Studien

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Callums Fensterbrett war vollgestapelt mit Büchern. Warum ausgerechnet dieses Fenster sein bevorzuguter Leseplatz war wusste er nicht. Vielleicht fiel es ihm einfach leichter sich in eine Geschichte zu vertiefen, und weit in eine andere Welt zu versinken, wenn es Platz und Freiheit zu seiner Seite gab, wohin die Geschichten und Gedankem entfliehen konnten. Überhaupt war er sehr froh gewesen, dem Schloss zu entkommen. Seit die Elben fortgebracht worden waren, hatte sein Vater ihm wieder erlaubt in die Häuser unten in der Stadt zu gehen, weil nun nichtmehr die Gefahr bestand, dass er sich mit dem Mädchen traf. Tiberius hatte noch nicht genau entschieden, wie er diese Ungehorsamkeit seines Sohnes handhaben wollte. Es brauchte natürlich eine Bestrafung, aber welche, da war er sich noch nicht sicher. Unterdessen nutzte Callum also die Zeit alte Überlieferungen zu lesen. Die in Furchtbar nervenaufreibender alter Sprache und schlecht lesbarer Schrift geschrieben waren. Außerdem schienen dir Bücher so alt, dass selbst Callum, der gewohnt war an alte Bücher, angst hatte sie könnten unter seinen Fingern zerbröseln. Teilweise waren die Schilderungen schrecklich langatmig und ermüdend, dennoch kämpfte er sich durch die dicken Wälzer und brachte damit doch so einiges in Erfahrung. Erhalten hatte er die dicken Bücher von seinem Lehrer der sich nach vielen Diskussionen darauf eingelassen hatte, Callum zu helfen. Er tadelte Callum immer wieder dafür, dass er sich so viel Ablenken ließ, da die Überlieferungen noch lang waren und es viel zu verstehen gab. Außerdem musste auch noch normaler Unterricht stattfinden. Er war der Ansicht das Wissen nichts wert war, wenn man es nicht festhielt. Callum war anderer Meinung. Dennoch entschied er sich auf seinen Lehrer zu hören und stand auf. Er ließ sich einen Schreibtisch ans Fenster stellen und schickte ein Dienstmädchen los, um etwas beschreibbares zu kaufen. Pergament war viel teurer und er fand es unpraktischer als Papier. Andererseits waren die Papiermühlen weit entfernt von der Stadt und da sich die dünnere Variante noch nicht durchgesetzt hatte, ließen Bestellungen häufig auf sich warten. Also überließ er dem Mädel selbst was sie kaufte. Während der Tisch verrückt wurde, wanderte Callum hinab in die Küche, was er sonst nie tat. Der kleine Raum war geschickt eingerichtet, sodass trotz der beschränkten Platzverteilung erstaunlich viel Freiraum blieb. In einem der schränke fand sich eine Karaffe, die er mit Wasser füllte. Dann nahm er sich noch ein Glas und machte sich wieder auf den Weg nach oben. Normalerweise schickte er jemanden um solche Sachen zu erledigen, aber dieses Mal nicht. Dad lag wahrscheinlich vorallem daran, dass er sich bewegen wollte, nachdem er ewig die schweren Bücher gewälzt hatte. Außerdem war es entspannend etwas do simples zu tun und half ihm das neue Wissen sacken zu lassen.

Als er wieder oben ankam, stand der Schreibtisch wo er ihn hatte haben wollen und er setzte sich sofort. Umsichtigerweise hatte jemand bereits Tinte und Feder und auch einen Griffel bereitgelegt. Callum zog also das aktuelle Buch wieder zu sich und begann zu lesen. Nichtmal zwei dicht beschriebene Seiten später klopfte es und dad Dienstmädchen war zurück. Sie hatte sowohl Papier als auch Pergament im Arm. Außerdem hattr sie ein Notizbuch mitgebracht. Auf die Idee war er gar nicht gekommen. Er dankte ihr und setzte seine Lektüre fort. Am Ende des Kapitels fing er an Notizen zu machen. Er erstellte Übersichten, machte Notizen, und hielt alles fest was er wusste. Dabei wurden ihm Verknüpfungen bewusst von denen er zuvor gar nicht gedacht hatte das sie bestanden. Tatsächlich musste er sehr bald seinem Lehrer zustimmen, dass es ungemein half alles festzuhalten. Mit neuer Motivation las er weiter und bald waren die Bögen, Zettel und Seiten auf seinem Tisch nichtmehr leer, sondern über und über bedeckt mit Callums Handschrift. Ihm wurde vieles klar. Über die Welt in der er lebte, über sein eigenes Volk und auch über die anderen. Immer öfter fragte er sich, wie es den Menschen gelungen war, die Elben, die bis vor gar nicht langer Zeit ein stolzes und mächtiges Volk gewesen sein mussten soweit zu erniedrigen, dass sie im verachtetsten Viertel der Stadt hausten wie Bettler und alles was man ihnen antat geschehen ließen. Plötzlich erschienen ihm die ewig langen Schilderungen nicht länger Nerven aufreibend, sondern hoch spannend. Sein Wissensdurst wuchs und er verdank komplett in der Geschichte. Als es an der Tür klopfte und er aus seiner Versunkenheit gerissen wurde, stieß er das Tintenfass vom Tisch vor Schreck. Die tief schwarze Tinte breitete sich über den Holzfußboden aus und hinterließ einen hässlichen Fleck. Dieser wirkte völlig fremd auf den sonst perfekt Sauberen Deelen. Obwohl die schwarze schimmernde Masse trotzdem irgendwie schön wirkte. Wie die Elben, die geächtet waren unter Menschen, dachte Callum. Dann jedoch fiel ihm dad klopfen wieder ein und er rang sich zum "Herrein" durch.

Ein Dienstbote trat ein. Nach einer knappen Verbeugung plapperte er sein Anliegen, so schnell, dass eine längere Nachricht sicher schrecklich schwer zu ertragen gewesen wäre:

"Euer Vater wünscht euch heute Abend im Schloss zu haben. Es geht um Vorbereitung des erwarteten Besuchs. Ihr sollt euch unverzüglich auf den Weg machen"

Callum fand den Tonfall äußerst abstoßend, wobei die Formulierung sehr nach seinem Vater klang. Er fragte sich, um was für einen Besuch es sich handelte, und weshalb er nichts davon wusste. Der Verräter hatte es bestimmt gewusst... Callum schüttelte den Kopf und schalt sich innerlich selbst. Er ließ den Gedanken fallen und seufzte. Er hatte nicht die geringste Lust zurück auf das Schloss zu gehen. Viel Lieber hätte er sich weiter lit den übrigen Büchern beschäftigt und sein Wissen vervollständigt, aber das musste nun wohl warten. Immerhin hatte er beschlossen seinem Vater gefallen zu müssen , wenn er etwas ändern wollte. Also fing er an alles zusammenzuräumen und in eine Tasche zu packen, um es mitzunehmen. Nebenher wanderten seine Gedanken zurück in die Geschichte die er gerade so emsig studiert hatte. Wie viel hätten die Menschen von den Elben lernen können wenn sie sich nicht entschieden hätten sie wie Mist zu behandeln. Welch eine Verschwendung. Vielleicht hätte er, wenn die Elben so behandelt worden wären wie es seiner Meinung nach angemessen war, mit Ria zusammen sein dürfen. Vielleicht wäre sie wohlhabend gewesen und vielleicht wären die glücklich gewesen. Doch so war es nicht und sein größter Wunsch war, dass es eines Tages so sein würde.

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