Abschied

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Drei Tage nachdem die ersten Karren die Stadt verlassen hatten, kam ein zweiter Satz. Es waren andere als die letzten, aber das wunderte Callum nicht. Die letzten konnten niemals schon zurück sein, wenn überhaupt hatten sie höchstens in der Zeit die Küste erreicht, aber waren ganz sicher noch nicht wieder zurück. Womit er sich ein wenig verschätzte, denn der Weg dauerte nur zwei Tage. Aber das konnte er nicht wissen. Er war nie an der Küste gewesen. Überhaupt hatte er die Stadt nur in kleinem Umkreis verlassen. Die Berge hatte er nie betreten und nur auf ein paar wenigen Pfaden in dem Wald direkt neben der Stadt war er geritten.

 Jetzt betrachtete er die Karren. Die meisten waren nicht vergittert, sondern ähnlich einer Kutsche komplett geschlossen. Wobei er sich fragte, ob das besser war, denn durch Gitter wurde es wenigstens ein bisschen offener in den engen karren. Wieder sah er zu, wie die Karren beladen wurden. Er hatte das Gefühl, dass dieses zweite Mal noch mehr gequetscht wurde, als beim ersten Mal. Es wunderte ihn ein wenig, wo man doch noch genügend Wagen aufgetrieben hatte. Eigentlich war es ihm auch egal. Er fragte ich ob in diese Wagen auch die Elben die noch in der Stadt waren passen würden. Genauer: Er hoffte Ria zu sehen. Andererseits hoffte er aber auch, dass sie noch etwas in der Stadt blieb, weil er die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte, dass er sie noch einmal würde sehen können bevor sie gehen musste. Die Scheibe beschlug als er die Stirn daran lehnte. Die Elben die man aus den Kerkern führte waren ausgemergelt, und wackelig auf den Beiden. Einige waren zu schwach um selbst zu laufen, und mussten von irgendwem gestützt werden, der selbst kaum noch gehen konnte. Callum seufzte bei dem Anblick. Sie taten ihm leid. Bisher hatte er aber noch keinen neuen Plan was er tun konnte. Überhaupt kam ihm die Situation recht aussichtslos vor. Egal wie er es auch drehte und wendete- und er tat fast nichts Anderes- fiel ihm keine Lösung ein. Klar war nur, dass wenn Ria und die Anderen die Stadt erst verlassen hatten, bestand so schnell keine Möglichkeit sie wiederzusehen. Es machte ihn traurig. Er hatte das Gefühl sie zu verlieren, bevor er sie richtig kannte. Noch Schlimmer schien ihm die Tatsache, dass man sie höchstwahrscheinlich sehr schlecht behandeln würde, auf dieser Insel.

Als sie alle Elben in die Karren gesperrt hatte, zuckelten selbige langsam durch das Tor davon. Callum sah ihnen nach. Da er so oder so gerade nichts Besseres zu tu hatte, machte er sich auf den Weg, hinab zu den Kerkern, um zu sehen, ob noch Elben dort waren. Er erreichte die nassen kalten Gewölbe und es war totenstill dort, wie allerdings eigentlich immer. Als er jedoch in die Zellen blickte, stellte er fest, dass tatsächlich alle Elben fort waren. Man hatte tatsächlich fast ein ganzes Stadtviertel in diese paar Karren quetschen können. Zwischen den leeren Zellen schien noch die Verzweiflung in der Luft zu hängen, und plötzlich fühlte er sich einsam. Die faulige Luft hüllte ihn ein und brachte ihm eine so tiefe Traurigkeit, dass er sich fast hingesetzt hätte uns sich an der kalten Wand zwischen Rattenmist und verfaultem Stroh gewatet hätte, dass sein Lebenswille wiederkehrte, doch er ging zurück zu seinen hellen Gemächern, mit den Prächtigen Möbeln und fühlte sich schuldig für den Reichtum in dem er lebte. Als er sich auf sein Bett setzte kam ihm der Gedanke, dass etwas an den Kerkern dieser Festung seltsam war. Es waren nicht bloß nasskalte, faulige, dunkle Löcher, ohne Fenster. Irgendetwas an diesen Mauern saugte einem die Kraft aus den Gliedern und entzog einem den Mut. Zuvor war er nur wenige Male dort gewesen und es war ihm so bewusst gewesen, was wohl daran lag, dass er nie verzweifelt gewesen war als er dort hinunter gegangen war. Was ihn wieder zu der Problematik brachte die er seit Tagen wälzte.

Als die Sonne schon an den Dächern der Stadt hing, und alles in rot-goldenes Licht tauchte, wanderte er durch die oberen Gänge des Schlosses, bis er wieder vor dem Wandteppich stand, und ihn ein weiteres Mal betrachtete. Irgendetwas daran machte ihm Mut. Er würde etwas ändern. Selbst wenn er nun auf der Stelle trat. Er würde etwas bewirken. Wobei da wahrscheinlich bedeuten würde, dass er sich gewissen Vorstellungen seines Vaters anpassen musste, um überhaupt die Macht zu haben etwas zu ändern. Wie weit war er bereit Opfer zu bringen und vielleicht Vorsätze zu brechen?

HalbblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt