altı | ستة

1.4K 44 22
                                        

Ceylin ging drei Tage lang nicht zur Schule. Der ganze Schulstress und die bedrückende Wärme hatten das junge Mädchen mit solch einer Wucht überrollt, dass sie sich in einem Strudel aus Müdigkeit und einem unerbittlichen Hitzeschlag fand, der sie dazu zwang, in ihrem Bett zu bleiben.

Ihre Augenlieder fühlten sich an wie Blei, und ihr Körper brannte förmlich vor Erschöpfung, weshalb sie lieber in ihrem Bett blieb, während draußen die Sonne unaufhaltsam brannte.

Am ersten Tag kam ihre Mutter noch ab und zu in ihr Zimmer, um nach ihr zu sehen, aber als Ceylin ihre keine sonderliche Aufmerksamkeit schenkte, ließ sie das auch sein und brachte ihr nur noch Essen. Ceylin aß kein bisschen davon, und ernährte sich stattdessen von Pulver Eistee und Wasser, bis sie wieder ein wenig zu sich kam und sich selber Essen machen konnte.

Sie fragte sich, ob ihre Mutter vergessen hatte, dass sie immer Cacık aß, sobald sie sich krank fühlte, oder ob sie sich die Mühe nicht machen wollte. Beides verletzte sie ein wenig, aber sie verschwendete nicht zu viel Gedanken daran. Viel lieber wollte sie schnell wieder gesund werden, damit sie zurück zur Schule konnte.

Ab und zu schickte Elo ihr eine kurze Nachricht und fragte nach ihrem wohlbefinden, und wenn Ceylin ihr antwortete, schickte sie ihr ein Herz.

Es fühlte sich schön an, jemanden zu haben, der ihre Abwesenheit bemerkte, und sie freute sich, endlich auch mal eine Freundin gefunden zu haben, die nicht innerlich in einem Konkurrenzkampf mit ihr stand: Elo war halt einfach Elo, und Ceylin war einfach Ceylin. Die beiden mussten keine Noten vergleichen, sie mussten nicht ihre Hausaufgaben vergleichen, sie mussten gar nichts vergleichen. Sie waren einfach Freunde.

Auch Yassin schrieb ihr von Zeit zu Zeit eine Nachricht, was sie aber im Gegensatz zu Elo ein wenig verwunderte. Die beiden hatten sich seit ihrem Schulbeginn manchmal unterhalten, wenn er in den großen Pausen neben Elo war oder in den kleinen Pausen an ihren Tisch kam, aber sie hätte nicht gedacht, dass er sie so sehr wahrgenommen hatte, dass er auch ihre Abwesenheit bemerkte. Es fühlte sich wirklich besonders an, Menschen um sich herum zu haben, die einen wertschätzen.

Yassin hatte ihr angeboten, ihr seine Hausaufgaben zu schicken, aber sie hatte dankend abgelehnt. Immerhin musste sie den Stoff selber noch einmal lernen, damit sie ihn während der Klausur auch wirklich anwenden konnte, andererseits würde ihr das ja nichts bringen.

Mit einem schmerzerfüllten Seufzen drehte Ceylin sich im Bett und schubste die Decke von sich. Ihr gesamter Körper brannte, und sie hatte das Gefühl, mit jedem minimalen Kontakt, den ihre Klamotten mit ihrer Haut machten, schoss ein unausstehlicher Schmerz durch ihr Nervensystem. Am liebsten würde sie weinen.

Gerade als sie beinahe eingeschlafen war, vibrierte ihr Handy mehrmals unter ihrem Kissen, und sie griff mit halboffenen Augen danach, um nachzusehen, was passiert ist. Das Licht ihres Displays blendete ihre Augen, und sie kniff sie schmerzerfüllt zusammen, bevor sie die Nachrichten erkennen konnte. Es war eine unbekannte Nummer.

+49178 5439906
Ich habe deine Geschichte Essay mitgenommen. Herr Leimann hat die heute ausgeteilt.

+49178 5439906
hab reingeguckt, sorry aber ich war zu neugierig

+49178 5439906
Du hast eine 1- bekommen.

+49178 5439906
Übrigens, ich bin Jamal. Wenn ich vom Boxtraining zurück bin, schick ich dir die Hausaufgaben.

Ceylin lächelte ein wenig und speicherte seine Nummer ein, bevor sie ihr Handy zur Seite legte und endgültig einschlief.

Als Ceylin am nächsten Tag zurück zur Schule ging, merkte sie augenblicklich, dass sich etwas verändert hatte. Elo und Yassin benehmen sich beide ein wenig merkwürdig, als sie sich am Donnerstag morgen wieder an ihren üblichen Sitzplatz setzte.

𝐓𝐀𝐆𝐄𝐋𝐀𝐍𝐆 𝐑𝐄𝐆𝐄𝐍𝐓𝐑𝐎𝐏𝐅𝐄𝐍 | 𝐒𝐤𝐚𝐧𝐝𝐚𝐥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt