kırkdokuz | تسعة وأربعون

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Jamal saß regungslos auf der harten Sitzbank.
Seine nassen Hände ruhten schwer auf seinen Knien, und seine Augen, die in dem grauen und trüben Licht des Besucherraums verloren wirkten, starrten auf den kalten Betonboden.

Sein Umriss war immer noch der selbe, aber etwas an der Art, wie er sich trug, wie er wirkte und wie er schaute hatten sich gewaltig geändert. Jamal war immer noch Jamal, und trotzdem war er meilenweit von seinem alten Ich entfernt.

Die feuchte Luft war stickig und schwer, beinahe so erdrückend wie die Gedanken, die sich endlos in seinem Kopf wiederholten, aber gleichzeitig konnte er keinen einzigen zusammenhängenden Satz formulieren.

Die Sache mit Ceylin machte keinen Sinn, das war ihm klar. Nur konnte er einfach nicht verstehen, was sie dazu getrieben haben könnte, sich von ihm zu trennen. Wer oder was hatte ihr Angst gemacht? Alleine der Gedanke, dass jemand ihr da draußen Angst macht und sie nichts dagegen tun kann, machte ihn verrückt.

Die Tage waren alle so verschwommen, und sie wirkten mittlerweile nur noch wie ein nahtloses Band aus Stille, Müdigkeit und Resignation. Zu Beginn hatte er die Tage noch gezählt, aber mittlerweile hatte er auch darüber den Überblick verloren. Es gab nichts mehr, worauf es für ihn ankam. Zumindest fühlte es sich so an.

Die kalten Gitterstäbe an den reudigen Fenstern trennten ihn von der Außenwelt, doch seine Familie saß direkt vor ihm. Ali und ihre Mutter waren wieder gekommen, obwohl er niemanden mehr sehen wollte.

Sie hatten ihn besucht, wie schon so oft, aber dieses Mal spürte Jamal etwas anderes in der Luft, etwas Düsteres, Unabwendbares, auch wenn er nicht ansatzweise die Kraft für weitere Rückschläge in seinem Leben hatte.

Seine Mutter blickte ihn aus traurigen Augen an, während Ali, der neben ihr saß, angespannt und frustriert wirkte. Seine Hände zitterten seltsam und er wippte ständig mit seinem Fuß, als würde er versuchen, sich zu beruhigen.

Die ständige Besorgnis und Wut in Alis Augen brannten wie ein Feuer, das Jamal jedoch nicht mehr erreichte. Es war nicht das erste Mal, dass sie versuchten, ihm ein schlechtes Gefühl zu machen und somit zum Reden zu bringen, aber er hatte noch nie nachgegeben.

Ceylins Schutz war ihm viel wichtiger als das, auch wenn sie womöglich niemals erfahren würde, das er nur für sie und ihre Sicherheit schwieg.

Jedes Mal hofften sie, dass er endlich brechen und endlich reden würde, aber es schien hoffnungslos. Was gab es denn überhaupt noch zu sagen?

Seine Mutter rutschte ein wenig auf ihrem Sitz hin und her, ihre Hände zitterten leicht. „Jamal", begann sie, und ihre Stimme war sanft, aber mit einem leisen Zittern. „Bitte, rede mit uns. Du kannst so nicht weitermachen. Es gibt immer einen Ausweg, mein Sohn. Du musst nur... du musst nur reden."

Doch Jamal reagierte nicht. Seine müden Augen wanderten für einen kurzen Moment zu ihr, bevor er den Blick wieder abwandte, als könnte er nicht ertragen, sie anzusehen.

Die Worte seiner Mutter waren wie ferner Regen auf einem trockenen Boden, unfähig, ihn zu erreichen. Alles, was er jetzt fühlte, war Leere. Eine tiefe, erstickende Leere, die jede Hoffnung verschluckte.

„Verdammt, Jamal!" Alis Stimme brach in die Stille. „Was machst du hier eigentlich für einen Scheiß? Willst du wirklich hier drin verrotten? Ganz alleine, ohne jemanden, der dich versteht, dir zuhört, dich liebt und schätzt? Glaubst du, die lassen dich hier wirklich  in Ruhe, wenn du einfach den Mund hältst?"

Jamal hob kaum merklich den Kopf, aber er sagte nichts. Ali verstand es einfach nicht. Niemand verstand es. Es war vorbei. Es gab nichts mehr, wofür es sich zu kämpfen lohnte.

𝐓𝐀𝐆𝐄𝐋𝐀𝐍𝐆 𝐑𝐄𝐆𝐄𝐍𝐓𝐑𝐎𝐏𝐅𝐄𝐍 | 𝐒𝐤𝐚𝐧𝐝𝐚𝐥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt