on | عشرة

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Trigger Warning!
Dieses Kapitel enthält Referenzen zu Häuslicher Gewalt. Falls dies ein empfindliches Thema für euch darstellt, bitte überspringen.

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Als Ceylin am Freitagnachmittag nach der Schule nach Hause kam, bemerkte sie sofort die fremden Schuhe am Eingang.

Es waren ausgetragene, schwarze Turnschuhe mit Rissen an der Seite, und als Ceylin einen Schritt näher zu der Haustür machte, erkannte sie, dass es Männer Schuhe waren. Sie sahen komisch aus, fand das junge Mädchen, und sie passten nicht zu den anderen Schuhen, die am Eingang waren.

Es war ein Schuhpaar zu viel.

Mit einem schweren Gefühl auf der Brust kniff sie die Augen zusammen und betete, dass sie sich mit ihrer Vermutung irrte, als sie mit einer zitternden Hand die Schlüssel aus ihrem Rucksack holte und die Tür aufschloss.

Aus dem Wohnzimmer am Ende des schmalen Flures kamen gedämpfte Stimmen, die sie nicht zuordnen konnte, aber eine von ihnen vor sonderlich tief und versetzte das junge Mädchen in Panik.

Sie atmete tief ein und spürte, wie ihre Brust sich immer unregelmäßiger hob, und ihr Atem war so rasch und unkontrolliert, dass ihr ein wenig schwindelig wurde.

Ceylin betete so sehr, dass sie sich in diesem Moment irrte, dass sie ins Wohnzimmer gehen und nur ihre Mutter und Deniz sehen würde, und dass diese tiefe Stimme nur aus dem Fernseher kam. Sie wünschte es sich so sehr.

Ihre Beine fühlten sich tonnenschwer an und wollten sich nicht bewegen, als sie versuchte, einen Schritt nach vorne zu machen, und egal wie sehr sie versuchte, voran zu kommen, sie konnte sich nicht ein Stückchen bewegen.

Ihr Kopf drehte sich und sie rieb sich über ihre Stirn, damit sie sich ein wenig beruhigen konnte. Das einzige, was sie in diesem Moment spürte, war pure Angst.

Nicht einmal Enttäuschung.
Pure, lähmende Angst.

Träumte sie gerade? Wann würde sie aufwachen?

Ceylin atmete tief ein und drückte die Hand auf ihre Brust, bevor sie mit langsamen und vorsichtigen Schritten den Flur herunter lief. Die Stimmen wurden immer lauter und halten wie ein Echo in ihren Ohren, und als sie einen Schritt ins Wohnzimmer machte und mit dem Schatten ihrer Vergangenheit konfrontiert wurde.

Er saß mit dem Rücken zu ihr, und als das junge Mädchen seinen breiten Umriss sehen konnte, spürte sie, wie ihr Herz drohte, auszusetzen. Alle Geräusche um sie herum formten sich zu einem einzigen Piepen und das Blut schoss ihr in die Ohren. Ihr war schlecht, und sie durchlebte förmlich ein Schleudertrauma.

Ihr Vater saß am Esstisch und schaute Fernsehen.

Veysel Kayhan, der Mann, der ihr ihr Leben gegeben hatte, war für sie nichts weiter außer ein großer, kalter Schatten, der sie in die engsten Gassen trieb und ihr, wie auch in diesem Moment, den Atem raubte.

Er war der Geruch von Marlboro von einem starken, arabischen Parfum, sein Gesicht war nichts außer ein schwarzer Fleck, sein dunkler, lockiger Haarschopf etwas, dessen Gefühl sie schon lange vergessen hatte, und seine Stimme war mittlerweile nur noch ein leises Echo, an das sie sich kaum noch erinnern konnte, oder wollte.

Und jetzt saß er dort, und kaute auf dem Brot, dass er nicht einmal in dieses Haus gebracht hatte, und starrte auf den Fernseher, als hätte er auch nur Ansatzweise das Recht dazu, auch nur Luft zu nehmen in dieser Wohnung.

Ceylin hatte das Gefühl, dass das Schicksal sie ein wiederholtes Mal einfach im Stich ließ und sie verstand einfach nicht, ob sie das gerade träumte oder ob das alles wirklich passierte.

𝐓𝐀𝐆𝐄𝐋𝐀𝐍𝐆 𝐑𝐄𝐆𝐄𝐍𝐓𝐑𝐎𝐏𝐅𝐄𝐍 | 𝐒𝐤𝐚𝐧𝐝𝐚𝐥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt