid oder Armut erlebt oder gesehen, wenn man von den Strafen, die im Schlosshof vollstreckt wurden absah, hatte er noch nie jemanden leiden sehen. Es kam ihm unwirklich vor, dass hier, in einer der ruhigsten und feinsten Gegenden der Stadt etwas derartiges vor sich ging und ihm wurde schlecht bei dem Gedanken, was das Mädchen würde erdulden müssen. Sie war zierlich, schmal und würde sich nicht befreien können und daher einfach ausharren müssen, bis es vorbei war. Sie tat ihm leid. Er starrte sie an ihm wurde erst jetzt richtig bewusst wie hübsch sie war. Ihre dunkelbraunen Haare fielen leicht gewellt auf ihre schmalen Schultern, ihr zierlicher Körper wirkte unter den Männerhänden zerbrechlich und zart und ihre grünen Augen leuchteten sogar aus der Entfernung. Wieder schrie sie auf, bettelte die Männer an einzuhalten, gnade zu haben... es tat ihm in der Seele weh. Ihre Verzweiflung schürte Hass in ihm, Hass auf die Männer die im Dienst seines Vaters standen, sogar in ziemlich hohen Positionen, Hass auf alle die nicht halfen, und damit auch etas Hass auf sich slebst weil er immernoch an diesem Fenster saß und die Augen nicht von ihr lassen konnte. Der Kleine fasste sich an den Hosenbund. Sie würden doch nicht... doch natürlich würden sie, was glaubte er denn. Er war auch doof, warum saß er immernoch hier und tat nichts? Ein weiterer Schrei, ein verzweifeltes flehen. NEIN! Das war genug. Er sprang auf, sein Herz raste gegen seine Rippen und er spürte nichts als Hass. So schnell ihn seine Beine trugen raste er hinab durch die Vordertür des Hauses hinaus. Sein Herz raste noch schneller, und er selbst wurde langsamer. Was solle er tun? Auch er hatte keine Chance gegen zwei Männer. Alles was er hatte war die Macht, die seine Familiären Umstände mitsich brachten. Ob seine Autoriät aber ausreichen würde? Es galt das auszuprobieren. Er ging weiter auf sie zu, zögernd, aber hielt sich möglichst gerade, um seine mangelnde größe wett zu machen. Dann versuchte er eine möglichst gleichgülteige Miene auzusetzen, die er sich von seinem Vater abgeschaut hatte. Wie sollte er sich bemerkbar machen? Sein Magen zog sich vor aufregung zusammen, und weil ihm der Gedanke was alle schief gehen konnte Angst machte, dennoch ging er weiter. Wärend der größere versuchte dem Mädchen das Kleid über die Schultern nach unten zu schieben, merkte er nicht das sein Kollege den Sohn seines Herrn erblickt hatte und wirkte wie ein kleiner Junge, der vei einem bösen Streich von seinem Vater erwischt worden war. "Branko", zischte er. Dann machte er eine schwungvolle, irgendwie schleimige Verbeugung. "Der Junge Herr, was hat Euch denn bewogen an diesen Ort zu kommen?", er wirkte nervös. Das Mädchen hob den Kopf, sie sah dem Jungen in die Augen. Ihr Blick war flehend, ängstlich und verzweifelt aber nun lag ein funken Hoffnung in ihren. Ihre Augen waren noch schöner als er gedacht hatte. Sein Herz raste immernoch und auch sein Magen meldete sich wieder, diesemal jedoch kribbelte es fast angenehm, er spürte wie ihm das Blut ins Gesicht schoss, er war es nicht gewohnt das man ihm in die Augen sah, ein fast unmerkliches lächeln lag auf ihrem Gesicht. Der Große, Branko, schlug ihr ins Gesicht "du wagst es dem Sohn deines Fürsten in die Augen zu sehen, du mieses..." Sie machte den Mund auf um etwas zu sagen, doch Branko schlug sie nocheinmal. Dann verbeugte auch er sich. Das Mädchen strauchelte als man sie so unerwartet losließ, sie griff nach dem Korb am Boden und bevor man sie wieder packen konnte rannte sie los. Im laufen schob sie sich ihr Kleid wieder ordentlich über die Schultern. Sie war schnell, trotz ihrer nackten füße und dem Korb in ihrer Hand, und kaum ein paar sekunden Später war sie verschwunden. Er lächelte. Sie war entkommen, er konnte nur hoffen das sie nicht hinter der nächsten Ecke in die nächsten Männer lief. Dann wandte er sich wieder den beiden Soldaten zu und wurde von einem unguten Gefühl beschlichen. Offensichtlich waren die beiden nicht dumm genug den Sohn ihres Herren anzugreifen. Sie stammelten irgendwelche Entschuldigungen, das Mädchen sei verbotener Weise in diesem Viertel unterwegs gewesen, eine Halbelbe, sie haben um das Wohl der Menschen Sorge gehabt, wo eine war waren viele, so sei das mit Ungeziefer und sie hätten ihr nur ein wenig Angst machen wollen. Diese, wie er fand ziemlich schlechten, Ausreden machten ihn noch Wütender. Was bildeten sie sich ein? Dachten sie er wäre dumm und würde ihnen abkaufen, sie hätten gar nichts getan und dass sie ein Mädchen vergewaltigten weil sie Angst um das Wohl der Anwohner hatten? Das ergab absolut keinen Sinn. Wütend versicherte er ihnen, dass er seinem Vater von dem Vorfall berichten würde. Die beiden nickten betroffen- wenn auch nicht sonderlich überzeugend- und gingen. Sie würden sich sowieso an der nächsten Ecke das nächste Mädchen greifen wenn ihnen danach war. Immernoch wütend ging er wieder ins Haus. Er setzte sich zurück an das Fenster und starrte hinaus. Er dachte an das Mädchen, an ihre warmen Augen, ihr hübsches gesicht und den zierlichen Körper, an ihre Haaren die sanft auf über ihre Schultern vielen und das fast unmerkliche lächeln, bei dem ihm ganz warm geworden war... Er spürte wie sie ihn nicht mehr los ließ und redete sich ein, dass das nur an lag, dass er immernoch wütend war und noch nie etwas derartiges gesehen hatte. Dennoch wusste er selbst, dass er nicht an die Situation sondern an das Mädchen dachte, von dem er nichtmal einen Namen kannte und das das Gefühl das ihn bei dem Gedanken überkam keine Wut war...

HalbblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt